DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Reich frisst Arm

Erstellt von Gast-Autor am 21. September 2015

Ein, zwei, mehr Millionen Flüchtlinge

Autor: U. Gellermann
Datum: 21. September 2015

Eine Million Flüchtlinge, zwei Millionen Flüchtlinge, wer bietet mehr? Wie auf dem Jahrmarkt werden die Zahlen ausgerufen. Bisher prophezeit der ungarische Ministerpräsident, Viktor Orban, mit hundert Millionen vermuteten Vertriebenen in naher Zukunft, die meisten. Brav berichten deutsche Medien über eine zum Teil vorbildliche, zivile Willkommens-Kultur. Fast plakativ schweigt die Tag für Tag wogende Medienberichterstattung über die Ursachen des Flucht-Tsunamis. Während die ersten Seiten und die ersten Minuten noch den Flüchtlingen gehören, geht das übliche Geschäft hinter den Schlagzeilen weiter. Die Europäische Zentralbank und die US-Notenbank Fed drucken immer mehr Geld und Geld, um das üblich-üble Finanzgeschäft zu bedienen. Und während nach dem Finanzkollaps 2008 zumindest in den Feuilletons vor lauter Schreck und Geldverlust über ein Ende des Kapitalismus gerätselt wurde, wirft die apokalyptische Völkerwanderung bisher scheinbar keine Systemfrage auf, sondern nur die Frage danach, ob denn genug Turnhallen zur Verfügung stünden.

Das große Schweigen, die übergroße Heuchelei lässt die Frage nach der Verantwortung für die Flüchtlingsströme kaum zu. Dass lange vor den Schleppern Profit gemacht worden ist, mit billigen Rohstoffen, mit teuren Waffen, auf einem Markt brutaler Ausbeutung, darüber schweigt der Apologeten-Chor des Kapitalismus. – Über 80 % der Weltbevölkerung leben von weniger als 10 US-Dollar am Tag. Der Hunger in der Welt nimmt zu. Aus den aktuellsten Schätzungen der FAO (Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen) geht hervor, dass 923 Millionen Menschen Hunger leiden. Die FAO schätzt außerdem, dass zwischen 2003 und 2007 die Anzahl unterernährter Menschen um 75 Millionen gestiegen ist.

Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds sind die Instrumente, die, unter dem Deckmantel einer Förderung des Welthandels zum Wohle aller, bislang nur die Interessen ihrer Kapitalmehrheitseigner (der Industrieländer) durchgesetzt haben.
So wurden die meisten Entwicklungsländer im Laufe der 1980er und 1990er Jahre im Gegenzug für Kreditzahlungen sogenannten „Strukturanpassungsprogrammen“ unterworfen, die als eines von vielen Elementen die Liberalisierung des Außenhandels vorsahen. Eine „Liberalisierung“, die nichts anderes bewirkte als die Märkte für die Konzerne in den USA und Europa zu öffnen. Das Ergebnis: Es stieg die Arbeitslosigkeit, es nahmen Armut und Ungleichheit zu, die nationalen Produktionskapazitäten wurden abgebaut.

Länder, die sich dem ökonomischen Diktat der reichen Staaten verweigerten, die versuchten, die Ungleichheit des Welthandels zu mildern und eigene Wege zu gehen, wurden als Diktaturen gebrandmarkt und in das Regime-Change-Programm der USA aufgenommen. Der Maßstab dafür, was eine gute Diktatur ist und was eine schlechte, reicht bis in die elektronische Sprachregelung: Wer bei Google das Begriffspaar Syrien/Diktatur eingibt, erzielt rund 400.000 Treffer, das Begriffspaar Saudi Arabien/Königreich erreicht den Traumwert von 700.000 Ergebnissen. So belegt der PageRank-Algorithmus der Suchmaschine nichts anderes als eine Medienwirklichkeit, deren Interesse an der Wahrheit völlig beliebig ist: Der syrische Staat wird den Medienkonsumenten als Diktatur serviert, während die saudische Repressionsmaschine als orientalische Märchendynastie verkauft wird.

Noch während an einer menschelnden Oberfläche von der Integration der Flüchtlinge geredet wird, haben die Profit-Maximierer ganz andere Ziele: „Flüchtlinge befristet vom Mindestlohn ausnehmen“ fordert der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates Michael Bahlsen und leckt sich schon die Lippen beim Anblick neuer Billig-Löhner. Denn davon, da ist sich die Wirtschaft sicher, kann es nie genug geben. Auch wenn die Lohnstatistik feststellt, dass schon in den letzten fünfzehn Jahren die Hälfte der in Deutschland Beschäftigten um 17 Prozent weniger verdient haben als im Jahr 2000 während das Gewinneinkommen der Unternehmer um 70 Prozent geradezu explodierte.

Weil die Gewinne exorbitant sind und das Geld billig, geht in diesen Tagen ein Deal der verschwiegenen Art vor sich: Die Backpulver-Dynastie Oetker kauft sich in die Firma ESG ein. ESG, das war jenes Unternehmen, das damals den Perma-Absturz des Kampfflugzeugs „Starfighter“ verhindern sollte. Heute macht der Rüstungsladen seine 250 Millionen Euro jährlich immer noch im Waffengeschäft: Man „betreut“ das Transportflugzeug Transall C-160, das Militär-Flugzeug Fiat G.91 und den Kampf-Hubschrauber Bell UH-1D. Die Oetkers haben einen Riecher für profitable Geschäfte. Denn dort, wo die Mehrheit der Flüchtlinge herkommt, wird nach wie vor Rüstungsgerät aller Art umgesetzt. So fressen die Reichen die Armen in einer ganz eigenen Verwertungskette auf: Einmal als Betrogene internationaler Marktbedingungen, dann als Opfer der Rüstungskonzerne, um sie nicht zuletzt in den Willkommens-Ländern erneut zum Objekt der Profit-Gier der Lohn-Drückerei zu machen.

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Fotoquelle: Wikipedia – Die Karikatur von James Gillray The Plumb-pudding in danger, or, State epicures taking un petit souper aus dem Jahr 1805 – es zeigt William Pitt und Napoléon Bonaparte beim Zerstückeln der Welt

Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist.

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Mein Vater ist Terrorist

Erstellt von Gast-Autor am 23. Mai 2015

Über die Liebe in der Apartheid

Rationalgalerie

Autor: Angelika Kettelhack

Datum: 21. Mai 2015

Der international gerühmte israelische Regisseur Eran Riklis wurde 1954 in Jerusalem als Sohn eines Biochemikers geboren und ist in Kanada, den USA und in Brasilien aufgewachsen. Sein neuster Film, der heute unter dem Titel MEIN HERZ TANZT in die deutschen Kinos kommt, und dessen englischer Titel DANCING ARABS viel verheißungsvoller klingt, ist die Geschichte von Eyad (Tawfeek Barhom), der als bislang erster und einziger Palästinenser an einer Elite-Schule in Jerusalem angenommen wird. Schon als „I-Männchen“ fällt Eyad auf als der palästinensische Lehrer nach den Berufen der Väter fragt. Voller Stolz und strahlend sagt er: „Mein Vater ist Terrorist!“ Mit seiner Unbekümmertheit gewinnt er natürlich sofort die Herzen der Kinobesucher. Dessen ist sich sein Regisseur Eran Riklis, der vor allem durch seine Arbeiten DIE SYRISCHE BRAUT (2004) und LEMON TREE (2008) bekannt wurde, auch durchaus bewusst: Er möchte als Israeli von Anfang an Sympathie für seine palästinensische Hauptfigur wecken.

Eyad, der aus der israelischen Kleinstadt Tira stammt, deren Bevölkerung fast ausschließlich aus muslimischen Arabern besteht, ist sehr bemüht, sich seinen jüdischen Internatszöglingen und der israelischen Gesellschaft anzupassen. Er möchte dazugehören. Neben dem harten Lernen für das Stipendium an der Elite-Schule meldet er sich auch für ein soziales Projekt an. Ihm wird Yonatan (Michael Moshonov) zugeteilt, der im Rollstuhl sitzt und so ebenso ein Außenseiter ist wie Eyad. Schon bald entsteht zwischen dem Schwerkranken und dem in Jerusalem noch Fremden eine ganz besondere Freundschaft.

Natürlich verliebt sich Eyad an seiner neuen Schule genau in das falsche Mädchen, nämlich in die kluge und schöne Jüdin Naomi (Danielle Kitzis). Eine Liebe, die gegenüber Familie und Freunden geheim bleiben muss. Naomi möchte gegen alle Widerstände zu Eyad stehen, und auch Eyad ist bereit, alles für Naomi zu tun. Als deren Eltern dennoch von der unseligen Beziehung erfahren, wollen sie die Tochter von der Schule nehmen. Da Eyad aber die gute Ausbildung seiner Freundin nicht behindern möchte, verlässt er seinerseits das Elite-Internat. Doch durch die Unterstützung von Yonatan und dessen Mutter, die von dem weltbekannten ehemaligen Model Yael Abecassis sehr dezent und liebevoll und gleichzeitig doch überzeugend stark und entscheidungsfähig, auf eine subtile Art zurückgenommen, gespielt wird, kann Eyad als Externer seine Examina für eine aussichtsreiche Karriere fortsetzen. Und bevor Yonatan stirbt, legt Eyad auch für ihn sämtliche Prüfungen ab und führt damit sozusagen ein Doppelleben als Palästinenser und Israeli.

Eran Riklis filmische Parabel über die Suche junger Menschen nach ihrer Identität und sein Plädoyer für ein menschliches Zusammenleben beruht auf dem halb autobiografischen Roman des in den USA lebenden „Haaretz“-Kolumnisten Sayed Kashua. In kleinen fast unbedeutend wirkenden – weil wie nebenbei inszenierten – Szenen zeigt Riklis wie Gewalt und Borniertheit in aller Welt funktionieren: Wenn Eyad und Naomi durch Jerusalem schlendern und sie ihn bittet, er solle ihr „Ich liebe Dich“ doch mal auf arabisch sagen, wird das von einem israelischen Soldaten zufällig mitgehört. Und der nimmt Eyad natürlich sofort fest und den Rest kann der Zuschauer sich selbst ausmalen. Oder wenn Naomis Mutter sagt: „Du kannst ruhig lesbisch sein oder Krebs haben, aber einen Araber bringst Du mir nicht mit nach Hause“. Eran Riklis ist der Meinung, dass solche Szenen nicht ausgespielt werden müssen, weil sie in aller Welt auf ähnliche Weise funktionieren – so etwa auch zwischen Deutschen und Türken oder Franzosen und Nordafrikanern, etc…

Aber auf die Frage ob Filme soziale und politische Probleme lösen können, antwortet Riklis: „Das können sie nicht. Aber sie können helfen soziale, politische und humane Diskussionen anzustoßen. Wenn ich gefragt werde ob ich politische Filme mache, sage ich ,Nein‘. Ich mache Filme, die Erkenntnisse und Bewusstsein erzeugen. Die Leute kommen bevor sie den Film gesehen haben mit einem bestimmten Standpunkt, einer bestimmten Voreingenommenheit ins Kino. Meine einzige Absicht ist es, dass diese Leute wieder denken sollen und wieder sensibilisiert werden. Der Film soll in ihnen arbeiten und vielleicht ihre festgelegte Meinung verändern oder sie wenigstens dazu bringen, mit ihren Freunden zu diskutieren. Das reicht für mich. Ich will die Leute nicht umerziehen. Ich bin kein Prediger. Ich hasse Didaktik.

Und wie wurde DANCING ARABS in Israel aufgenommen? „Erstaunlich gut, obwohl wir ja in einem sehr schwierigen Jahr starteten. – Es war eine Katastrophe. Aber nicht nur der Krieg mit Gaza. Jeder von uns blickt auf eine lange Geschichte zurück. Besitzansprüche auf das Land, geistige und religiöse Bindungen, die die Menschen und Nationen viel zu lange gespalten haben. Egal ob in Tel Aviv, Jerusalem, Damaskus, Kairo oder in Tira, der Stadt aus der unser Held kommt, man ist mit der Frage konfrontiert, wer man ist, woran man glaubt und wo man sich in der Zukunft selbst sieht. In Israel gibt es israelische Juden, israelische Araber und israelische Christen mit den dort nicht nur auf den Golan-Höhen lebenden Drusen. Der Araber im Film muss immer jonglieren, einen Tanz aufführen als Minderheit zwischen den Veränderungen der Mehrheit. Er muss sich sozusagen immer zwischen den Regentropfen bewegen. Die Situation bleibt immer schwierig.“

Und weiter meint Eran Riklis: „Die Menschen in Israel sind von ihrer Herkunft her sowieso schon sehr multikulturell. Aber die populäre, in Europa gebrauchte Bezeichnung ist immer ,die Juden und der Rest‘. Deshalb steht am Anfang meines Films schon der Satz ,20 Prozent der israelischen Bevölkerung sind Araber.‘ Unter den Arabern gibt es viele Moslems, aber sie sind nicht alle Palästinenser. Und warum werden auf den großen arabischen Festivals die Filme von Riklis nicht gezeigt? „I‘ m very upset“, sagt er. „Ja das ärgert mich sehr. Schon vor 24 Jahren als ich meinen Film CUP FINAL machte, wurde er in Kairo auf dem Festival nicht gezeigt, obwohl wir Frieden mit Ägypten hatten. Es macht keinen Sinn wenn die politische Welt sich einmischt, da wo sie nicht sollte. Besonders in Dubai und Abu Dhabi. Es ist immer wieder eine Frage des Geldes, der wirtschaftlichen Stärke. Das sieht man wie der Westen, die Amerikaner und die Europäer, dorthin gehen. Ich finde, die Filmemacher müssten sagen, wenn ihr nicht Filme aus aller Welt nehmen wollt, dann braucht ihr auch kein Festival zu machen“.

Der Film kommt am 21. Mai in die Kinos.

[youtube b3mihqwfP80]

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Grafikquelle    :       Eran Riklis mit Smadi Wolfman (2010)

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Die Revolution droht

Erstellt von Gast-Autor am 26. Februar 2015

Aus dem radikalen Kaffeesatz der Freien Universität

Autor: U. Gellermann

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Datum: 26. Februar 2015

Da haben sie ein hübsch geschnitztes Stöckchen auf die Medienwiese geworfen – die Monika Deutz-Schröder und der Professor Klaus Schröder, das Paar vom „Forschungsverbund SED-Staat“ – und brav wurde es von den völlig verängstigten Redaktionen apportiert: „Jeder fünfte Deutsche will die Revolution“ – dräut denn auch die Überschrift der WELT. Da kommt sie schon, die Revolution, aber vorläufig nur in der Studie der SED-Staat-Schröders von der Freien Universität Berlin: „Linksextremismus in Deutschland“. Eine Studie, die empirisch daherkommt und uns leider die Originalfragen nicht zukommen lässt. Macht nix, sagt sich der deutsche Gesamt-Redakteur, denn nur bange machen gilt. Sollen sie doch zittern in den deutschen Krähwinkeln, denn der Abonnent ist ein Feind der Veränderung. Deshalb liest er ja die FAZ, die der Studie eine ganze Seite widmet. Da können auch die SÜDDEUTSCHE, der TAGESSPIEGEL und die ZEIT nicht widerstehen. Denn wenn der Leser zittert, so denkt die Verlagsleitung, liest er weiter jene Blätter mit viel Meinung und wenig Substanz.

Längst ist der „Linksextremismus“ ein Polizei-Begriff, wie uns der Berliner „Staatsschutz“ zuvorkommend mitteilt, wenn er auf seiner Website seine Daseinsbegründung aufschreibt: „Die Unzufriedenheit mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in Deutschland, der Unmut über die persönliche soziale Situation oder einfach nur Anarchismus werden offen oder verdeckt und vielfach mit Gewalt zum Ausdruck gebracht.“ Da ist der „Staatsschutz“ bei weitem ehrlicher und analytischer als die Schröders: Es ist die Unzufriedenheit mit den sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen, die mit polizeilichen Mitteln bekämpft werden muss, denkt man dort. Während man an der „Freien Universität“ Steuermittel und Gelder der VW-Stiftung, der Deutschen Bank und der ARD ausgibt, um den vielen kleinen Bürgern die große Angst einzujagen: Dreh Dich nicht um, das Linksextrem geht um.

Denn „Linksextremismus“ erzeugt Gewalt, erzählen die Schröders und sehen ihn als eine „antizivile“ Einstellung. Während die Gewalt der Armut, die Gewalt der Kriegspropaganda und des Verdummungs-Aparates nicht erwähnt werden, sondern den Status der Gutbürgerlichkeit genießen. Damit die Verderblichkeit der „antizivilen“ Gewalt auch moralisch eingeordnet werden kann, behauptet die Studie, dass die linke Einstellung „mit (verstecktem) Anti-Semitismus und (offenem) Anti-Zionismus und vor allem Anti-Israelismus“ gepaart sei und führt damit einen neuen Straftat-Bestand in die universitäre Debatte ein: Den „Anti-Israelismus“. Dem aufmerksamen Leser wird der „Anti-Amerikanismus“ fehlen, er scheint wegen seiner wachsenden Popularität nicht mehr als Kampfbegriff tauglich zu sein.

Die Schrödersche Studie ist von Beginn an wegen ihrer Verfassungswidrigkeit schwer verdaulich. Liegt ihr doch eine Definition des Linksextremismus zugrunde, die „den Vorrang des Individuums im demokratischen Pluralismus zugunsten einer kollektiven Homogenitätsvorstellung ablehnt“. Diese Interpretation des Extremismus kollidiert krachend mit dem Artikel 3 im Grundgesetz, nach dem alle vor dem Gesetzt gleich sind. Wenn alle gleich sind, denkt der FU-Professor, das ist doch Kommunismus. Und der ist extrem links. Doch die Schröders verschärfen ihre verfassungswidrige Haltung noch, wenn sie der „freiheitlich-demokratischen Gesellschaft“ eine „positive Ungleichheit“ unterstellen. Diese „positive Ungleichheit“, nach der die einen wenig die anderen alles haben, ist zwar nur für die einen positiv und steht auch in keinem Gesetz der Bundesrepublik Deutschland. Also versuchen die Schröders die soziale Wirklichkeit des Landes mit dem unwissenschaftlichen Begriff der „freiheitlich-demokratischen Gesellschaft“ zu beschreiben und ein eigenes Grundgesetz zu basteln, in dem eine extremistische, verfassungsfeindliche Elite-Ordnung aufschimmert. Wenn hier schon der „Verfassungs-Schutz“ nicht Alarm schlägt, sollte man von einer Universitäts-Leitung, die sich als demokratisch verfasst bezeichnet, eigentlich unmittelbares Einschreiten erwarten.

Noch bedenklicher wird es, wenn die Schröders eine „Linksextremismus-Skala“ entwickeln und ihr „Dimensionen“ zuordnen, in denen auch Anti-Kapitalismus, Anti-Faschismus und Anti-Rassismus auftauchen. Nach diesen Kategorien ist zum Beispiel der aktuelle Papst unschwer als Linksextremist zu erkennen. Schlimmer noch ist die Schrödersche Linksextremismus-Einordnung der Anti-Repression, die sich brutal gegen die Menschenrechte wendet: Wird doch mit ihr der Kampf gegen Repression, die nichts anderes meint als die Verteidigung der Menschenrechte gegen Unterdrückung, als extremistisch denunziert. Auch wegen dieser undemokratischen Begriffs-Verwendung ist die Studie nur mit äußerster Vorsicht zu genießen.

Unter der Rubrik „Linksextremismus“ wird die „Unzufriedenheit mit der praktizierten Demokratie“ ebenso eingeordnet wie die Sorge um den zu großen „Einfluss der Wirtschaft“. Der Anteil der Nicht-Wähler wächst, wer da wegbleibt, ist mit der aktuellen Demokratie „unzufrieden“. Glaubt man den Schröders sind die Nichtwähler alles gefährliche Linksextremisten. Und dass die Wirtschaft mehr Einfluss hat als der Rest des Sozialgefüges, das leugnen nur noch die beamteten TTIP-Verteidiger. So muss die wachsende Zahl der TTIP-Gegner (40 Prozent) mit dem grusligen Etikett des „Linksextremismus“ beklebt werden, obwohl sie am 1. Mai zu Hause bleiben und auch nicht in Kreuzberg wohnen. Irgendwie linksextrem nach der Methode Schröder ist auch jenes Drittel der Befragten, die davon ausgehen, dass „der Kapitalismus zwangsläufig zu Armut und Hunger“ führe. Wer also die Wirklichkeit nicht leugnet, der ist extremistisch. Man muss sich erinnern, dass die Leute des „Forschungsverbund SED-Staat“, zu denen die Schröders gehören, vom soliden Historiker Wolfgang Wipperman als „Hobbyhistoriker“ und „nekrophile Antikommunisten“ bewertet worden sind. Und schon drängt sich die Frage auf, ob die Finanzierung des Projektes unsicher geworden ist und der „Linksradikalismus“ demnächst den „SED-Staat“ ersetzen soll.

Zu schön wäre es, wenn die Linksextremismus-Studie der „Freien Universität“ tatsächlich wissenschaftlich erarbeitet worden wäre. Denn dann würde der Satz „Unsere Demokratie ist keine echte Demokratie, da die Wirtschaft und nicht die Wähler das Sagen haben“ (dem 61 Prozent der Befragten zustimmen konnten) jene Möglichkeit der Veränderung in sich bergen, die dem Land unbedingt gut täte. Aber das wollen die Schröders nicht. Sie wollen abschrecken.


Fotoquelle: Blogsport

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Merkel denkt weiter

Erstellt von Gast-Autor am 23. Juni 2014

Panzerfabrik für die Ukraine

Autor: U. Gellermann

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Datum: 23. Juni 2014

Das ist ein schöner Deal für die deutsche Kriegsindustrie: „Rheinmetall“ soll, will und wird eine komplette Panzerfabrik in Algerien bauen. Pro Jahr sollen dort 120 Fuchs-Panzer gebaut werden. Der Auftrag hat ein Gesamtvolumen von 2,7 Milliarden Euro. Und weil es hie und da leise Zweifel an dem politischen Sinn dieses Geschäftes gab, weil dumme Fragen aufkamen wie „gegen wen soll Algerien denn Krieg führen?“ oder auch „könnte es der Krieg gegen die eigene Bevölkerung sein?“ hat die große und weise Kanzlerin Deutschlands, deren Umfeld ja den Deal genehmigen muss, eine Erklärung nachgeschoben: „Ohne jetzt auf Einzelheiten einzugehen, ist heute noch einmal deutlich geworden, welche wichtige Rolle auch Algerien in der Region spielt.“ Algerien grenzt an Marokko, Tunesien, Libyen, Niger, Mali und Mauretanien. Von einer Aggression dieser Länder gegen Algerien kann keine Rede sein. Deshalb erinnert die Bundeskanzlerin an die Bedeutung Algeriens im Kampf gegen „Extremisten“.

Zur Zeit ist auch die Ukraine in einen schweren Kampf gegen „Extremisten“ verwickelt. Rund 70.000 russischsprachige ukrainische Bürger weigern sich ganz extrem in der Ukraine zu bleiben. Sie entziehen sich dem frisch gewählten Präsidenten durch Flucht. Zwar behaupten Extremisten wie die aus der Ost-Ukraine geflohene Irina Jarmosch gegenüber der DEUTSCHEN WELLE „Die bringen uns um“, und meint die Kiewer Regierung. Und ergänzt sogar, die ukrainische Armee würde seit Mitte April Hubschrauber einsetzen, schwere Artillerie und Phosphorbomben. Ganze Häuser seien zerstört, sogar ein Kinderkrankenhaus sei beschossen worden. Aber das kann kaum stimmen. Denn in den deutschen Mehrheitsmedien gibt es davon keinerlei Bilder, kaum einen Kommentar dazu. Offenkundig entziehen sich die prorussischen Kräfte bewusst und böswillig ihrer Verpflichtung, die ostukrainischen Industriebetriebe am Laufen zu halten. Wer weiß, dass sich in den grenznahen Regionen der Ukraine zu Russland rund 400.000 ukrainische Flüchtlinge aufhalten, dem wird das ganze Ausmaß an terroristischer Sabotage deutlich.

Auch in Algerien versuchen sich immer wieder Leute der Arbeit im Land zu entziehen und nach Europa zu gelangen. Deren Vorwände zählt „Amnesty International“ auf: „Personen, die der Unterstützung des Terrorismus verdächtigt sind, werden ohne Zugang zur Außenwelt an geheimen Orten festgehalten und gefoltert. Kritik an hohen Amtsträgern und an den Sicherheitskräften ist unter Strafe gestellt. Personen, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen, werden eingeschüchtert. Im Familienrecht sind Frauen gegenüber Männern rechtlich benachteiligt.“ Natürlich ist Homosexualität in Algerien gesellschaftlich geächtet und dort nach geltendem Recht illegal. In den vergangenen Jahren kam es zu mehreren tödlichen Übergriffen auf Homosexuelle und auch zu einer öffentlichen Steinigung. Falls also Homosexuelle sich zusammenrotten sollten, könnten deutsche Panzer zum Schutz des Staates gegen sie eingesetzt werden.

Natürlich haben auch die Oppositionellen in der Ukraine menschenrechtliche Vorwände für ihre Arbeitsverweigerung. Petitessen wie das Verbot der Kommunistischen Partei, das faktische Verbot der oppositionellen Wochenzeitschrift „2000“, das Verschwinden von Oppositionellen nachdem sie vom ukrainischen Geheimdienst (BSU) festgehalten wurden wie auch deren Folterung, dienen ebenso als vorgeschobene Begründung für separatistische Fluchtbewegungen wie die Kollateral-Schäden im Antiterrorkampf der ukrainischen Armee. In einer solchen Situation könnten Angela Merkels Überlegungen, mit der Ukraine einen Deal ähnlich dem mit Algerien einzufädeln, nur sinnvoll sein. Vor allem der bewährte Spähpanzer Fuchs, mit 12 Mann Besatzung und drei Maschinengewehren auf Lafetten ist zur Aufstandsbekämpfung bestens geeignet. Der Panzer kann schnell von Widerstandsnest zu Widerstandsnest bewegt und wenn der Gegner mit schweren Waffen operiert, auch mit einer 20-Millimeter-Kanone ausgerüstet werden.

Zudem wäre der Aufbau einer deutschen Panzer-Fabrik in der Ost-Ukraine ein Schlag gegen die dort gefertigte russische Rüstungstechnik. Denn wenn die Ukraine jemals ihre Schulden beim „Internationalen Währungsfonds“ zurück zahlen können will, dann muss sie ihren achten Platz auf der Liste internationaler Rüstungsexporteure verteidigen und ausbauen. Und mit solider deutscher Waffentechnik und billigem ukrainischem Personal dürfte das wohl gelingen. Zumal die Ukraine ihre Waffen auch bisher schon gern in Spannungsgebiete und an Systeme geliefert hat, die in der deutschen Öffentlichkeit eher Unbehagen auslösen. So könnte der Merkel-Panzer-Deal Teil einer Umgehungsstrategie sein. – Einen letzten sachdienlichen Hinweis gab der Kurs der Rheinmetall-Aktie, die sich nach der Algerien-Entscheidung mit einem Plus von zeitweise bis zu 3,6 Prozent an die MDax-Spitze setzte: Eine weitere Panzerfabrik würde dem Aktien-Hoch Stabilität verleihen, der russischen Konkurrenz mal zeigen was deutsche Rüstung wert ist und die schwierige Lage der Ukraine stabilisieren. Und das alles verdanken wir dann der zu Recht hochgelobten Kanzlerin. Jener großartigen Frau, die weiter denkt und auch weiter schießen lässt.

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Fotoquelle: Wikipedia – Schnerkel – Urheber Strassengalerie

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Nelson Mandela

Erstellt von Gast-Autor am 29. Januar 2014

Der lange Weg zur Freiheit

Autor: U. Gellermann

Rationalgalerie

Datum: 28. Januar 2014

Kaum zwei Monate ist es her, da waren sie am Grab des großen Mannes, die Staatsmänner des Westens und haben ihm ihr Beileid hinterher geworfen. Worte der Entschuldigung dafür – dass ihre Staaten mit dem Apartheid-System paktiert hatten, dass sie Nelson Mandela jahrzehntelang auf ihrer Terroristenliste hatten – fanden sie nicht. Im Gegenteil versuchten sie sich mit dem Leichentuch die Krokodilstränen abzuwischen und ein Zipfel von Mandelas Ruhm zu stehlen. Ein Ruhm, so erzählt es der Film „Mandela – Der lange Weg zur Freiheit“, der von einem klugen, bescheidenen und beharrlichen Mann auf dem Weg zur Freiheit mit dem Verlust seiner Freiheit erkauft wurde.

Die Regiearbeit von Justin Chadwick – warmherzigeTöne, warmes Licht – lässt keinen Zweifel zu, dass der Film auf der Seite von Nelson Mandela gedreht wurde: Das ganze Ensemble des Films, allen voran die Verkörperung Mandelas, der strahlende Idris Elba, begreift sich retrospektiv als Teil der südafrikanischen Befreiungsbewegung. „Dies ist eine südafrikanische Geschichte,“ sagte Mandela als seine Autobiografie vorlag, zum Filmproduzenten Anant Singh, „deswegen will ich, dass Du sie erzählst.“ Singh, der als indischer Einwanderer der dritten Generation von der Apartheidregierung als „nicht-weißer“ Bürger eingestuft wurde, war selbst Teil der Befreiungsbewegung.

So sehr der Film Nelson Mandela in den Mittelpunkt stellt, so erzählt er doch parallel einen wesentlichen Abschnitt der Geschichte des Afrikanischen Nationalkongress (ANC) dessen Jugendorganisation Mandela gemeinsam mit Walter Sisulu gegründet hat. Sorgsam zeichnet der Film die historischen Linien der farbigen Bewegung gegen die Apartheid nach: Vom gewaltlosen Widerstand, den die Regierung mit brutalen Akten der Gewalt, mit Gefängnis und Folter zu brechen versuchte, über Sabotage bis zum bewaffneten Kampf gegen Armee und Polizei des Regimes. Der Film leistet hier, völlig unpathetisch, die Erklärung warum aus staatlicher Gewalt die Gewalt von unten resultiert.

Auch die privaten Momente in Mandelas Leben werden behutsam bebildert und lassen so einen Blick auch auf Winnie Mandela zu, der von der ersten schwarzen Sozialarbeiterin berichtet, von ihrer persönlichen Emanzipation, die mit der Befreiung des Volkes eng verbunden war. Die lange Gefängniszeit, 27 Jahre sperrte die Regierung Nelson Mandela weg, für ihn sind es Jahre der Reifung, der Prüfung und für seine Bewegung Jahre des unerbittlichen Kampfes. Es ist das große Verdienst des Films, dass der lange Weg zur Freiheit nicht als süßliche Story des Erfolgs über die Leinwand flimmert. Auch der Verzicht auf ein Heldenepos gibt der Arbeit jene Grundierung an Ehrlichkeit, die Voraussetzung für Erkenntnis und Nähe zugleich ist.

Der Film kommt am 30. Januar in die Kinos.

[youtube nu6t_TXvunw]

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Fotioquelle: Wikipedia

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Attribution: South Africa The Good News / www.sagoodnews.co.za

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Das Reichskommissariat Ukraine

Erstellt von Gast-Autor am 5. Dezember 2013

Deutsche Botschaften im demokratischen Kostüm

File:Protestors with demands of European values in Ukraine. November 26, 2013.jpg

Autor: U. Gellermann

Rationalgalerie

Datum: 05. Dezember 2013

Die Ukraine ist ein ordinäres kapitalistisches Land. In Russland herrscht der gewöhnliche Kapitalismus. Und die EU ist so herkömmlich kapitalistisch, dass dieser Zustand fast in Vergessenheit geraten ist. Jedenfalls in den Medien des kapitalistischen Deutschlands. Nicht die Durchgangspipelines auf ukrainischem Boden, die eine Kontrolle russischer Gaslieferungen ermöglichen, tauchen in der veröffentlichten deutschen Debatte um die ukrainische Revolte auf, nicht die größten Eisenreserven der Welt in der Ukraine spielen eine Rolle, oder gar das fette, ukrainische Marktvolumen von immerhin rund 46 Millionen Einwohnern, die zumeist noch keinen Golf haben, geschweige denn einen Mercedes. Nein. Wie schon beim Bandscheibenvorfall der Julia Tymoschenko ist es wahlweise die „Freiheit“, die „Demokratie“ oder die Annäherung an die „Europäische Union“, die auf dem Spiel steht.

Nachdem die Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO vorläufig gescheitert ist – – für Unkundige: Die NATO ist diese Demokratiebeschleunigungsmaschine – – bekannt aus Libyen und Afghanistan, sollte das Land nun wenigstens in die Nähe der EU gerückt werden. Gäbe es im deutschen Mainstream einen Hauch von anständigem Journalismus, wäre längst die Frage gestellt, um welche EU es sich denn handelt. Um das antisemetische EU-Ungarn? Das korrupte EU-Griechenland? Das schwulenfeindliche EU-Kroatien, dessen klerikalfaschistische Vergangenheit nie bewältigt wurde? Das steuerhinterziehende EU-Belgien? Das EU- der neuen Kolonialkriege? Das EU-England der Geheimdienste? Oder das EU-Deutschland mit dem Rettungsschirm-Parlament? Weil aber der deutsche Redakteur mit solchen Fragen wirklich überfordert ist, nimmt er aus der Schublade das Stereotyp vom guten Volk gegen den bösen Präsidenten, in Syrien und Libyen kaum gebraucht, und ist schwupps auf der Seite des Volkes. Wenn es denn weit genug weg ist. Dem eigenen traut er eher nicht.

Bei der letzten ukrainischen Präsidentschaftswahl 2010 setzte sich der Oligarchie-Vertreter Wiktor Janukowitsch mit 49 % gegen die Vertreterin der anderen Oligarchie-Gruppe um Julia Tymoschenko knapp durch. Die Wahlbeobachter der OSZE hielten die Abstimmung für korrekt. Es sind vor allem die Timoschenko-Gruppe, die offen antisemitische Swoboda-Partei, und die Partei des politisierenden Boxers Vitali Klitschko, die in den Medien als Volk aufschimmern. Klitschko wird wesentlich von der „Konrad Adenauer Stiftung“ unterstützt. Schließlich noch Wenn mal jemand das Berliner Rathaus dauerhaft besetzen, tagelang den Alexanderplatz besiedeln und das Regierungsviertel blockieren würde, hätten die Damen und Herren der CDU-Stiftung längst nach der Bundeswehr gerufen. Aber wenn das gleiche in Kiew geschieht, dann attestiert die Stiftung dem ukrainischen Präsidenten einen „Weg ins Nichts“. Und die FAZ sekundiert barmend: „Noch ist die Ukraine nicht gestorben“.

Ziemlich gestorben ist die internationale Kompetenz des deutschen Journalismus. Das hat er mit seiner Regierung gemein. Die kann auch nur von Abschreibung bis Zollunion buchstabieren. Dass die Ukraine aus ihrer Erfahrung mit dem IWF – – der hatte das Land in den 90er Jahren mit seiner „Schocktherapie“ an die Wand gefahren – – westlichen Wirtschaftsannäherungen misstraut, dass die historische Nähe zu Russland auch in den kosakischen Religions- und Befreiungskriegen gegen das katholische Polen liegt, dass immer noch eine Mehrheit der Ukrainer russisch spricht oder zweisprachig ist, das alles will das offizielle Deutschland nicht wissen. Verstocktes Nichtwissenwollen auch gegenüber dem letzten, groß angelegten deutschen Besuch in der Ukraine: Das „Reichskommissariat Ukraine“ bestand von 1941 bis 1945.

Die ukrainischen „Untermenschen“ sollten auf Dauer dem germanischen Obermenschen weichen. Hitlers Plan, in der Ukraine für 20 Millionen Deutsche „Lebensraum“ zu schaffen, scheiterte nur an der Kriegsniederlage. Bis dahin ermordete die deutsche Macht mal eben ein paar hunderttausend ukrainische Juden und brachte in den 180 Todeslagern, die sich auf dem Boden der Ukraine befanden, an die 1,4 Millionen sowjetischer Kriegsgefangener um. Die Deutschen plünderten das Land in den Hungertod und legten bei ihrem Rückzug Dörfer, Städte und Industrieanlagen in Schutt und Asche. Das hindert die geschichtsvergessene deutsche Kanzlerin nicht, die ukrainische Regierung zu warnen und ihren Sprecher drohen zu lassen: Von den pro-europäischen Kundgebungen gehe eine „sehr klare Botschaft“ aus. Es sind solche Botschaften aus Berlin, deren Arroganz nur mühsam von einem demokratischen Mäntelchen bedeckt werden und deren ökonomischer Kern durch die Löcher des Europa-Schleiers unschwer zu erkennen sind.

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Grafikquelle    :    Protestors with demands of European values in Ukraine. November 26, 2013.

Source Self-photographed, http://mstyslavchernov.com/
Author Mstyslav Chernov/Unframe

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Kolonie Deutschland

Erstellt von Gast-Autor am 14. Juli 2013

Angela Merkels dreiste Lüge

Oh wie so trügerisch sind Weiberherzen,    – Verdi / Rigoletto

Autor: U. Gellermann

Quelle: Rationalgelerie

Datum: 12. Juli 2013

Mit strahlend blauen Augen blickt die Kanzlerin in die Welt. Aber dass sie blauäugig sei, gutgläubig, dass wird niemand der machtbewussten Physikerin nachsagen wollen. Und doch hat sie jüngst gegenüber der ZEIT abgesondert, dass sie vom Abhörprogramm des US-Geheimdienstes erst „durch die aktuelle Berichterstattung Kenntnis genommen“ habe. Die Merkel lügt. Dreist und unbekümmert. In der begründeten Hoffnung, dass sich die Aufregung in ein paar Tagen und Wochen legt, dass Gras über die Sache wächst und eine servile Medienlandschaft – zu faul, zu dumm, zu abhängig – den Wahrheitsgehalt schon nicht überprüfen wird.

„Personenbezogene Daten werden ausschließlich zu den im NATO Truppenstatut und in diesem Abkommen vorgesehenen Zwecken übermittelt“, ist im Artikel 3 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut zu lesen, und das niedliche Wort „ausschließlich“ erweckt den Eindruck einer Daten-Weitergabebremse. Aber in Wahrheit meint es einschließlich: Denn die Dienste bespitzeln ihnen namentlich bekannte Bürger der Bundesrepublik wenn sie telefonieren, mailen, skypen, notieren was sie kaufen (amazon), was sie suchen (google) und welchen privaten Unsinn sie ihren Freunden mitteilen (Facebook). Und natürlich wissen sie im Bedarfsfall auch, wo die sich gerade aufhalten. Das private Handy macht es technisch möglich, die untertänige Kooperation deutscher Dienste erleichtert das wesentlich.

Alles will der US-Geheimdienst wissen und alles wird von der bundesdeutschen Administration durchgewinkt. Vorgeblich soll es eine parlamentarische Kontrolle geben. Das „Parlamentarische Kontrollgremium der Geheimdienste“ hat sich jüngst mit der Erklärung der deutschen Geheimdienste zufrieden gegeben, dass es ihnen wie Merkel ginge, sie wüssten leider gar nichts über die geheimen Aktivitäten der Amerikaner. Da nickte das Kontrollgremium: Ja, wenn die deutschen Geheimdienste das sagen, was soll man da machen. Dazu fällt dem parteilosen Abgeordneten Wolfgang Neskovic, der jahrelang für die LINKE in diesem Gremium saß, ein: „Das Parlamentarische Kontrollgremium (verfügt) gar nicht über das technische Personal, um überprüfen zu können, welche Informationen sich in den Datenbanken der Nachrichtendienste befinden.“ Und weiter: „Bestimmte Informationen für das Parlamentarische Kontrollgremium (sind) gesetzlich tabuisiert. Arbeitet der BND mit Informationen ausländischer Dienste, verbietet das Gesetz ausdrücklich einen Kontrollzugriff hierauf – es sei denn, der ausländische Dienst stimmt dem ausdrücklich zu.“ Und schließlich kann die Regierungsmehrheit im Gremium jederzeit dem ohnehin nur tröpfelnden Informationsfluss den Hahn abdrehen. Und das macht sie auch gern.

Die deutsche Kolonie, das Land eingeschränkter Souveränität, ist ganz wesentlich von der NATO kastriert. Allerdings auch durch die eigene Untertänigkeit gegenüber den USA. Als die USA, auf der Suche nach Osama bin Laden, ihre Truppen nach Afghanistan senden wollte, war sie auf die Begleitung anderer Armeen höchst erpicht: Sie ließ (nach Artikel 5 des NATO-Vertrages) den Bündnisfall ausrufen. Die deutschen NATO-Vertreter stimmten daraufhin, bitte sehr, bitte gleich – obwohl kluge Völkerrechtler und der gesunde Menschenverstand sagten, dass die Fahndung nach einem vermeintlichen Verbrecher Sache der Polizei sei und keinesfalls einen Krieg rechtfertige – ebenfalls dem Fall der Fälle zu. Der Deutsche Bundestag hat dann, mit der schönen, übergreifenden Mehrheit von CDU-SPD-GRÜNEN-FDP diesen Bündnisfall Jahr für Jahr verlängert. Als die Linkspartei (damals noch PDS) im Jahr 2002 um die Abgeordneten Bläss und Gehrcke im Parlament versuchte, den anscheinend lebenslangen Bündniskriegsfall auf ein geringeres Maß zu reduzieren, bekamen sie von der übergroßen Koalition eine Abfuhr: So viel Unabhängigkeit stand der Kolonie Deutschland offenkundig nicht zu.

Irgendwo in Pakistan: Der deutsche Staatsbürger Bünyamin E. wird von einer amerikanischen Drohne erledigt. Nur selten tauchte diese Meldung in den Medien auf. Schon vom Namen her weiß man in den Redaktionen ja, woher der Wind weht. Schließlich stand der Mann auch noch im Verdacht Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein. Da machen die USA kurzen Prozess: Was schert sie ein Gerichtsverfahren, eine Verifizierung der Beweise. Was schert sie die Souveränität Pakistans? Rumms, Drohne auf den Kopf von Bünyamin, erledigt. Der Generalbundesanwalt Harald Range musste sich, weil Bünyamin nun mal einen deutschen Pass hatte, um die Hinrichtung juristisch kümmern. Und hat das Verfahren dann schnellsten eingestellt. Völkerrecht? Genfer Konvention? Grundgesetz? Als Anwalt in einer Kolonie darf man sich keine Illusion über seine Rolle machen: Hindukusch-kusch ins Körbchen, Herr Range.

„Das Deutsche Volk“, so steht es im Grundgesetz, „bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“ Aus Gründen der Ehrlichkeit sollte dieser Artikel einen Zusatz erhalten: Soweit die Vereinigten Staaten von Amerika dieses Bekenntnis billigen und diese romantischen Grundsätze der Politik der USA nicht im Wege stehen. Also los, Frau Merkel, worauf warten sie noch?

Fotoquelle: Wikipedia

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Der falsche Koloss

Erstellt von Gast-Autor am 13. Juli 2013

Liebe DL Leser,

wir freuen uns heute mitzuteilen zu können, in Zukunft auch die Artikel des Berliner Journalisten Uli Gellermann hier auf DL verbreiten zu können. Dafür bedanken wir uns auch an dieser Stelle noch einmal bei Uli. Zur Einstimmung und Vorstellung hier ein Video in dem sich Uli mit dem nicht vom Volk gewählten Bundes „Gauckler“ befasst. DL/IE

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Peter Sloterdijks Blütenles

File:Peter Sloterdijk no Fronteiras do Pensamento Porto Alegre 2016 (30142043835).jpg

Autor: U. Gellermann

Rationalgalerie

Datum: 12. Juli 2013

Ein „Koloss der Ausdrucksgewalt, mündlich und schriftlich“, erzählt Bernhard Klein über den Gegenstand seiner Bewunderung, Peter Sloterdijk. Klein hat jene etwa 30 Interviews des Philosophen ausgewählt und herausgebracht, die unter dem Titel „Ausgewählte Übertreibungen“ jüngst erschienen sind. Nun versteht es sich, dass ein Herausgeber nicht in kritischer Distanz zu den Schriften seiner Wahl stehen muss. Aber er sollte sich auch nicht unbedingt als Epigone, als Nach- und Anbeter betätigen. Zumal Sloterdijk von Natur aus mit einem Selbstbewusstsein ausgestattet ist, das keiner Ermunterung bedarf. So einer trabt gern hoch: „Seit zwanzig Jahren dominiert bei mir die Lebensform Familie“, erzählt der Philosoph seinem Herausgeber, statt einfach zu sagen: Ich habe Frau und Kind. Und wenn er schon mal dabei ist, aus dem Hochtrab ins Vergallopieren zu geraten, dann macht er auch nicht einfach Urlaub, dann „gebe (ich) die Berechtigung des Urlaubs allmählich zu.“ Ich, Cäsar Sloterdijk, gewähre mir und allen anderen Urlaub. Statt loszuprusten schreibt Klein das tatsächlich auf.

Manchmal gibt Sloterdijk den Schirrmacher – oder der hat bei ihm abgeschrieben – wenn er behauptet, die Rolle des Vermittlers, des Mediums sei von Personen auf Apparate verschoben worden. So, als ob die Apparate nicht von Menschen mit deren Interessen bedient würden: Hinter solchen mechanischen Vorhängen sind dann die Kräfte, denen die Apparate gehören, verschwunden und für nichts verantwortlich. So bleibt es nicht aus, dass der Philosoph die Binse zur Weisheit aufbläst: „Dass der Mensch ein Wesen ist, das im Kommen ist und im Gehen.“ Wenn er jetzt noch das Werden und Vergehen des Menschen nachschöbe, das Leben und Sterben, das Wachsen und Reifen, das Bleiben und Verschwinden, dann hätte er endgültig alle Trivialitäten abgearbeitet und könnte sich zu Ruhe setzen.

Doch nicht so Sloterdijk. In einem Gespräch mit dem Vitra Design-Museum (gegründet von einem Möbelhaus) führt er uns tiefer und tiefer in das Stop-and-Go menschlicher Existenz ein: „Der Sinn von Geburten im allgemeinen besteht wohl darin, dass Wesen, die von innen kommen, einen Ortswechsel vollziehen . . .“ Das formuliert der Berliner genauer und existenzphilosophischer, wenn er sagt: „Wenn Se reinkommen könn´ Se rausgucken.“ Weil der Philosoph solcher Abstraktion leider nicht fähig ist, muss er dann der Zeitschrift WIRTSCHAFTSWOCHE in einem Gespräch über Reichtum versichern: „In der PDS (Linkspartei) gibt es zudem einen linksfaschistischen Widerstandsblock, der unberechenbar ist, weil er ein antikapitalistisches Ressentiment organisiert.“ Wenn er das doch nicht organisieren würde, der Block, wäre er wenigstens berechenbar, sagt Sloterdijk. Ach. Und weil die Linkspartei ein Ressentiment, eine Abneigung gegen den Krieg und Hunger und Ausbeutung verursachenden Kapitalismus hat, deutet der Berufsphilosoph sie als linksfaschistisch. Als faschistisch galt und gilt die NSDAP. Die war mit allen nichtjüdischen Kapitalisten gut Freund. Mit Sloterdijk dürfen wir sie jetzt getrost vom Faschismusvorwurf freisprechen. Denn antikapitalistisch war sie wirklich nicht. Müssen Philosophen von irgendwas irgendeine eine Ahnung haben? Nö, sagt unser Peter und faselt weiter.

Manchmal allerdings ist Sloterdijk unschuldig. Dann sind es seine Gesprächspartner, die ihn geradezu zwingen dummes Zeug zu erzählen. So Arno Frank für die „taz“, wenn er zum Euro und der „Wohlstandssphäre Europa“ fragt als gäbe es kein Hartz Vier, keine Banlieues, keinen Hunger in Portugal oder Irland. Alles ist ihm wohlständig. Dann muss der Philosoph einfach von der singulären, europäischen Großstruktur schwärmen, Hauptsache groß, Inhalt beliebig. Oder wenn Mattussek für den SPIEGEL, eine Assistenzfrage nach der anderen stellend, fragt: „Bringt nicht Schröder jetzt jene Reformen auf dem Weg, die eigentlich die CDU in den achtziger Jahren hätte betreiben müssen?“ Da reicht für Sloterdijk kein einfaches JAWOLL, da muss er schnell noch die „Einheitspartei des Wohlstands“ beschwören und hat mit der Einheitspartei nicht mal unrecht. Auch wenn vom Wohlstand nur in den höheren Regionen die Rede sein kann. Schöner Höhepunkt bleibt Thomas Macho, der dem Slotedijk das „Haus der Sprache“ als „geheimnisvollen Ort“ zuschiebt, damit der dann erzählen kann, dass die „Menschwerdung der Nebeneffekt einer einzigartigen Verwöhnung“ sei und die Menschen deshalb ins Haus der Sprache eingezogen sind. Da ist selbst das biblische Märchenbuch genauer wenn es den Schöpfer zitiert, der den Menschen zuruft, dass sie ihr Brot mit Schweiß bezahlen müssen. Und bei Friedrich Engels hätte Sloterdijk nachlesen dürfen, dass die Sprache als erstes Handwerkszeug der Menschen entstanden ist.

Was dürfen wir alles lesen: Dass die französische Bourgeoisie vor der Revolution schlankweg zu den Ausgebeuteten gehörte. Als habe der Philosoph nie von zum Beispiel dem vorrevolutionären Jacques Necker gehört, schwerreicher Bankier und Getreidespekulant, der natürlich nicht ausgebeutet wurde sondern selbst ausbeutete. Wer das von den Anfängen des Kapitalismus nicht wissen will, der kommt dann nahtlos dazu, dass man doch den Arbeitslosen nicht immer als „Mängelwesen“ beschreiben solle, immerhin sei er doch frei von Arbeit. Und weil Sloterdijk in Wahrheit alles weiß, kommentiert er auch die Fußballweltmeisterschaft und kommt zu der verblüffenden Erkenntnis, dass der „entwickelte Kapitalismus“ den „Arbeiter in Spieler, in Börsianer“ verwandelt. So landen wir dann zwanghaft folgerichtig bei der These, dass die „über das Geld gesteuerte Meritokratie, wie sie über die Marktwirtschaft ermöglicht wurde, viel zur Entgiftung der sozialen Beziehungen beigetragen“ habe. Mal wieder verwechselt Sloterdijk die Meriten, die Verdienste, mit dem, was sich Milliardäre in die Tasche stecken und was die deutsche Sprache leider schon mit dem Wort „verdienen“ verschleiert. Und die Entgiftung sozialer Beziehungen wird man sich in der Art einer Kur des Doktor Eisenbart vorstellen müssen, der seine Patienten gern auch mit dem Todesschuss für immer kurierte: Gloria, Victoria, widewidewitt, bumm, bumm!

Der Herausgeber der Gesprächssammlung, Bernhard Klein, wirbt zu Beginn für das Buch mit der Behauptung, er lege ein „Florilegum“, eine Blütenlese vor. Wenn er damit hat sagen wollen, er versuche uns Falschgeld, Blüten anzudrehen, hat er so unrecht nicht. Denn wer wie Sloterdijk den Philosophen Hegel schlicht einen „Kollegen“ nennt, so als hätten er und Hegel am selben Abflussrohr geschraubt, der ordnet sich falsch ein, der kann vor lauter Klopfen auf die eigene Schulter den Fehlschuss nicht mehr hören. Der schafft es tatsächlich, ein gefälschtes Leben als richtig auszugeben.

Buchtitel: Ausgewählte Übertreibungen
Autor: Peter Sloterdijk
Verlag: Suhrkamp

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