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Kurze Geschichte der modernen ’Deutschen Friedensbewegung’

Erstellt von Redaktion am 27. November 2025

Kurze Geschichte der modernen ’Deutschen Friedensbewegung’

Von Dr. Nikolaus Götz

Am Karfreitag des Jahres 1960 starteten in Hamburg-Harburg Gegner der deutschen Wiederbewaffnung und der atomaren Aufrüstung West-Deutschlands ihren ersten sogenannten ’Ostermarsch’ in der Bundesrepublik Deutschland. Diese Aktivisten marschierten dabei zu einem Truppenübungsplatz des neu gegründeten deutschen Militärs, der sogenannten ’Bundeswehr’, im niedersächsischen Bergen-Hohne bei Celle. Dieser Friedensmarsch nach englischem Vorbild gilt heute als die Geburtsstunde der modernen ’Deutschen Friedensbewegung’, deren Unterstützer sich bundesweit unterschiedlich präsentieren: regional, thematisch wie politisch-konfessionell. Die Kubakrise von 1962 und der Ost-West-Konflikt zwischen der SU und den USA sorgten zunächst für immer stärkeren Zustrom zu dieser Protestbewegung, zumal die Mehrzahl aller Deutschen nach dem zeitlich erst kurz zurückliegenden Zweiten Weltkrieg, ’Nie wieder Krieg’ erleben wollte.

Nach einer Phase der Stagnation erhielt in den 1970er-Jahren die Friedensbewegung wieder stärkere mediale Beachtung und zu Beginn der 1980er-Jahre mit der ’Pershing II’ Nachrüstungsdebatte und der damit verbundenen atomaren Bedrohnung neuen starken Zulauf. Hunderttausende eher jüngere Menschen protestierten damals gegen die politische Entscheidung der Stationierung atomarer Mittelstreckenwaffen durch die deutsche Regierung unter dem regierenden Kanzler Helmut Schmidt (SPD). Während die SPD mit Altkanzler und Friedensnobelpreisträger Willy Brandt als Redner von den Protestanten in Bonn 1983 nur noch toleriert wurde, ging erstmals eine neue Partei aus den jährlichen Demonstrationen ’Für Frieden und Abrüstung’ hervor: DIE GRÜNEN. Diese zu jenem Zeitpunkt sich politisch noch ’gewaltfrei’ nennende Partei ist heute als BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN jedoch mit ihrer aktuellen Führungsriege neben der CDU, der SPD wie der AfD eine der treibenden Kräfte bei der neuen deutschen Militarisierung genannt ’Zeitenwende’ und bei den sich steigernden Waffenlieferungen an die Ukraine.

Zu einer der bekanntesten Friedensdemos in der Geschichte der Bundesrepublik gehört jene vom 10. Juni 1982 in Bonn. Fast eine halbe Million Menschen gingen an diesem Tag gegen den Nato-Doppelbeschluss friedlich auf die Straße. Auch in der damaligen DDR stießen die Forderungen der Demonstranten auf große Resonanz, zumal das demokratische Engagement der westdeutschen Friedensmarschierer nachweislich den schon drohenden Atomkrieg zwischen den USA und der SU verhinderte! Diese bundesdeutsche Großdemo lieferte ungewollt zudem den Ostdeutschen in der DDR die Aktionsvorlage, mit der diesen 1989 eine friedliche politische ’Wende’ gelang.

1989 nach dem Ende des ’Kalten Krieges’ und dem ’Fall der Mauer’ wurden, durch den Wegfall des Ost-West-Konfliktes und durch die damit verbundene abnehmende Bedrohungslage, die jährlichen Ostermärsche für ’Frieden und Abrüstung’ kontinuierlich kleiner. Lediglich in besonderen Krisenjahren, wie etwa im Jahr 1991 während des ’Ersten Golfkrieges’, erlebte die ’Deutsche Friedensbewegung’ wieder stärkeren Zulauf. Heute ist trotz der aktuellen Kriege um die Ukraine und um Israel der Protestzulauf zur ’Deutschen Friedensbewegung’ eher gering. Ursache dafür ist nicht nur das scheinbare Desinteresse der Bundesbürger, sondern besonders auch das seit 2022 unentwegte mediale Getrommle für Krieg und Aufrüstung in den Leitmedien der BRD. Die Viel-SchwätzerInnen in den ARD- ZDF- bis RTL-Shows erschraken so förmlich, als gegen die ’von oben’ angeschobene „Kriegstüchtigkeitsdebatte“ und ihre geplante ’Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht’ in der BRD urplötzlich ’von unten’ politischer Gegenwind’ aufkam. Es war Ole Nymoen, der exemplarisch auch für die vielen anderen ungenannten jungen deutschen ’Kriegsverweigerer’, im April 2025 öffentlich den Kriegstreibern in der BundesRepublik sein Plazit entgegenhielt: „Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde!“ (1) Sein publizistisch-literatischer ’Gegenwind’ stellte nicht nur die im Grundgesetz der BRD verankerte deutsche Meinungsfreiheit auf die Probe, sondern auch das darin enthaltenen Recht der Kriegsdienstverweigerung.

Die aktuelle Generation heranwachsender Bürger bescherte so der alten ’Deutschen Friedensbewegung’ urplötzlich eine neue ’Renaissance’. Diese jetzt betroffene Jugend will sich nämlich nicht wie einst die ’Schüler von Langemarck’ (2) „hurra“ singend auf die Schlachtbank des Krieges als Kanonenfutter treiben lassen. Aus der deutschen Geschichte lernend und durch das unentwegte Engagement der ’Deutschen Friedensbewegung’ informiert, (3) haben diese Jungbürger längst das ’deutsche Heldentum’ mit dem ’Dritten Reich’ und seinen Militärverbrechen ad acta gelegt.

Anmerkungen:

1 Oly Nymoen: Warum ich niemals für mein Land kämpfen würde. Gegen die Kriegstüchtigkeit, Hamburg 2025 (rororo)

2 „Die daran beteiligten Regimenter bestanden großenteils aus jungen Kriegsfreiwilligen. … Der Tod der Soldaten wurde propagandistisch zum Mythos von Langemarck überhöht.“ Siehe: WIKIPEDIA: Langemarck

3 Siehe beispielsweise die aktuelle Infobroschüre von ’Ohne Rüstung leben’ „Mythen der Militarisierung“, Juni 2025: siehe: orl.org@gaia.de

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