DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Tunesiens kleines Glück

Erstellt von DL-Redaktion am 18. April 2014

Subventionierte Nudeln für Touristen

Getreidespeicher (Ghorfas) in Medenine

von Serge Halimi

Nachdem die arabischen Revolten weder in Ägypten noch in Syrien oder Libyen eine glückliche Entwicklung genommen haben, ist Tunesien zum Zufluchtsort all derer in der Region geworden, die einen Grund zur Hoffnung suchen. Zwar haben sich auch in Tunesien die sozialen Bestrebungen vom Beginn des Aufstands im Dezember 2010 allesamt nicht erfüllt, und innerhalb eines halben Jahres, in dem das Land am Abgrund stand, sind zwei linke Abgeordnete ermordet worden. Doch nach der endlos langen Krise gibt es nun eine Technokratenregierung der nationalen Einheit und eine neue Verfassung, für die Ende Januar 200 von 216 Abgeordneten gestimmt haben. Die Spannungen haben deutlich nachgelassen, eine Schonfrist hat begonnen.

Die Gegner der islamistischen Ennahda hatten befürchtet, sie werde sich im Staatsapparat einnisten und den Grundstein für eine neue Diktatur legen. Am Ende haben die Islamisten die Macht genauso friedlich wieder abgegeben, wie sie sie errungen hatten, wobei sie vom Internationalen Währungsfonds (IWF), von Algerien, den westlichen Staaten, den Arbeitgebern, dem Gewerkschaftsverband, der revolutionären Linken, den rechten Zentristen und der Menschenrechtsliga höflich aufgefordert wurden, zu „verschwinden“.

Die Ennahda hat nicht zuletzt deshalb nachgegeben, weil sie begriffen hatte, dass ihre Bilanz wenig vielversprechend und das internationale Kräfteverhältnis für den politischen Islam ungünstig war, der in der Türkei unter Druck geriet und in Ägypten vom Militär aus der Präsidentschaft verdrängt wurde. Laut Artikel 148 der neuen Verfassung sollen bis Ende 2014 in Tunesien Wahlen stattfinden. Revolution steht nicht mehr auf der Tagesordnung. Aber das Land kann wieder an den Aufbau seines eigenen kleinen Glücks glauben, eine Hoffnung, die in der arabischen Welt sehr selten geworden ist.

Quelle: Le Monde diplomatique >>>>> weiterlesen

———————————————————————————————————————————

Fotoquelle: Wikipedia – Author Michel-georges bernard

This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported, 2.5 Generic, 2.0 Generic and 1.0 Generic license.

Abgelegt unter Afrika, Regierung, Umwelt | Keine Kommentare »