Zu Gast in Silwingen
Erstellt von DL-Redaktion am Sonntag 19. August 2018
Miss Verstanden im Sammelbecken
Frage an den Apotheker: „Haben sie was gegen Ausländer“ ? Antwort: „Wie verzweifelt muss jemand sein, der es nicht erst mal in der Sammelbewegung „Aufstehen“ versucht“?
Von Oliver Maria Schmitt
Die Wahrheit zu Gast bei Sahra Wagenknecht und ihrem Hausdiener. Die Initiatorin von „Aufstehen“ ist in linker Hochform.
Die Spannung ist jetzt schon unerträglich. Am 4. September wird Sahra Wagenknecht der Weltöffentlichkeit ihre große, ihre neue Sammlungsbewegung „#Aufstehen“ präsentieren. In der Berliner Bundespressekonferenz, mit krassem Manifest, schickem Hashtag, einer mitreißenden Hymne – und der feierlichen Bekanntgabe von vierzig Hochprominenten.
Die unterstützen die gute linke Sache, haben „sich bisher aber noch nicht öffentlich geäußert und zur Bewegung bekannt“. Das teilte Wagenknechts Sprecher Oskar Lafontaine jüngst mit. Wer also wird dabei sein? Bislang ist ja nur bekannt, dass sich die Grünen-Rentnerin Antje Vollmer ebenfalls aufrappeln will. Exklusiv für die Wahrheit öffnet Sahra Wagenknecht nun Herz und Türen.
Merzig-Silwingen, ein gemütliches Dorf nahe der französischen Grenze. Strahlend lächelnd bittet uns die Fraktionschefin der Linkspartei in ihre Villa. Wagenknecht trägt ein dezentes Etui-Kleid in gebrochenem Taupe, dazu Kitten-Heels und eine Statement-Kette von Zalando. Das „schöne und kluge Aushängeschild der Linkspartei“ (SuperIllu) geleitet uns ins Wohnzimmer, einen Traum in Apricot und Shabby-Chic. Im Hintergrund schlurft ein alter, weißhaariger Mann durchs Zimmer. Der Hausdiener?
„Die Zeit der linken Spaltung ist vorbei!“, sagt die schöne Sozialistin, gießt uns Mezzo-Mix ein. Die #Aufstehen-Bewegung solle eine „Bewegung aller Linken“ sein, „und das schließt die AfD ausdrücklich mit ein – schließlich steht die AfD links von der SS, zumindest in Teilen“. Und wie kam sie auf den tollen Namen #Aufstehen? „Na ja, erst haben wir überlegt, die Bewegung WASG zu nennen, abgekürzt für WAgenknecht-Sahras Gemeinschaft, aber dann hat sich mein Mann im Rotweinrausch an den tollen Song von den Bots erinnert: ‚Alle Menschen, die ein besseres Leben wünschen, sollen aufstehn!’“ Jetzt kommt Leben in den alten Mann im Fernsehsessel. Er drückt sich hoch, plumpst ermattet wieder hinein.
Heute Links und Morgen Rechts – Politiker eben ! Hauptsache gut leben !
„Dass Konstantin Wecker öffentlich erklärt hat, nicht mitzumachen, das hat mich wütend und traurig gemacht“, bekennt die inzwischen überzeugte Saarländerin. „Denn Konstantin ist doch immer mit dabei, wenn es um viel Wind und wenig Wirkung geht.“ Stille im stilvoll eingerichteten Salon. Nur das Keuchen des alten Mannes ist zu hören. Er zappt.
Verrat an der Bewegung
„Wecker hat die Bewegung verraten“, sagt die elegante Hausdame. „Er hat nicht verstanden, dass es um etwas Großes geht, um Einigkeit. Sehen Sie – auch ich bin gespalten, suche meine innere Einheit: Ich bin charismatisch, zugleich aber auch ein scheues Reh. Einerseits bin ich Stil-Ikone, andererseits trage ich privat schon mal Schlabber-Couture und silberne Crocs. Die einen sehen in mir Rosa Luxemburg, die anderen Frida Kahlo. Dabei stehe ich Mutter Teresa viel näher.“ Betroffen reichen wir Sahra ein Taschentuch. Sie trocknet ihre Tränen.
„Ich sage immer: Probleme zu verschweigen ist nicht links. Und wir Linken haben ein Problem mit Rechtspopulismus und mit den Wahlergebnissen. Dass daran vor allem die Asyltouristen und Wirtschaftsflüchtlinge schuld sind, das will ich nicht behaupten! Das tun ja schon andere, zum Beispiel mein Mann.“
„Es gibt also einen Mann in Ihrem Leben?“, fragen wir, doch die süße Sozialistin winkt müde ab. „Einen? Ach woher denn – Tausende, ja Millionen! Sie kommen in Booten aus Afrika! Dabei wäre es doch das Humanste, man würde sie da einfach belassen – das spart Milliarden an Reisekosten!“ Ob sie denn etwas gegen Ausländer habe, wollen wir wissen und schauen streng in ihre kastanienbraunen Augen.
Flüchtlinge in Bouclé-Optik
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Die Adler-Apotheke in Leipzig
Urheber — Geisler Martin
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Sonntag 19. August 2018 um 10:03
Text Rote Blog
„Sahra Wagenknecht ruft nach einer Sammlungsbewegung der linken Parteien, und wenn man diesen Ruf hört, hat man zunächst einige grundsätzliche Fragen. Will sie, dass Deutschland so wird wie Frankreich, Spanien oder Großbritannien, wo neue linke Bewegungen die etablierten Parteiensysteme ins Wanken gebracht haben, indem sie den neoliberalen Kompromiss der letzten Jahre infrage stellen? War nicht die Linkspartei selbst einmal eine solche Bewegung? Und wenn das nicht mehr so ist, warum kümmert sich Wagenknecht nicht darum, ihre eigene Partei weiterzuentwickeln?
Man kommt der Antwort näher, wenn man auf die Inhalte blickt, die bislang im Zentrum von Wagenknechts Vorstoß und der öffentlichen Erklärungen ihrer Unterstützer stehen: Es ist der Wunsch nach einer politischen Linken, die sich stärker am Nationalstaat orientiert und gegenüber der Europäischen Union fundamentale Kritik übt. Liberalismus in der Migrationspolitik ist für Wagenknecht bloß ein Deckmantel für einen Kapitalismus, der stets auf der Suche nach günstiger Arbeitskraft ist und durch globale Konkurrenz die heimische Arbeiterklasse schwächt. Nun beklagt sich Wagenknecht zwar, dass ihr diese Haltung den Vorwurf einbringe, sie sei selbst nicht besser als die AfD. Doch die Linken-Chefin begeht einen Fehler, wenn sie liberale Werte als Neoliberalismus betrachtet. Denn ein Bruch mit diesen liberalen Werten würde auch einen Bruch mit dem postkommunistischen Erbe der Linken bedeuten – und in der Tat bräuchte es dann dafür eine neue Bewegung. Eine solche Bewegung würde jedoch mit großer Wahrscheinlichkeit von den Fremdenfeinden aufgesogen und wäre kaum mehr als ein linkes Anhängsel der Rechten.
Denn in den USA, Großbritannien, Ungarn, Polen und jetzt auch Italien wird klar, was das Ziel dieser extremen Rechten ist: Sie nutzen die fremdenfeindliche Stimmung, um den Staat umzubauen. Sie stehen gegen die Verfassung und die Institutionen der liberalen Demokratie. Diese Bewegungen werden noch lange Zeit präsent sein, denn in einer unruhigen Welt ist Feindseligkeit gegen Fremde eine mächtige Kraft. Sahra Wagenknecht und ihre Bündnispartner müssen sich sehr genau überlegen, ob es ihnen wirklich gelingen kann, diese mächtigen Kräfte nach links umzulenken. Oder ob sie bei dem Versuch nicht selbst mit in den Strudel gerissen werden.“