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RENTENANGST

Krieg gegen Russland und China

Erstellt von Gast-Autor am 22. Januar 2016

Statt Krieg gegen den Terror?

Im Uhrzeigersinn von oben rechts: Die Ruinen des World Trade Centers nach den Anschlägen vom 11. September 2001; US-Soldaten mit einem Chinook in Afghanistan; Eine Bombe explodiert nahe einem US-Konvoi bei Bagdad; US Soldaten im Gefecht in Afghanistan

Autor: Jürgen Heiducoff
Datum: 21. Januar 2016

Der Autor war Soldat in zwei Armeen: In der NATIONALEN VOLKSARMEE der DDR und der BUNDESWEHR des Vereinigten Deutschland. Zuletzt war er militärpolitischer Berater der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Afghanistan. Sein letzter Rang: Oberstleutnant.

Das Jahr 2016 wird eine Reihe sicherheitspolitischer Highlights des Westens (Münchner Sicherheitskonferenz, Warschauer NATO – Gipfel, Weißbuch) bereit halten bevor nach der Amtsübernahme eines neuen US – Präsidenten erfahrungsgemäß eine Periode der Washingtoner Entscheidungsträgheit folgt. Ohne genau zu wissen, was der Osten (Russland und China) aktuell zur Sicherheitspolitik beizutragen hat, ist eine rege Diskussion in den deutschen Think Tanks mit vielen Konjunktiven losgebrochen. Die gefährlichste Entwicklung zeichnet sich in Richtung einer neuen nuklearen Abschreckung ab.

Wird der „Krieg gegen den Terror“ durch den „Krieg gegen Russland und China“ überlagert?
Das wäre ein Zweifrontenkrieg, denn das europäische Russland liegt im Osten und China im Westen von den „Staaten“ aus gesehen. Die Manöveraktivitäten der USA nebst Partnern sind die „Speerspitze“ nach Osten; die Präsenz der Navy nebst Überflügen von B – 52 – Kernwaffenträgern über das Südchinesische Meer und über Seoul ein Zeichen gegen Peking. Die Strategie der USA aus Hillary Clinton’s Beitrag „Amerikas Pazifisches Jahrhundert“ im US-Magazin „Foreign Policy“ vom November 2011 ist nie bestritten oder zurück genommen worden.
Nun ist nach dem durch Obama „als großen Erfolg starker Diplomatie“ gefeierten Atomabkommen mit dem Iran völlig unklar, welche Überraschungen der Friedensnobelpreisträger in seinen letzten Wochen noch auf Lager hat. Nur eines ist sicher: die europäischen Partner werden folgen.
Knüpft Obama an seine Prager Rede vor fast sieben Jahren an und leitet neue diplomatische Schritte zur Verwirklichung seiner Vision von einer Welt ohne Atomwaffen ein? Dann dürften die Genfer Gespräche über eine weltweite Ächtung und ein Verbot von Kernwaffen nicht weiter verzögert werden. Bisher versuchen US-Diplomaten gefolgt von denen anderer Nuklear- und NATO – Staaten diese Debatten gegen den Willen der Mehrzahl der Staaten in den Vereinten Nationen zu verhindern.

Warum modernisieren die USA die in Deutschland gelagerten Kernwaffen statt sie abzuziehen?
Verschärft Obama den Konfrontationskurs vor allem gegen Russland mit einer Neuauflage der nuklearen Abschreckung?
Das wäre dann die endgültige Abkehr der „führenden Demokratie“ von jeglicher Humanität und Vernunft in der Außenpolitik.
Die Nuklearstrategie als Experimentierfeld? Die Erprobung der modernisierten Kernwaffen der USA in Europa anzudrohen – ein „Symbol der Perversion menschlichen Denkens“ 1)
Soll die auf dem Gipfel in Wales erfundene „Speerspitze der NATO“ gegen Russland nuklearisiert werden?
Obama und der NATO – Gipfel in Warschau werden es zeigen.

Ist es ihm zuzutrauen? Yes, he can!

Und unser deutscher Beitrag? Wir schaffen das schon!

1) Egon Bahr’s Bezeichnung für Neutronenwaffen

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Grafikquelle   :

Collage aus Bildern des Krieges gegen den Terror: oben links: die Ruinen des World Trade Centers nach den Anschlägen vom 11. September 2001, oben rechts: US-Soldaten mit einem Chinook in Afghanistan, unten links: eine Bombe explodiert nahe einem US-Konvoi bei Bagdad, unten rechts: US-Soldaten im Gefecht in Afghanistan.

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Die Damen mit dem Kurzzeit–Gedächtnis

Erstellt von Gast-Autor am 12. Februar 2015

Der US-Vormund wird’s schon richten

CDU Parteitag 2014 by Olaf Kosinsky-16.jpg

Autor: Jürgen Heiducoff

Rationalgalerie

Datum: 11. Februar 2015

Deutschland hat zwei Damen, die viel Macht in außen- und sicherheitspolitischen Fragen auf sich vereinen. Doch am letzten Wochenende offenbarten sich in München mit ihrem Widerstand gegen Waffenlieferungen an die Ukraine bestimmte Gedächtnislücken. Der lobenswerte Wille, nicht zuzulassen, dass noch mehr Waffen in die waffenstarrende Ostukraine kommen, passt nicht so recht zu ihrer bisherigen Politik. War etwa beiden Damen aus dem Gedächtnis entfallen, dass sie durch die Übernahme von Verantwortung immer wieder gezielt zur Schaffung und Verlängerung von Konflikten und Kriegen beigetragen haben?

Die eine Dame ist Bundesministerin der Verteidigung Ursula von der Leyen. Sie hielt die Eröffnungsrede während der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz. Dort verkündete sie, dass sie gegen Waffenlieferungen an die Ukraine sei, weil das wie ein Brandbeschleuniger des Konflikts wirke und Russland provozieren könnte, die Lage zu eskalieren. Also kein Kriegskurs in Osteuropa, sondern Deeskalation. Eine gute Idee, wenn sie denn ernst gemeint ist.

Nur hat die Ministerin etwa schon vergessen, dass sie gut zwei Tage früher während des Treffens der Verteidigungsminister der NATO – Staaten in Brüssel für die deutliche Verstärkung der schnellen Eingreiftruppe NRF stimmte, die im Bedarfsfall an die Grenzen der Russischen Föderation verlegen soll? Also doch eine Provokation gegenüber Russland? Die Vorbereitungen laufen unaufhaltsam, ständige Stützpunkte mit Führungs- und Logistikexperten werden in sechs osteuropäischen Staaten eingerichtet, um die Kräfte der Eingreiftruppe aufzunehmen. Gegen wen Spezialtruppen ihre bis zum Automatismus antrainierten nicht gerade hoffähigen Killerpraktiken zum Einsatz bringen sollen, ist damit offenkundig. Also doch keine Deeskalation?

Hat die Ministerin vergessen, dass die Bundeswehr als die „Speerspitze“ dieser Eingreiftruppe die Führungsrolle übernehmen soll? Die Wortwahl der NATO – Strategen ist bezeichnend. Speere waren nie in erster Linie Verteidigungswaffen, sondern dienten stets der Jagd, dem Angriff. Die Horden schlichen sich aus ihren Lagern unweit vom Opfer, um es mit Speeren und Lanzen zu liquidieren. Geht es jetzt etwa um die Jagd des russischen Bären? Insbesondere eben die Russen verbinden aus ihrer historische Erfahrung sehr viele Ängste mit feindlichen Horden und deren Speerspitzen. Sollten diesmal die Horden aus dem Westen kommen?

All das sollte Frau von der Leyen in München nicht im Hinterkopf gehabt haben, als sie sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und damit gegen den Willen nicht weniger einflussreicher Teilnehmer der Sicherheitskonferenz aussprach? Wir haben eine außergewöhnlich intelligente Ministerin der Verteidigung. Wie ist also zu erklären, dass sie in diesem Fall so schnell vergessen, was sie selbst mit in Gang gesetzt hat?

Tagungen der Allianz wie die der Verteidigungsminister sind reine „Abnick – Veranstaltungen“. Die zu verabschiedenden Projekte stehen schon im Vorfeld fest. Sie sind in langwierigen Planungsprozessen erarbeitet worden. Die Dominanz der Vorstellungen und Interessen Washingtons im Charakter vieler militärischen Projekte muss sicher in diesem Zusammenhang nicht erwähnt werden. Und wenn eben die Dame aus dem Bendlerblock nicht explizit in die Erarbeitung solcher Projekte einbezogen war, dann ist es normal, wenn sich dies nicht so stark einprägt und leicht der Erinnerung entfällt. Bleibt nur die Sorge, dass die Ministerin nicht wieder vergisst, dass sie in München konsequent gegen Waffenlieferungen aus dem Westen für die Ukraine eintrat.

Die andere Dame ist die Kanzlerin – eine scharfe Analytikerin, die stets um alternativlose Lösungen ringt. Sie hat in den letzten Tagen plötzlich ihre Ader für Krisendiplomatie und ihre Friedensliebe entdeckt. „Militärisch ist diese Krise nicht zu lösen“, bekräftigte Merkel wiederholt in Bezug auf die Ukraine. Das Problem sei, dass man sich keine Situation vorstellen könne, in der eine verbesserte Ausrüstung der ukrainischen Armee dazu führe, Präsident Putin so zu beeindrucken, dass er glaube militärisch zu verlieren, hatte sie gesagt. Die Erkenntnis, dass der Konflikt in der Ukraine nicht militärisch zu lösen ist, ist natürlich richtig. Aber das war nie anders. Demnach hätte die Bundesregierung wesentlich früher zu einer diplomatischen Offensive übergehen können. Also nun ist auch die Kanzlerin für die friedliche Lösung des Konfliktes in Osteuropa.

Nur warum gilt das, was für den Ukraine-Krieg richtig ist, nicht auch für alle anderen Konflikte und Kriege der Gegenwart? Hat die Kanzlerin schon vergessen, dass unter ihrer Regierung Deutschland den dritten Platz beim Waffenexport weltweit beibehielt und so Kriege und Krisen anheizt? Hat sie vergessen, dass Waffenlieferungen und militärische Ausbildung immer nur für eine der Konfliktparteien im Nahen Osten, in Afrika oder Afghanistan laufende Konflikte nicht beendet, sondern verlängert? Hat sie etwa auch vergessen, dass ihre Ablehnung von Waffenlieferungen an die Ukraine vom großen Bruder nicht geteilt wird?

Nun musste die Kanzlerin nach Washington zum Rapport. Öffentlich heißt das, den eigenen Standpunkt erläutern. Entschieden wurde da gar nichts. Vor den Medien haben Merkel und Obama aneinander vorbei geredet, jeder beharrte gesichtswahrend auf seinem Standpunkt. Hinter verschlossenen Türen wird der US Präsident der Kanzlerin zu besserer Gedächtnisleistung verholfen haben. Auf dass sie und ihre Regierung die Priorität der transatlantischen Verbundenheit für ewig im Langzeitgedächtnis speichern mögen.

Wann kann sich Deutschland endlich von diesem Vormund befreien?

BERLINALE: Zwei deutsche Filme im Milieu

Die Kaputten machen alles kaputt, auch sich selbst

Von Uli Gellermann

Der Berlinale-Gemischtwaren-Laden schließt bald seine Leinwand. Auf dem Weg ins Finale haben die deutschen Filmemacher noch zwei ihrer Arbeiten an die Wand geworfen. Bei „Victoria“ von Sebastian Schipper ist ein cineastisches Experiment zu bewundern: Lange 140 Minuten lang legt Sturla Brandt Grovlen die Kamera nicht aus der Had, kein Schnitt berührte das Material in der Postproduktion: In einem biergetränkten Taumel ziehen vier Berliner Verlierer durch ihre Stadt, fangen eine Spanierin ein, womit ist schwer zu sagen, ihr Charme kann es nicht gewesen sein, und geraten fast versehentlich in einen Banküberfall. Die Jungs wirken echt, die spanische Schauspielerin Laia Costa meistert ihre verquere Rolle großartig, aber ein Krimi bleibt ein Krimi. Da hat schon mancher „Tatort“ mehr soziale Ab- und Hintergründe geliefert als der Film von Schippers. Das Milieu der Absteiger, erzählt „Vicotoria“, bleibt im Unten, das im Oben kommt nicht vor.

Andreas Dresen: Wie in Zelluloid geätzt steht der Namen des Filmemachers, der seine Ausbildung noch bei der DEFA genoss, in großen Lettern im Kopf von Kritikern und dem klügeren Teil des Kinopublikums. Nun legt er mit „Als wir träumten“ einen Film vor, der die Ost-Absteiger im nachwendlichen Leipzig zeigt. Schon die Eingangsbilder der Arbeit bechreiben einen der vier Jungs als Heroin-Krüppel in einem Keller-Versteck. Das Einstiegsversprechen wird bis zum Ende eingehalten: Aus den vier Protagonisten wird auch im weiteren Verlauf des Films nix. Wer bei den Figuren in Dresens früheren Filmen deren Entwicklung schätzte, reibt sich die Augen: Das Milieu am Rande Leipzigs ist in den frühen 90ern vom Autoklau, Scheibenklirren, Disco-Musik und Drogenhandel geprägt. Ein paar kriminelle Skins sorgen für jede Menge Schlägereien, eine Oma für den Rührfaktor und Rückblenden zur Schulzeit der Helden, als sie noch Junge Pioniere waren, ziehen eine dünne Linie vom falschen alten DDR-Selbstbild zu den neuen Moment-Aufnahmen. Es hat sich ausgeträumt, erzählt Dresen. Von der Treuhand, den irren Arbeitslosenzahlen jener Zeit, dem Abstieg der DDR-Eliten ins Nichts oder die Unterwerfung, wird nichts erwähnt. Das Unten verkommt, das Oben kommt nicht vor. Auch so geht deutsche Einheit. Belegt in zwei Filmen.


Grafikquelle :   CDU Bundesparteitag Dezember 2014 in Köln

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Das Deutsche Heer anno 2015

Erstellt von Gast-Autor am 10. Januar 2015

Die Treibjagd der Getriebenen

Autor: Jürgen Heiducoff

Rationalgalerie

Datum: 08. Januar 2015

Unser Autor Jürgen Heiducoff ist nach fast 40 Jahren Dienst in zwei deutschen Armeen Anhänger der Friedensbewegung geworden. Über 20 Jahre war er auf dem Gebiet der militärischen Rüstungskontrolle, der Vertrauens- und Sicherheitsbildung und Abrüstung tätig. Er wurde im Rang eines Oberstleutnant aus der Armee entlassen.

Das Grundgesetz begründet den Primat der Politik. Die militärische und Heeresführung haben den politischen Vorgaben zu folgen. Streitkräfte und Staat stehen in einem besonderen Treueverhältnis. Gut so, wenn die bestimmende Politik vernünftig und weitgehend den Interessen des Volkes entspricht. Gut so, wenn Demokratie funktioniert.
Doch immer öfter sind politische Entscheidungen nicht nachvollziehbar.
So werden auch die Herren der Führungsetagen des Deutschen Heeres von manchen politischen Vorgaben überrascht. Dann sind sie von der Politik Getriebene, obwohl sie doch selbst Treiber sein möchten.
Nach Aussagen des Inspekteurs des Heeres, Generalleutnant Bruno Kasdorf, soll die größte Teilstreitkraft „Treiber der internationalen Zusammenarbeit im Frieden und im Einsatz“ 1) sein und zugleich „das Projekt der Europaarmee vorantreiben“ 2). Noch vor weniger als drei Jahren verkündete sein Vorgänger, Generalleutnant Werner Freers während seines Besuches bei den Landstreitkräften der Russischen Föderation: „Das Heer versteht sich als Treiber sinnhafter Kooperation und … Zusammenarbeit mit Russland“ 3).
Wie unterschiedlich doch die politischen Vorgaben sind, wie sie doch das Deutsche Heer hin und her treiben.
Das Kommando Heer, das in der Strausberger Hardenberg-Kaserne untergebracht ist, legte zum Jahreswechsel in der zivilen Stadtverwaltung und in Schulen der Garnisonsstadt Wandkalender für das Jahr 2015 aus. 1) Dies ist sicher mit dem Wunsch verbunden, dass dieser Kalender mit Fotos von Heeressoldaten und ihren Waffen bei der Ausbildung in der Arktis und im Gebirge sowie im Einsatz in Afghanistan und Mali zivile Amtsstuben, Schulgebäude und Wohnzimmer schmücken möge. Die Bürger sollen sich daran gewöhnen, dass das Heer auf Gefecht und Krieg und auf das Eingreifen in Krisen und Kriege weltweit vorbereitet wird. Es soll ihnen ins Unterbewusstsein eingehen, dass dies in ihrem eigenen Interesse geschehe.
Auf der Frontpage dieses Kalenders und auf allen Seiten der Monate Januar bis Dezember 2015 wird das Zitat des Heeresinspekteurs „Das Deutsche Heer ist Treiber der internationalen Zusammenarbeit im Frieden und im Einsatz“ gebetsmühlenartig wiederholt.
Internationalität bei Streitkräften ist zunächst einmal gut. Damit könnten, wenn die Rechte und Pflichten aller beteiligten Nationen gleich wären, nationale Alleingänge eingeschränkt werden.
In vielen der kleinen Einsätze leisten deutsche Heeressoldaten gegenwärtig Ausbildungshilfe in Krisen- und Bürgerkriegsgebieten von Mali über den Sudan, Südsudan, für Somalia, im Irak bis nach Afghanistan. Sie bilden Soldaten oder auch Milizen oder Soldaten, die später zu Milizen überlaufen könnten, an vorher durch Deutschland gelieferten Waffen aus. Damit bleiben die Deutschen nicht mehr neutral. Sie unterstützen stets nur eine der momentanen Kriegsparteien. Dies führt in aller Regel nicht zur Beendigung der Gewalt, sondern oft erst richtig zum Auflodern der Kriegsbrände. Allein mit Waffenlieferungen und Ausbildung kann kein Konflikt beigelegt werden.
Leider stößt auch die internationale Zusammenarbeit des Deutschen Heeres an Grenzen, weil durch den politischen Willen nicht alle Staaten einbezogen werden. Selbst auf unserem von Kriegen geplagten Kontinent bleibt die militärische Integration auf die Staaten der Europäischen Union und der NATO beschränkt. Das führt zur Ausgrenzung der Armeen der restlichen Staaten Europas, besonders Russlands. Wen wundert es, wenn diese Länder den Weg zu einer „Europaarmee“ ebenso wie die Aufstellung einer NATO – Eingreiftruppe als gegen sie gerichtete Provokation empfinden ?
Das Heer als „Treiber“ ist selbst getrieben von einer Politik, die inzwischen leider auf Konfrontation in Europa zielt. Das am Ende eines langen erfolgreichen Prozesses der militärischen Sicherheits- und Vertrauensbildung erreichte Niveau der bilateralen Zusammenarbeit mit den Landstreitkräften der Russischen Föderation ist verspielt und vertrieben worden.
Überhaupt verstehe sich das Deutsche Heer als „Treiber und Vorreiter“ in der internationalen Zusammenarbeit innerhalb der Streitkräfte, hebt Kasdorf immer wieder hervor. 2) Deutschland treibt das Projekt der Europaarmee voran und das Deutsche Heer soll den künftigen Kern dieser bilden. Dies ist ein Prozess der Bündelung von Fähigkeiten der Streitkräfte der Staaten der Europäischen Union. Wenn eine künftige Europaarmee als Kampfverband für Europa verstanden wird, dann schließt dies Verteidigungsoperationen ein, aber auch eine Interventionsabsicht nicht kategorisch aus. Schließlich liegt die größte zusammenhängende Landmasse Europas außerhalb des Dislozierungsraumes der Europaarmee. Das Heer ist und bleibt Träger der Landoperationen, zu deren Kernaufgaben die Verteidigung, aber auch die Eroberung von Räumen und Geländepunkten gehören.
Noch im Juli 2012 fand im Rahmen einer gut entwickelten militärischen Kooperation der Bundeswehr mit den Streitkräften der Russischen Föderation ein Besuch des damaligen Heeresinspekteurs, Generalleutnant Werner Freers, bei russischen Verbänden statt. Der Besuch sei von Offenheit und Herzlichkeit geprägt gewesen. 3) Der deutsche General beendete die Reise mit einem positiven Fazit: „Das Heer versteht sich als Treiber sinnhafter Kooperation, von der alle beteiligten Partner Nutzen haben. Darüber hinaus bietet gerade die Zusammenarbeit mit Russland die Gelegenheit, weiteres wechselseitiges Vertrauen zu schaffen. Beide Aspekte hat dieser Besuch vorangebracht: Wir haben über sehr konkrete Kooperationsprojekte gesprochen – vor allem im Bereich Ausbildung. Und ich erkenne, wie der Dialog der zurückliegenden Jahre zwischen unseren beiden Heeren konkretes Vertrauen hat wachsen lassen – eine durchaus bemerkenswerte Entwicklung, nicht nur aus militärischer Sicht.“ 3)

Es lohnt ein Rückblick in die jüngere Geschichte. Die Zusammenarbeit zwischen der Reichswehr der Weimarer Republik und den Landstreitkräften Sowjetrusslands war in den 1920er Jahren sehr eng. Es wurden operative Konzepte und taktische Verfahren erörtert, Ausbildungsmethoden weiter entwickelt, ja sogar gemeinsame Übungen durchgeführt. Die beteiligten Offiziere beider Seiten lernten sich auch persönlich kennen und achten. All dies hinderte sie jedoch nicht daran, nur wenige Jahre später – getrieben von einer fanatischen Politik – ihre Truppen in einen unerbittlichen Vernichtungsfeldzug zu treiben.
Zum Einsatz des Heeres in weit entfernten Regionen dieser Welt gehört aber auch das Gefecht und damit die Pflicht zu töten, das Pech, Leid zu verursachen, auch gegenüber unbeteiligten Zivilisten und das Schicksal selbst getötet werden zu können. Das bedeutet auch, dass der Einsatz sich für den Heeressoldaten als Krieg abbilden kann. Verantwortung übernehmen irgendwo in der Welt bedeutet auch, zur Verantwortung gezogen werden zu können! Vieles des eben Dargelegten geht leider aus dem Betrachten des eingangs erwähnten Wandkalenders des Deutschen Heeres nicht hervor.

Vor einem reichlichen Monat erst hat Heeresinspekteur Kasdorf vor ehemaligen Generalen in Koblenz über die zukünftigen Herausforderungen für das Heergesprochen. 4) Mit einem Zitat von Wolfgang Ischinger machte er die sicherheitspolitische Lage deutlich: „Der Krieg ist als Element der Politik nach Europa zurückgekehrt.“ „Das Heer muss sich auf eine Vielzahl unterschiedlichster Einsatzgebiete mit unterschiedlichsten Anforderungen einstellen. Wir müssen das gesamte Spektrum vom Kämpfer, Helfer, Vermittler und Diplomaten abdecken können“, so Kasdorf zu den Herausforderungen des Heeres. 4)

Generalleutnant Kasdorf trug zwei Mal über viele Monate als Chef des Stabes der Internationalen Schutztruppe ISAF in Afghanistan Verantwortung. Er weiß, dass Verantwortung in einer solchen Position zu tragen auch bedeutet, sich mit Aufstandsbekämpfung und dem Tod und Leid ziviler Opfer auseinander zu setzen. Er gehört zu den Generalen der Bundeswehr mit der größten Einsatzerfahrung. Er hat Weitblick und ihm ist klar, wovon er spricht, wenn er an Ischingers Zitat anknüpft, das ich hier wiederhole: „Der Krieg ist als Element der Politik nach Europa zurückgekehrt.“ Daraus muss abgeleitet werden, dass auch der Landesverteidigung wieder eine höhere Gewichtung gegenüber den Auslandseinsätzen zukommen muss.
Nach dem Abzug der Kampftruppen aus Afghanistan ergibt sich eine Lage, die dem Deutschen Heer eine Atempause gönnt. Es muss zur Zeit nur kleine Kontingente, zum Teil nur Einsatzgruppen stellen. Diese sind jedoch oft kurzfristig zu bedienen. Das stellt andere Anforderungen an die Einsatzvorbereitung. Doch es wird nicht so bleiben. Die Welt verändert sich. Der Drang höchster politischer Verantwortungsträger unseres Landes, überall in der Welt, auch mit militärischen Mitteln Verantwortung zu übernehmen, ist besorgniserregend. Es werden mehr kleine, aber sicher auch größere Einsätze auf das Deutsche Heer zukommen. Das erfordert eine höhere Flexibilität der Ausbildung und ein breiteres Spektrum abrufbarer Fähigkeiten. Mehr Bedeutung muss einer spezifischen landeskundlichen Vorbereitung ausgerichtet auf Traditionen und Mentalität der Konfliktparteien und dem Kriegsvölkerrecht beigemessen werden. Aber auch Ausbildungsinhalte wie z.B. Kampf unter arktischen und tropischen Bedingungen, Gebirgsausbildung und Häuser-/Tunnelkampf bleiben ebenso wichtig wie die herkömmliche infanteristische Ausbildung und das Gefecht der verbundenen Waffen. Unter den Bedingungen einer kurzfristigen Entsendung darf die Qualität der Einsatzvorbereitung der Heeressoldaten nicht leiden.
Das Führungspersonal des Deutschen Heeres ist mit einsatzerprobten Generalen und Offizieren besetzt, die auch schon Erfahrungen im verfassungswidrigen Jugoslawienkrieg und den Folgeeinsätzen im Kosovo sammeln mussten. Diese beinhalten auch Erkenntnisse über Grenzen des militärischen Engagements in Krisen- und Kriegsgebieten und sich daraus ergebende Konsequenzen. Die Masse der Heeressoldaten ist zwar ausgebildet, aber bei weitem nicht alle verfügen über den nötigen Einsatzhintergrund. Damit würden Überraschungen nicht ausbleiben.
Dazu kommen Unzulänglichkeiten der Bewaffnung und Ausrüstung. Dies kann zu unvorhersehbar schwierigen Situationen führen. Die Frauen und Männer des Deutschen Heeres sind so diszipliniert, dass sie den Vorgaben der Politik uneingeschränkt folgen. Jedoch ist es wünschenswert, die kollektive Weisheit der Staatsbürger in Uniform des Heeres entsprechend der Konzepte der Inneren Führung in einer breiten sicherheitspolitischen Diskussion einzubringen und in den Prozess der politischen Entscheidungsfindung einzubeziehen.
Eine solche breite Debatte verteidigungspolitischer Fragen zwischen Politikern und Soldaten darf auch keine „Tabu“-Themen wie etwa die Konzentration auf die Verteidigung unseres Landes, analog der 1968 entwickelten jugoslawischen „Allgemeinen Volksverteidigung“ oder die Lösung aus den US – dominierten NATO – Strukturen aussparen. Den beteiligten Soldaten dürfen daraus keine Nachteile für die weitere berufliche Weiterentwicklung entstehen. Dies würde den großen Mangel, dass die Mehrzahl der politischen Entscheidungsträger kaum Erfahrungen über den Einsatz des Heeres bei Landoperationen und zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung, vom Gefecht, von Krieg, Tod und Leid haben, etwas kompensieren.
Ich erinnere an das Hauptmerkmal des Selbstverständnisses des Heeres: das Heer ist „Träger der Landoperationen im Rahmen von Einsätzen zum Schutz Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger, bei internationaler Konfliktverhütung und Krisenbewältigung, bei der Unterstützung der Bündnispartner, bei Rettung, Evakuierung und sonstigen Hilfeleistungen.“ 5)
Das zum Schutz Deutschlands und seiner Bürgerinnen und Bürger erforderliche Potential an Kernfähigkeiten des Deutschen Heeres darf nicht auf Kosten von zu viel Ausbildung für Auslandseinsätze verzettelt werden.
Primat der Politik: JA. Aber mehr feedback von den Erfahrungsträgern an die Politiker. Mehr Einbeziehung der Erkenntnisse der Staatsbürger in Uniform in den Prozess der politischen Entscheidungsfindung!
Am Ende bleibt die bange Frage „Wohin lässt sich das Deutsche Heer treiben ?“

Hier sei an Goethe erinnert:
„Du musst (treiben) steigen oder sinken,
Du musst herrschen und gewinnen
Oder dienen und verlieren,
Leiden oder triumphieren,
Amboss oder Hammer sein.“

1) http://www.deutschesheer.de/portal/a/heer/!ut/p/c4/04_SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK9jNTUIr3c0pySzNzUlMxEvezEnNS8lNQi_YJsR0UA97bRTQ!!/

2) http://www.welt.de/politik/deutschland/article130960888/Deutschland-treibt-das-Projekt-Europaarmee-voran.html

3) http://www.deutschesheer.de/portal/a/heer/!ut/p/c4/NYzBCoMwEET_aJMISulN8VJ6K4K1t20MZm1MZFnbSz–yaEzMAy8YdRDZUd804JCKWJQdzVZOj8_4J1jwJccLgSIaD2T9eIirOi50qaC9QhUihrLy-zApuikZJ4J5VwYJTHsiSUUcjBnAjSrSZu-07X-y3xP47Udmrox_aW7qX3b2h_zydiC/

4) http://www.deutschesheer.de/portal/a/heer/!ut/p/c4/NYyxDoMwDET_yA6oDHQDsXRlKXQzwSJpQ4IsQ5d-fEOl3kknnd7p8IHZkQ6_kPoUKeCAo_XX6Q2OWYBeunMIEMk68dYpR3iSk9IUF4jp4HXiX8H7-TQz2BRZz8xT9TkXIU0CWxINJ9lFMgE_42iKrjWV-av41H3TVmVd1d2t7XFb1-YLrDfhWA!!/

5) http://www.deutschesheer.de/portal/a/heer/!ut/p/c4/04_SB8K8xLLM9MSSzPy8xBz9CP3I5EyrpHK9jNTUIr3MvOICveLUnKTikrLUouKSxNS8lLzMYv2CbEdFAJpoS4A!/

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Fotoquelle: Wikipedia/Flickr – Urheber Donald Macauley

Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 2.0 generisch“ (US-amerikanisch) lizenziert.

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Wolffsohn befiehlt, USA folgen

Erstellt von Gast-Autor am 14. November 2014

Ein Bundeswehr-Lehrer teilt den den Nahen Osten auf

Autor: Jürgen Heiducoff

Rationalgalerie

Datum: 14. November 2014

Unser Autor war Offizier in der Nationalen Volksarmee der DDU und in der Bundeswehr des vereinten Deutschlands. Er verließ die Bundeswehr im Rang eines Oberstleutnant.

Der Historiker Prof. Dr. Michael Wolffsohn ist bekannt für klare und markante Äußerungen. Zuweilen erteilt er auch Empfehlungen für Politik und Militär. Neulich, am 23.10.2014 gab er im Weser Kurier unter der Überschrift „Klüger kämpfen“ Ratschläge für militärische Operationen gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) und zur Neugestaltung der internationalen Staatenordnung.

Dabei bescheinigte er der US Luftwaffe militärische Unfähigkeit, wenn sie die Panzer der Terrormilizen nicht treffe. In seinem Beitrag schlug er vor, im Kampf gegen den IS die Bombardements zu intensivieren, effiziente Eliteeinheiten mit hochmoderner Ausrüstung einzusetzen und die Kurden mit Panzern und schwerem Gerät auszurüsten. Jetzt, knapp drei Wochen nach der Veröffentlichung seiner Empfehlungen sieht es fast so aus, als folgten die Amerikaner diesen. In gewohnter Manier legt die US Air Force ganze Siedlungsgebiete in Schutt und Asche und versucht so „gezielt“ Führer des IS zu liquidieren. Dieses Terrorzuchtprogramm basiert auf den Erfahrungen der Kriege gegen Afghanistan, den Irak und Libyen. Es soll der Rüstungsindustrie Spitzenprofite und dem Präsidenten innenpolitisch Stärke garantieren.

Als Fazit gelangt der ehemalige Hochschullehrer an der Universität der Bundeswehr in München in seinem Artikel für die Weserregion zu der genialen Schlussfolgerung, man müsse Staatsgebilde infrage stellen und Grenzen neu ziehen. Syrien und Irak seien künstliche Gebilde. „Die verschiedenen Bevölkerungsgruppen wollten und wollen nicht unter dem vermeintlich gemeinsamen Dach Syrien oder Irak leben. Sie … wollen einen anderen Staat.“ Und weiter aus der Feder Wolffsohns: „Die nahöstliche Staatenordnung muss neu gedacht und neu gemacht werden. Das gilt nicht nur für die Sunniten, auch für Kurden und Schiiten in Nahost. Über Nahost hinaus gilt das für viele Krisenregionen der Welt. Auch für die Ukraine, Moldawien, Tschetschenien und, ja, Tibeter und chinesische Uiguren. Nur so wird Frieden einkehren.“ 1)

Diese Empfehlungen widersprechen den Grundregeln internationalen Rechts und sind zudem Beispiele maßloser Kompetenzüberschreitungen seitens des Autors. Es ist nicht das erste Mal, dass der Professor Gewalt und Krieg fordert. Er riet bereits Anfang März 2012 im Handelsblatt die Beteiligung Deutschlands und der Bundeswehr an einem Krieg gegen Syrien an. 2) Dieser Beitrag diente der Vorbereitung einer Konferenz der Rüstungsindustrie mit hochrangigen Vertretern aus Politik, Diplomatie und Militär.

Wolffsohn Gedanken damals: Die Lage in Syrien zwinge auch Deutschland dazu, Farbe zu bekennen. Sanktionen allein könnten das Blutvergießen nicht stoppen. Jetzt müssten Taten folgen – auch militärisch… Wer soll was wie tun? Ja, auch die Bundeswehr sei gefragt… anders als in Afghanistan, wo sie damit beschäftigt gewesen sei, sich selbst zu schützen. Prof. Dr. Wolffsohn schreckte nicht einmal davor zurück, sich zu einem Kriegsplaner, zum Strategen eines Angriffskrieges gegen Syrien aufzuschwingen. Der Bundeswehr, einer Parlamentsarmee, schrieb er zu: … den Syrern gegen ihren Mörder- Präsidenten (zu) helfen. Indem sie – gemeinsam mit anderen demokratischen Staaten – zumindest Waffen und Berater schickt, könnte sie die ersten Schritte einer humanitären Intervention proben – ohne Krieg zu führen. Jene Hilfe wäre für die Bundesregierung eine Frage der Glaubwürdigkeit, denn humanitäre Interventionen … zählen zu den künftigen Kernaufgaben der Bundeswehr. Und Wolffsohn präzisierte: Wie das funktionieren soll?

Zur (Bürger-)Kriegsverhinderung sei es in Syrien zu spät, die anderen Voraussetzungen jedoch gegeben und geboten. Waffenlieferungen und das Einschleusen militärischer Berater lassen sich am besten aus und mit dem Nato-Mitglied Türkei von dortigen Nato-Basen arrangieren. Schließlich entwarf Wolffsohn auch die konkrete Angriffsplanung für die NATO: Eine kleine NATO – Truppe mit arabischen Kontingenten, am sinnvollsten unter türkischer Führung, sollte eine Schutzzone im Nordwesten Syriens errichten. Sie müsste zugleich eine Flugverbotszone für syrische Flugzeuge sein. Die Bundesluftwaffe könnte sich beteiligen, ähnlich wie 1999 im Kosovo-Krieg. Eine zweite Schutzzone wäre aus Jordanien um Daraa im Süden Syriens zu errichten. Jordanien dürfte willig zustimmen. Es sei logisch und moralisch inkonsequent, den Anti-Diktatur-Kämpfern in Libyen zu helfen, aber den syrischen nicht.

Aber so konkrete Planungen sollten doch wirklich den Generälen überlassen bleiben. Die haben wesentlich mehr Erfahrungen, wie man in militärischen Operationen zum Schutze der Menschenrechte Unbeteiligte tötet, ihnen und der eigenen Truppe Leiden und Traumatisierung zufügt. Hat Wolffsohn bei alledem übersehen, dass die Menschenrechte auch für die Syrer gelten, selbstwenn sie auf der Seite des Präsidenten stehen? Wie sollen die Zivilisten geschützt werden, die zwischen die Fronten geraten? Doch dies ist nicht alles. Der Professor macht Weltpolitik und kalkuliert die möglichen Reaktionen großer Kernwaffenmächte und UNO Sicherheitsratsmitglieder im Falle eines Krieges gegen Syrien ein: Wortreich, doch tatenlos würden Russland und China schon beim ersten dünnen Anzeichen eines erneuten Waffengangs in einem arabischen Land protestieren, um bezüglich ihrer „Menschenrechtspolitik“ nicht weiter in die Defensive zu geraten. Russland fürchtet um seine syrische Marinebasis Tartus. Doch dafürwürde es keinen Krieg riskieren. 2) Hat der ehemalige Geschichtsprofessor an der Universität der Bundeswehr in München etwa zu wenig aus den Kriegen der Gegenwart und aus der Ungeeignetheit militärischer Gewalt bei der Lösung der Krisen, besonders im Nahen und Mittleren Osten gelernt?

Wolffsohn ist bekannt für provokative Bekenntnisse. In der „Welt“ schrieb er vor fast fünf Jahren: Angesichts der demografischen und geografischen Ossifizierung der Bundeswehr wackelt hier der altbundesdeutsche Westpfeiler ideologisch. 3) Dem Personal der Bundeswehr warf Wolffsohn mangelnde Bildung vor: Abiturienten kämen in der Regel aus wohlhabenderen Familien. Sie seien unter Wehrpflichtigen und Offizierenunterrepräsentiert. Zunehmend werde die Bundeswehr eine Unterschichtenarmee. Ich muss zugeben, nur schwer Wolffsohns Kausalität zwischen Bildungsgrad und Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen und sozialen Schicht folgen zu können. Will Wolffsohn eine Bundeswehr in den Krieg schicken, deren Personal an mangelnder Bildung leidet? Will er mit einer Unterschichtenarmee Krieg führen?

Für mich persönlich leite ich ab: Die Hälfte meiner fast 40 Dienstjahre war ich Offizier einer Unterschichtenarmee. Und durch meine geografische Herkunft verstärkte ich zudem den Prozess der Ossifizierung der Bundeswehr. Der Professor erlaubt sich, pflichtbewussten und mutigen Bundeswehrsoldaten vorzuwerfen, sie seien in Afghanistan nur damit beschäftigt gewesen, sich selbst zu schützen. Wie gelangte der ehemalige Professor zu solchen Feststellungen? Als Stabsoffizier der Bundeswehr habe ich mehr als drei Jahre in den Kriegsgebieten Afghanistans und Tschetscheniens Dienst getan. Herr Wolffsohn ist mir da nicht begegnet.Insgesamt fällt es schwer, in der Widersprüchlichkeit der Gedanken Wolffsohns ein klares Bekenntnis zu unseren demokratischen Traditionen und Werten zu erkennen.

Quellen:
1) http://www.wolffsohn.de/cms/images/Snippets_pdf/weser-kurier-is
2) http://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/syrien-der-westen-muss-jetzt-tatenfolgen-
lassen/6278568.html
3) http://www.welt.de/politik/deutschland/article4368744/Die-Bundeswehr-ist-eine-
Unterschichtenarmee.html

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Falscher Präsident, richtige Rede

Erstellt von Gast-Autor am 14. Oktober 2014

Was Gauck hätte sagen können aber nicht sagt

Autor: Jürgen Heiducoff

Rationalgalerie

Datum: 13. Oktober 2014

Was für ein Tag,
was für ein Volk,
was für ein König

Erst kürzlich fand unser geliebter König von Deutschland bei einer Festveranstaltung in Leipzig anlässlich des 25. Jahrestages der Großen Montagsdemonstrationen in seiner „Rede zur Demokratie“ deutliche Worte. Die DDR sei ein Rechtsstaat gewesen und es gab eine unabhängige Gerichtsbarkeit. Deshalb hätten dort auch weder Angst, noch Ohnmacht oder Willkür geherrscht. Wenn da 1989 nur nicht so viele Bürger zur Ausreise in den anderen deutschen Staat gezwungen worden wären. Vor allem Familien mit Kindern seien in den Westen gegangen, da dort so viele freie Plätze in den Kindereinrichtungen zur Verfügung standen. Die Mehrzahl der (Ausgerissenen) Ausgereisten fanden soziale Sicherheit, menschliche Wärme und Solidarität, die ihnen im Osten fehlten.

Der Präsident ist beliebt beim Volk, wenn er es einmal im Jahr im Schloss Bellevue empfängt. Da dürfen die Untertanen, nachdem sie beim Einlass genau visitiert worden sind, ihm ganz nah kommen und seine Wärme spüren. Sie sind schließlich das Volk und dürfen ihrem König begegnen, dem Unantastbaren, der auch seinen Bürgern gern zugesteht, hochkomplexe Themen zu beherrschen, darüber abzustimmen und so direkt mitzuregieren. Der König mag direkte Demokratie.
Es ist schon ein Wunder, dass solch fortschrittliche und liberale Gedanken einem Geist entspringen, der jahrzehntelang in seiner Heimat unterdrückt und deformiert wurde. Bereits in seiner Kindheit und Jugend ging er offen gegen die Ungerechtigkeit vor. In der ersten Linie des Kampfes für Demokratie und Freiheit war er immer zu finden.
Der König ist ein frommer Mann. Ob seine Gebete immer geholfen haben?

Neuerdings erlauben sich seine ehemaligen Pfarrerkollegen, aber auch Historiker ihn zu kritisieren.
Die ihm eigene weltanschauliche Toleranz, besonders gegenüber linken Überzeugungen resultiert offensichtlich aus seiner frühkindlichen antifaschistischen Erziehung.
Die über allem stehende Freiheit ist eben auch die Freiheit der Andersdenkenden.
Vor der Einheit unseres Vaterlandes sei die Freiheit gekommen. Da war plötzlich die lang ersehnte Freiheit des Kapitals und die Freiheit der Rüstungsbranchen.

Der Präsident lehnt es ab, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen oder gar innerstaatliche Protestbewegungen wie in Kiew oder in Hongkong zu unterstützen. So weit könne die Freiheit nun auch nicht gehen.
Alle Völker und Staaten behandelt der Präsident gleichwertig. Bedacht hat er die Folge seiner Staatsbesuche bestimmt. Besondere Achtung bringt er Russland und seinem Präsidentenkollegen Putin entgegen.
Und, nicht zuletzt: der Präsident lehnt es strickt ab, unbedacht internationale Verantwortung zu übernehmen, wenn es nicht unsere deutschen Werte sind, die andere verdrängen und wenn daraus Risiken entstehen könnten. Denn wir wollen (k)eine friedliche Welt. Vom Militär hält er sowieso nicht so viel. Da hat er offensichtlich sehr konkrete Kenntnisse, die aus seinem langen Dienst resultieren.
Er ist eben ein Präsident des Friedens!

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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber blu-news.org

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