Erinnert Euch an Bebel!
Erstellt von DL-Redaktion am 8. Oktober 2013
Remembering Bebel
Ja, das waren noch Zeiten möchten wir sagen. Zeiten als die Opposition noch Politiker in ihren Reihen hatte, welche mit Ideen und Einfühlungsvermögen für ihre Klientel stritten. Aber war das nicht auch die Zeit als noch nicht so viel Geld mit dem Monopoly Spiel der Politik verdient wurde? Hat sich der Politiker heute erst einmal innerhalb seiner Wahlgemeinschaft nach oben, auf einen vorderen Platz in der Wahlliste hoch geprügelt, öffnete sich für ihn das Tor zu einen goldenen Zeitalter. Eine Residenz in der Schlossallee, um bei diesen Monopoly Spiel zu bleiben
Schluss mit den Mühen des Alltags, dem buckeln und buhlen im täglichen Einerlei. Als Abgeordneter des Volkes schweben sie nun auf Wolke sieben und sind niemanden mehr Rechenschaft schuldig, es sei denn ihren Gewissen, welches aber für gewöhnlich bei den Auseinandersetzungen auf den Weg nach Oben schon nachhaltig beschädigt wurde. Ja, und dann wäre da auch noch die Verpflichtung seiner Wahlgemeinschaft gegenüber. Will man doch nach vier Jahren wieder im oberen Feld der Rangliste erscheinen. Na, ihr wisst sicher schon warum. Zurück in die Badstraße möchte niemand.
So wird auch heute die Aussage von Müntefering, dem Sauerländer, „Opposition ist Mist“ an oberster Stelle aller Betrachtungen bei den Koalitionsverhandlungen der SPD stehen. Dabei geht es mit Sicherheit nicht in erster Stelle um Mitgestaltung, sondern nur um Macht. Die Stehaufmännchen möchten in den Spuren ihrer Vorgänger Schröder und Clement, den Volksverkäufern wandeln, alles andere wäre ….Mist!
Was zählt heute noch eine Tradition von 150 Jahren, der Anspruch in den Spuren eines Bebel zu wandeln? Als Alibi ja, aber der war doch Mist. Die Schuhe von Schröder passen heute doch viel besser, sind weicher und auch besser gefüttert. Die sitzen und ersparen die leidigen Blasen. Beim Spurt um das Kapital.
Remembering Bebel
Es ist möglich, von jenseits der Regierungsbank Politik zu machen. Gerade die Sozialdemokraten wissen das. Sie könnten jetzt viel erreichen
Opposition ist Mist. Lasst das die anderen machen. Kein Wunder, dass der alte Spruch des gewesenen SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering dieser Tage besonders gern zitiert wird. Das lakonische Bonmot, mit dem er seine Bewerbungsrede für den SPD-Vorsitz 2004 krönte, passt zu dieser denkwürdigen Bundestagswahl wie die Faust aufs Auge. Und es verfehlt seine Suggestivwirkung nicht, wie nicht zuletzt das Votum des jüngsten SPD-Konvents gezeigt hat.
Nur: Was ist eigentlich schrecklicher? Dass der Spruch ständig in den Medien geloopt wurde? Oder der Spruch selbst? Im Nachhinein wundert man sich immer noch, dass es jemand mit dieser waghalsigen Formel überhaupt zum Chef der „größten der Parteien“ bringen konnte. Im Politikwissenschaftspropädeutikum wäre Müntefering mit dieser machiavellistischen Binse jedenfalls nicht durchgekommen.
Eine faszinierende Strategie
Denn als was anderes als eine oppositionelle Bewegung hat die Sozialdemokratie denn einst das Licht der Welt erblickt? Als Ferdinand Lassalle, August Bebel und Wilhelm Liebknecht Ende des 19. Jahrhunderts auf den Plan traten, schielten sie nicht darauf, mit dem Eisernen Kanzler Otto von Bismarck Koalitionsverhandlungen „auf Augenhöhe“ zu führen. Die neue soziale Bewegung sollte Merkels Vorgänger durch ihre bloße Existenz von der Bildfläche fegen. Auch ein Blick in die Weltgeschichte hätte Müntefering darüber belehren können, dass Opposition eine ebenso legitime wie faszinierende Strategie ist.
Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen
Fotoquelle: Wikipedia
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