Niedergang von Attac
Erstellt von DL-Redaktion am 12. Februar 2016
Erstarrte Bewegung
Ja es ist wirklich ruhig, sehr ruhig um Attac geworden. Aber sieht man sich ein wenig um, zum Beispiel in der Mitgliederliste von Attac, ahnt auch jeder gleich warum, denn sie sind satt geworden. So zumindest die, welche dem allgemeinen Beobachter bekannt sind. Die tummeln sich lange auf gut bezahlten Plätzen in den Parlamenten als Sklaven der verschiedensten Parteien.
Deren Interesse ist es nicht gerade mehr in einem unbezahlten Job noch Kärnerarbeiten zu verrichten und dort wo die Anführer nicht mehr als Vorbilder gelten, sind auch die wenigsten der Freizeit Beschäftigten bereit, für sie noch den Kopf hinzuhalten. Auch sind sie nun Personen welche den Parteilinien zu folgen haben, sonst werden sie in der sogenannten Demokratie nicht einmal auf den Parteilisten zu den Wahlen erscheinen, eher nicht daran interessiert sein, ihren Arbeitsplatz zu riskieren.
So schreibt denn auch Peter Grottian richtig: Der deutsche Michel und die deutsche Michaela vertrauen immer weniger den traditionellen Eliten – aber der Zulauf aus der jüngeren Generation zu den sozialen Bewegungen verebbt. So spannend scheint Attac bei den jungen Leuten nicht mehr zu sein: kein Wunder bei einem Medienkonsum von täglich 8 bis 10 Stunden der 16- bis 29-Jährigen. Das Gefährliche ist das doppelte Misstrauen der Bürgerinnen und Bürger – man vertraut weder Bänkern, Politikern und Gewerkschaftern noch den Akteuren aus den sozialen Bewegungen von Attac, Campact oder der Anti-AKW-Bewegung. Kurz: Man bleibt bestenfalls ratlos hocken.
Da werden die Probleme aus den Parteien selbstverständlich nach unten durchgereicht. Wer in den Parlamenten auch nach 10 und mehr Jahren keine, oder zumindest nur sehr geringe Erfolge nachweisen kann, dann in der Partei nach jede/n tritt, welche der eigenen Kariere nicht förderlich ist, zeigt sich auch in der APO nur dann, wenn er Unterstützung für sich selbst benötigt. So sehen wir sie als Sonntagsredner wo seit vielen Jahren eingeübte Sätze immer wieder aufs neue strapaziert werden und die blind folgende Meute auch immer kleiner wird. Ja, und Eliten, die haben es immer weniger nötig durch irre Reden mit hohlen Versprechungen auf sich aufmerksam zu machen. Als Politiker finden wir heute eher Menschen denen sonst niemand mehr Zuflucht gewährt. Typen ohne jegliches Rückgrat, wobei niemand wirklich weiß, wofür sie denn gerade heute noch stehen was sie morgen schon wieder vergessen haben.
Niedergang von Attac
von Peter Grottian
Misstrauen gegen die traditionellen Eliten ist weit verbreitet. Doch es fehlt auch an Vertrauen in soziale Bewegungen. Was bleibt? Ratlosigkeit.
Es ist still geworden um Attac. Vorbei scheinen die Zeiten von 2007 in Heiligendamm, in denen die NGO eine wichtige Scharnierfunktion zwischen radikalen und weniger radikalen Gruppierungen gegen die neoliberale Ausrichtung der Globalisierung hatte.
Die Mittlerrolle platzte bei der großen und gewaltgetränkten Demonstration in Rostock – und fegte mit wenigen Ausnahmen die Attac-Gründergeneration aus ihren Ämtern. Im Gedächtnis geblieben ist seitdem eine sinkende Präsenz: ein vorzeigbares Bankentribunal in Berlin, eine gelungene Antiprivatisierungskampagne gegen die Bahn; ein harmloses und nach der Bundestagswahl 2013 beerdigtes Bündnis mit Gewerkschaften und Sozialverbänden zur „Umfairteilung“; eine gescheiterte Verbindung zur Occupy-Bewegung, deren Reste man in der Blockupy-Bewegung gegen Austeritätspolitik und Finanzmärkte zu verbinden suchte: mit mäßigem Erfolg in der Mobilisierung, einer grundgesetzwidrig eingekesselten Demonstration in Frankfurt bis zu den zum Teil gewaltsamen Auseinandersetzungen um die Einweihung der EZB 2015 in Frankfurt.
Attac ist im Rahmen des sehr engen Blockupy-Bündnisses seitdem ohne ein erkennbares Anschlussprojekt. Die Internationalisierung mit Spanien, Italien und Griechenland hatte eher bescheidene Erfolge. Gegen TTIP, Tisa und Ceta gelang dann allerdings die Mobilisierung in einem beeindruckend breiten Bündnis mit 250.000 TeilnehmerInnen in Berlin.
Die letzte schlagzeilenträchtige Meldung zu Attac war dann die vorläufige Aberkennung der Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt Frankfurt. Sie wird vermutlich von den Gerichten gekippt werden und hat Attac bisher nicht erkennbar geschadet. Die Mitglieder zahlen ihre Beiträge, mit 170 Lokal- und ca. 40 bundesweiten Arbeitsgruppen sieht sich Attac einem bunten Feld von vielen Aufgaben verpflichtet. So bunt, dass eine wirkliche Prioritätensetzung schwer erkennbar ist. Attac zerfließt. Die Mischung aus NGO, sozialer Bewegung und Netzwerk: schwierig.
Nicht mehr ernst genommen
Aber warum ist es so still um Attac geworden? Könnte es sein, dass der „repräsentative Absolutismus“ (Wolf-Dieter Narr) die sozialen Bewegungen nicht mehr sehr ernst nehmen muss und dass diese Bewegungen selbst in erheblichen strukturellen Schwierigkeiten stecken? Und besteht das demokratische Problem darin, dass zwar der Verdruss an der repräsentativen Demokratie gewaltig angewachsen ist, aber die außerparlamentarischen Bewegungen daraus keinen Honig ziehen können?
Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen
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Fotoquelle: Wikipedia – Author Harald Bischoff –/– CC BY 3.0
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