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Geheimer »Operationsplan Deutschland« der Bundeswehr sieht das Land als NATO-Drehscheibe im Krieg gegen Russland

Erstellt von Redaktion am Freitag 26. Januar 2024

Militarismus und Krieg    –   Der Feind im Osten

Geheimer »Operationsplan Deutschland« der Bundeswehr sieht das Land als NATO-Drehscheibe im Krieg gegen Russland

Von Jörg Kronauer

picture alliance / Flashpic

Ja, wo ist denn der Russe? Verteidigungsminister Boris Pistorius (r.)

beim Truppenbesuch (Rheinbach, 31.7.2023)

Deutschland bekommt erstmals seit dem Ende des Kalten Kriegs einen »Verteidigungsplan« für einen möglichen Krieg mit detaillierten Vorgaben für militärische wie auch zivile Stellen. Über Kernelemente des Papiers, das seit März 2023 von einer Planungsgruppe der Bundeswehr erarbeitet wird und strenger Geheimhaltung unterliegt, informierte am Donnerstag die dpa unter Bezug auf ein Gespräch mit dem Befehlshaber des Territorialen Führungskommandos, Generalleutnant André Bodemann.

Der »Operationsplan Deutschland« – Bundeswehr-Jargon in Versalien: OPLAN DEU – skizziert einen NATO-Krieg gegen Russland.

Militärisch nimmt Deutschland im »Operationsplan« die Funktion einer Art Drehscheibe für den Transport von NATO-Truppen und -Geräten an eine Front in Osteuropa ein. Dabei müssen die durchziehenden Einheiten untergebracht und versorgt werden. Das wurde bereits in den »Defender«-Manövern geprobt. Weil davon ausgegangen wird, dass ein Großteil der regulären Bundeswehr-Soldaten an der Front im Osten kämpft, müssen die dazu nötigen Tätigkeiten von »Heimatschutzregimentern« übernommen werden, die vor allem aus Reservisten bestehen. Die Bundeswehr baut zur Zeit sechs davon auf, möglicherweise sind mehr erforderlich. Zusätzlich sollen Privatunternehmen eingebunden werden und den nach Osten marschierenden Truppen etwa Treibstoff liefern, dies auch unter Nutzung ihres eigenen Geräts. Faktisch stockt die Bundeswehr damit im Fall einer ernsten Krise oder eines Kriegs ihre Personal- und Materialbestände unter Rückgriff auf zivile Ressourcen auf.

Konkret rechnen die deutschen Militärs mit vier speziellen Gefahren. Da Deutschland kein Frontstaat mehr ist, geht die Bundeswehr laut Generalleutnant Bodemann zur Zeit nicht – wie im Kalten Krieg – von einer großen »Panzerschlacht in der norddeutschen Tiefebene« oder einer »Luftlandung von russischen Fallschirmjägern« aus. Als Truppendrehscheibe aber dürften die Bundesrepublik und speziell ihre Infrastruktur – Häfen, Brücken, Energie- und weitere Versorgungsunternehmen – Ziel von Ausspähung, Sabotage und Cyberattacken werden. Viertens rechne man fest mit »Fake News und Desinformation«, erläutert Bodemann. Weil dagegen keine Kanonen helfen, müssen zur Abwehr nichtmilitärische Repressionskräfte, Zivilschutzorganisationen und die Privatwirtschaft herangezogen werden. Bodemann räumt ein, dass die Bundeswehr auch Raketenangriffe für gut möglich hält. Um das russische Vorgehen besser einschätzen zu können, studiert die Bundeswehr aktuell sehr aufmerksam den Ukraine-Krieg.

Aufgrund der hohen Bedeutung, die die Einbindung der Zivilgesellschaft in einen künftigen Krieg besitzt, stuft Bodemann das Bundesinnenministerium und die Bundesländer als »zweite Säule« des neuen Verteidigungsplans neben der Bundeswehr ein. Bereits im November hatte das Territoriale Führungskommando Vertreter der 16 Bundesländer zu einer dreitägigen Auftaktveranstaltung eingeladen, auf der laut Bundeswehr unter anderem die »Schutzbedarfe lebens- und verteidigungswichtiger Strukturen« erörtert wurden. Angekündigt ist zudem – für nächsten Mittwoch – ein Symposium in Berlin, zu dem neben Polizei und THW auch Firmen der Energie- und der Logistikbranche sowie nicht näher genannte Wissenschaftler geladen sind. Der »Operationsplan Deutschland« soll bis Ende März fertiggestellt sein und anschließend laufend aktualisiert werden.

Quelle:

https://www.jungewelt.de/artikel/467964.militarismus-und-krieg-der-feind-im-osten.html

Aus: Ausgabe vom 26.01.2024, Seite 1 / Titel

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