Sind wir die Guten?
Erstellt von DL-Redaktion am 5. März 2014
SCHLAGLOCH VON GEORG SEESSLEN
Antwort auf Kinderfragen: von Gut und Böse, Besser und Superböse
In Cormack McCarthys Roman „The Road“ kämpfen sich ein Mann und sein etwa zwölfjähriger Sohn durch eine kaputte, postapokalyptische Welt voller Kannibalen, Wahnsinniger und Mörder. An einer besonders erschreckenden Stelle stellt der Junge seinem Vater die entscheidende Frage: „Sind wir noch die Guten?“
Stellen wir uns ein zwölfjähriges Kind vor, das trotz iPads, Barbies und World of Warcraft diese Frage an uns stellt, vor dem laufenden Fernseher mit seinen Nachrichten aus der kaputten, kannibalischen Welt: „Sind wir noch die Guten?“
Im Grunde hat das Fernsehen nur diese eine Botschaft zu verkünden: Die Welt ist chaotisch, voller Böser, gewalttätig und schwer zu verstehen. Aber wir sind in jedem Fall die Guten.
Das ist dieser Tage besonders wichtig, weil sich so vieles ändert, auch wenn man es nicht gleich merkt. An einem Tag sprechen nacheinander der Bundespräsident, die Verteidigungsministerin und der Außenminister über die neue Rolle Deutschlands in der Welt, von der „fundamentalen Neuausrichtung der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik“.
Die frohe Fernsehbotschaft
Irgendwie beunruhigt das schon; was mag das heißen? Dass wir öfter und mehr Soldaten schicken nach noch mehr Ländern. Aber Soldaten darf man nur schicken, wenn man genau weiß, dass man zu den Guten gehört, oder? Und dass man damit den Guten hilft. Schön, wenn der Bundespräsident uns kategorisch jede Sorge nimmt: „Dies ist ein gutes Deutschland, das beste, das wir kennen“, hat er gesagt, und: „Es ist eine stabile Demokratie, frei und friedliebend, wohlhabend und offen.“ Sind die, die Deutschland anders sehen, also automatisch die Bösen?
Auch deswegen haben die Politiker das mit dem guten Deutschland sagen können, wie es ihnen die Experten von der Stiftung Wissenschaft und Politik ja auch diktiert haben, die ansonsten die Welt in die „Mitstreiter“, „Herausforderer“ und „Störer“ einteilen. Russland ist zum Beispiel ein Herausforderer, Syrien ein Störer. Dazu kommt die Einteilung in „prioritär“ und „sekundär“, also in wichtig und nicht so wichtig.
Kuba und Venezuela zum Beispiel sind unwichtige Störer, die USA und die EU superwichtige Mitstreiter. Die wichtigen Störer bzw. Herausforderer soll man „einbinden“, die unwichtigen dagegen „einhegen“, man könnte auch sagen: isolieren, vergessen. Das dahinterstehende Weltbild ist so einfach, dass es jeder Bundespräsident, jede Verteidigungsministerin und jedes zwölfjährige Kind sofort versteht.
Was nicht zählt, ist der Mensch
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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