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TTIP-Was ist Ihr Albtraum?

Erstellt von DL-Redaktion am 26. Mai 2014

TTIP-Was ist Ihr Albtraum?

TTIP EU-Handelskommissar Karel De Gucht versteht nicht, warum so viele Menschen gegen TTIP sind, das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA

INTERVIEW U. HERRMANN, M. KREUTZFELDT & K. SCHÖNEBERG

taz: Herr De Gucht, Ihre Amtszeit als Handelskommissar läuft bald ab. Wer wird dann künftig über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA verhandeln?

Karel De Gucht: Ich fände es sinnvoll, wenn ich Handelskommissar bliebe. TTIP soll 2015 abgeschlossen sein, da kann es sich die EU nicht leisten, sechs Monate oder gar ein Jahr zu verlieren, bis sich ein neuer Kommissar eingearbeitet hat. Aber natürlich entscheide nicht ich. Belgien müsste mich nominieren, dann würde es von der Anhörung im Europäischen Parlament und der Aufgabenverteilung in der neuen Kommission abhängen.

Die TTIP-Verhandlungen werden geheim geführt. Warum?

Das stimmt nicht. Wir verhandeln sehr transparent. Wir informieren permanent alle Beteiligten. Nicht nur das EU-Parlament und die Mitgliedsstaaten, sondern auch die NGOs. Während und nach jeder Verhandlungsrunde gibt es Konsultationen mit Hunderten von Kritikern.

Auf der Homepage der EU-Kommission gibt es Presseerklärungen, die die Geheimhaltung ausdrücklich verteidigen.

Wir haben gerade wieder EU-Verhandlungspositionen veröffentlicht. Sie können unsere Ziele alle nachlesen. Aber ich werde nicht alles veröffentlichen, wie interne Strategiepapiere oder Positionen der Amerikaner, die ich nur unter der ausdrücklichen Vorgabe erhalte, sie nicht an Dritte weiterzugeben. Das werde ich einfach nicht tun, das tut auch Deutschland nicht bei internationalen Verhandlungen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass einige der NGOs am liebsten an meiner rechten und meiner linken Seite sitzen würden, während ich verhandle. Aber das ist nicht deren Rolle. Sie bekommen alle Informationen, und sie dürfen mich gern kritisieren.

Das tun die NGOs ja. Was halten Sie von Pia Eberhardt?

Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen

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Fotoquelle: – Wikipedia – Author Evstafiev

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Die Gefragte

Erstellt von DL-Redaktion am 22. Mai 2014

Die Gefragte – Pia Eberhardt TTIP

File:2016-04-23 Anti-TTIP-Demonstration in Hannover, (10418).jpg

LOBBYISMUS Pia Eberhardt ist das Gesicht des Widerstands gegen TTIP. Sie klärt über das geplante Freihandelsabkommen auf – und provoziert dabei zunehmend rüde Attacken der Befürworter

 Autor: MALTE KREUTZFELDT

Ganze Straßenzüge mit glitzernden Fassaden sind im Europaviertel in Brüssel belegt von Unternehmensrepräsentanzen, Dachverbänden, spezialisierten Anwaltskanzleien und Agenturen. Geschätzte 20.000 Lobbyisten arbeiten hier, die überwältigende Mehrheit von ihnen im Auftrag von Industrie und Finanzwirtschaft. Pia Eberhardt kennt die einschlägigen Adressen. Auf Führungen für interessierte Gruppen informiert die 35-jährige Politologin regelmäßig über die Aktivitäten und den Einfluss der Industrie auf die Politik der Europäischen Kommission.

 Die Kräfteverhältnisse scheinen klar zu sein. Denn ihr eigener Arbeitgeber, die Anti-Lobby-Organisation Corporate Europe Observatory (CEO) verfügt über einen einzigen Büroraum mit bunt zusammengewürfelten Schreibtischen, an denen zwölf Mitarbeiter Platz finden.

In der Öffentlichkeit hat es die Industrie trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit derzeit allerdings schwer. Das Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU mit dem sperrigen Namen Transatlantic Trade and Investment Partnership – kurz TTIP – hätte sie gern wie gewohnt ohne größere Debatte durchgebracht. Stattdessen ist es nun eins der meistdiskutierten Themen im EU-Wahlkampf, berichten Politiker aller Parteien: Bei fast jeder größeren Kundgebung finden sich Anti-TTIP-Plakate im Publikum. Die Umweltorganisation BUND befragt im „TTIP-Check“ alle Kandidaten zu ihrer Haltung zum Abkommen. Aktivisten des Protestnetzwerks Campact haben fast 500.000 Unterschriften gesammelt und hängen kurz vor der Wahl 6,5 Millionen Info-Zettel an deutsche Haustüren.

Die Kritiker, die vor Einschnitten beim Umwelt- und Verbraucherschutz und vor wachsendem Einfluss auf die Politik warnen, finden Gehör, die Politik geht zunehmend auf Distanz.

Druckreif und sendefähig

In Deutschland hat die Kritik vor allem ein Gesicht: das von Pia Eberhardt. Als sie am Montagmorgen zusammen mit zwei Kollegen ihre spezielle TTIP-Lobby-Tour vor der EU-Generaldirektion für Handel beginnt, sind wieder 14 Journalisten aus verschiedenen Ländern erschienen, darunter Kamerateams von ARD und ZDF. Sie werden nicht enttäuscht. Die zierliche Frau mit der dunklen Kurzhaarfrisur, zwei Piercings im Gesicht und einem Tattoo aus Gartenmotiven auf dem Arm formuliert ihre Kritik am Freihandelsabkommen druckreif und sendefähig, auf Deutsch ebenso wie auf Englisch.

Und sie hat immer anschauliche Beispiele parat. Etwa zu den Klagen von Konzernen gegen politische Entscheidungen, die das Abkommen ermöglichen soll: „Hier sitzt die Kanzlei, die im Auftrag von Philip Morris die Regierung von Uruguay verklagt hat – weil große Gesundheitswarnungen auf Zigarettenschachteln nicht genug Platz für ihr Logo lassen“, sagt sie vor einem marmorverkleideten Bürogebäude in der Rue Montoyer.

Ihre Kölner Wohngemeinschaft, die eigentlich ihren Lebensmittelpunkt bildet, sieht Eberhardt derzeit nur selten – auch wenn sie offiziell nur eine 80-Prozent-Stelle hat und teils in Brüssel, teils in Köln arbeitet. In den 14 Tagen vor der Lobby-Führung war die TTIP-Expertin zu einem Fachgespräch der Grünen-Bundestagsfraktion, bei einer Fortbildung zu Investitionsschutz-Verträgen in Cleve, zu einer Diskussion vor der Attac-Gruppe Saarbrücken und für ein Interview beim Saarländischen Rundfunk. Zwischendurch versucht sie wenigstens einen Teil der vielen Mails von Medien, Politikern und Aktivisten zu beantworten, die ungelesen im E-Mail-Eingang ihres Laptops warten.

Überraschendes Interesse der Öffentlichkeit

Am vergangenen Donnerstag hält Eberhardt um 18 Uhr einen Vortrag bei Ver.di – zu dem statt der angemeldeten 35 Teilnehmer mehr als doppelt so viele kommen, so dass die Stühle trotz Verlegung in einen größeren Raum nicht reichen. Knapp zwei Stunden später wartet dann schon ein Wagen der Produktionsfirma von Anne Will vor dem Gebäude, um die Expertin ohne Pause direkt ins Studio der Talkshow zu bringen.

Die große Aufmerksamkeit ist ihr unangenehm, daraus macht sie keinen Hehl. Und auch ein bisschen unheimlich. „Fünfzehn Jahre lang hat sich kein Mensch für das Thema Welthandel interessiert“, sagt sie auf der Fahrt nach Berlin-Adlershof. „Und jetzt kann ich mich vor Anfragen kaum retten.“ Das liegt nicht nur daran, dass sie den trockenen Stoff lebendig erklären kann. Sie versteht auch mehr vom Thema als die meisten anderen.

Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen

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Author Foto: Bernd Schwabe in Hannover

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