Wir schlittern in einen Krieg
Erstellt von DL-Redaktion am Samstag 3. Mai 2014
Russland-Forscher über die Ukrainekrise
Nicht Putin hat die Ukraine-Krise ausgelöst, sondern der Wunsch der USA, die Ukraine in die Nato zu holen, meint der US-amerikanische Russlandforscher Stephen Cohen. Merkel solle Obama heute beruhigen.
INTERVIEW DOROTHEA HAHN
taz: Herr Cohen, US-Präsident Barack Obama spricht jeden Tag über die Ukraine und Russland. Und in Kiew geben sich CIA-Chef John Brennan, US-Außenminister John Kerry und Vizepräsident Joe Biden die Klinke in die Hand. Wie wichtig ist die Ukraine für die USA?
Stephen Cohen: Die Ukraine ist so wichtig für die politische Führung der USA, dass sie einen Krieg mit Russland riskiert. Warum das so ist, lässt sich nur sehr schwer erkennen. Denn hier findet keine öffentliche Debatte über diese Krise statt. Dabei befinden wir uns an einem historischen Wendepunkt. Letzten Sonntag hat die New York Times berichtet, dass Obama im Wesentlichen einen neuen Kalten Krieg gegen Russland deklariert und sich die alte Politik der Eindämmung zu eigen gemacht hat.
Was ist die offizielle Erklärung?
Sie lautet, dass die arme Ukraine nur Demokratie und ökonomischen Wohlstand wollte – durch das europäische Partnerschaftsangebot an den damaligen Präsidenten Wiktor Janukowitsch vom November. Und dass Russland das verhindert habe. Manche meinen, dahinter stecke, dass Wladimir Putin die alte Sowjetunion zurückhaben will. Andere, dass er zu Hause Macht verliere und einen Krieg und Nationalismus brauche, um sich ein Schicksal wie Ägpytens Präsident Husni Mubarak oder Janukowitsch zu ersparen. Aber alle meinen, dass Amerika Putin stoppen muss. Weil er anderenfalls auch in die baltischen Staaten und nach Polen gehen würde.
Was ist daran so anders als in Deutschland?
In Deutschland gibt es eine Debatte und zumindest drei ehemalige Bundeskanzler, die die EU-Politik gegenüber Russland und der Ukraine kritisieren. Da sind Schröder und Schmidt. Und der Interessanteste ist Kohl. Er kennt die Geschichte der deutschen Vereinigung. Er weiß, welche Zusagen es damals an Russland gab. Unter anderem, dass die Nato nicht expandiert. Auch er hat die EU kritisiert. Und damit Merkel. In Amerika äußert kein Expräsident Kritik. Wo ist Bill Clinton? Er hat in den 90er Jahren die Freundschaft mit Russland versprochen. Er schweigt. Wo ist Jimmy Carter?
Wie erklären Sie das Schweigen der US-amerikanischen Elite?
Beide Parteien – Demokraten und Republikaner – sind tief verwickelt. Seit den 90er Jahren haben Clinton, Bush und Obama eine Politik gemacht, die Russland umzingelt.
Sie betrachten die Russlandpolitik der USA der letzten 20 Jahre als gescheitert?
Die Ukrainekrise ist ein kolossales Scheitern der US-Außenpolitik. Sie hat uns an den Rand eines Krieges gebracht. Und alle US-Präsidenten seit Clinton sind Komplizen.
Sehen Sie einen Zusammenhang mit der US-amerikanischen Umorientierung nach Asien?
Obamas Japan-Politik scheint gescheitert. Die westlichen Reaktionen auf die Krim und die Ukraine haben China näher an Russland gebracht. Ich würde sagen, wenn sich irgendwer zu Asien hinwendet, dann ist es Putin, nicht Obama.
Spielt Edward Snowden eine Rolle?
Wenn eines Tages die Geschichte geschrieben wird, wie wir ganz nah an einen Krieg mit Russland gekommen sind, müssen wir viel weiter zurückgehen.
Wie weit?
Es beginnt in den 90er Jahren, mit der Entscheidung, die Nato von Deutschland aus bis an die russische Grenze zu bewegen. Die Nato ist jetzt im Baltikum. Im November 2013, als das Angebot der EU an die Ukraine abgelehnt wurde, sehen wir zwei Dinge: die Edward-Snowden-Affäre und die Olympischen Spiele von Sotschi. Beide waren zentrale Teile der amerikanischen Berichterstattung über die Ukrainekrise. Aber die Spiele sind vorbei. Und Snowden ist nur eine Fußnote. Er wäre nicht in Russland, wenn wir ihm nicht den Pass abgenommen und lateinamerikanische Länder unter Druck gesetzt hätten. Und ohne die Ukrainekrise wäre Snowden heute vermutlich in Deutschland.
Was also ist der Plan hinter Obamas Russlandpolitik?
Die Ukraine in die Nato bringen. Darum geht es die ganze Zeit. Und Merkel, die 2008 gegen einen Nato-Beitritt der Ukraine war und die Russland versteht und die zumindest mit Putin reden kann – die arme Merkel ist in eine unmögliche Lage geraten. Wir hätten die ukrainische Situation im November an Merkel übergeben sollen. Sie hätte eine Lösung gefunden. Die Amerikaner sind viel zu ideologisch. Und Obama ist eindeutig nicht gut in Außenpolitik.
Wenige Stunden vor der Flucht von Janukowitsch aus Kiew waren drei europäische Außenminister in Kiew und haben mit ihm gesprochen. Einer davon war der deutsche. Sind nicht auch die drei – Steinmeier inklusive – mit gescheitert?
Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen
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Fotoquelle: Wikipedia – Vue de Yalta. Photo par Traroth sous GFDL.
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Samstag 3. Mai 2014 um 11:21
Unsere Gesellschaft wird von Verrückten geführt, für verrückte Ziele.
Ich glaube, wir werden von Wahnsinnigen gelenkt, zu einem wahnsinnigen Ende, und ich glaube, ich werde als Wahnsinniger eingesperrt, weil ich das sage. Das ist das wahnsinnige daran.
( J. Lennon, 1940-1980)
Samstag 3. Mai 2014 um 17:20
Da DIE LINKE immer wieder behauptet die Friedenspartei zu sein, weil sie gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr hier einmal das tatsächliche Abstimmungsverhalten bei 9 Namentlichen Abstimmungen im Bundestag dazu:
Datum Thema fehlend
10.04.2014 Beteiligung der Bundeswehr am EUFOR-Einsatz 8
09.04.2014 Beteiligung der Bundeswehr bei der Vernichtung 6
syrischer Chemiewaffen
03.04.2014 Beteiligung deutscher Streitkräfte an Ausbil- 6
dungsmission in Somalia
20.02.2014 Fortsetzung des Afghanistan-Einsatz (ISAF) 7
20.02.2014 Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Mali 11
29.01.2014 Fortsetzung des Patriot-Einsatzes in der Türkei 3
29.01.2014 Verlängerung des Anti-Terroreinsatzes im 3
Mittelmeer (OAE)
28.11.2013 Bundeswehreinsatz im Südsudan (UNMISS) 4
28.11.2013 Verlängerung Darfur-Einsatz der Bundeswehr 6
(UNAMID)
Die Fraktion hat 64 Mitglieder und (zu diesem Thema) eine durchschnittliche Fehlquote von 9,4%
Wozu sollte es wichtig sein dabei zu sein, wenn sie doch nicht daran teilnehmen ? Das gleiche gilt in verstärktem Maße auch für das EU-Parlament.