Wir alle sind Charlie & Ali
Erstellt von Redaktion am Freitag 9. Januar 2015
So viel Zeit zum Trauern hat der Westen nicht
Autor: U. Gellermann
Datum: 09. Januar 2015
Kaum eine erste Zeitungsseite, kaum ein TV-Sender, kaum eine Radiosendung, der in diesen Tagen auf den Slogan „Wir alle sind Charlie“ verzichten mag. Die zwölf in Paris ermordeten Redakteure der Zeitung „Charlie Hebdo“ erfahren Zuwendung und Trauer in aller Welt. Staatsoberhäupter kondolieren, Prominente geben Kund, Journalisten kommentieren: „Wir alle sind Charlie“.
Darf man die Zahl der Toten vergleichen? Jene mehr als eine Million Muslime, die im Ergebnis der US-Invasion in den Irak umgebracht wurden, jene mehr als 40.000 afghanische Zivilisten, die dem „Krieg gegen den Terror“ zum Opfer gefallen sind, jene etwa 50.000 Libyer, die auf dem Altar der NATO-Intervention verbrannt wurden, jene ungefähr 3.000 Tote im Resultat amerikanischer Drohnen-Hinrichtungen in Pakistan, darf man die mit den zwölf Toten in Paris vergleichen? Nein, darf man nicht. Denn jeder Tote ist einer zu viel.
Was man vergleichen darf ist das Maß an Trauer, an Mitleid, an Interesse, den diese oder jene Tote auslösen, ausgelöst haben. Die zumeist muslimischen Toten in den Kriegen des Westens in der islamisch geprägten Welt haben kein Gesicht, sie sind Statistik, Kollateralschäden am Wegesrand amerikanischer Geopolitik. Es sind auch so viele, wie sollte man da den einzelnen würdigen, selbst wenn man wollte. Aber man will auch nicht. Die Toten der Missionen, Interventionen, Einsätze, oder wie immer die Kriege genant werden, sind lästig. Sie könnten die Frage nach dem Warum auslösen.
Schon vor den Morden in Paris stellte eine Bertelsmann-Studie fest, dass sich fast 60 Prozent der Deutschen vom Islam bedroht fühlen. Das ist Ergebnis einer zwingenden Logik. Sind doch die Kriege des Westens in und gegen islamische Länder zumeist solche, die im Spiegel deutscher Medien und Politik der Freiheit dienen. Dem guten Ziel, die jeweilige Bevölkerung von ihren unnützen Herrschern, nützlichen Rohstoffen und schlechten Sitten und Gebräuchen zu befreien. Im Umkehrschluss sind diese Kriege gut und die Moslems böse: So entsteht Pegida.
Auf dem Trittbrett der Morde in Paris fahren die Truppen der CSU, die jetzt aber ganz schnell die Vorratsdatenspeicherung durchsetzten wollen, fährt der fröhliche Terror-Experte von der CDU, Wolfgang Bosbach, der „keine Handbreit Boden für Islamismus, für Salafismus“ hergeben will, als hätten die Salafisten bereits das Rheinland besetzt. Auf dem Epigonen-Brett steht auch die Schriftstellerin Monika Maron, die schon vorher wusste: Der Islam gehört nicht zu Deutschland! Sie war bereits vor Weihnachten gemeinsam mit ihrem Kollegen Peter Schneider in Dresden gewesen und ist mit der Diagnose zurückgekommen: „Pegida ist keine Krankheit, Pegida ist das Symptom“. So gibt denn der Schriftsteller Peter Schneider auch Entwarnung: Es gab „erstaunlich wenig Bierflaschen“ in Dresden.
Wir alle sind Charlie und Ali: Wenn man denn die vielen muslimischen Toten unter dem beliebten arabischen Namen Ali subsumieren darf. Aber diese Haltung würde ja die ideologischen Fronten auflösen, die so nützlich für die Kriege sind. Und außerdem: Der islamischen Toten sind zu viele. So viel Zeit zum Trauern kann der Westen einfach nicht aufbringen.
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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber Garitan
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Samstag 10. Januar 2015 um 7:49
Zitat: Schon vor den Morden in Paris stellte eine Bertelsmann-Studie fest, dass sich fast 60 Prozent der Deutschen vom Islam bedroht fühlen.
Laut Medien sind es aber nur knapp 40 Prozent.
Samstag 10. Januar 2015 um 11:35
Die Gefahr wurde systematisch kleingeredet.
Mehr gibt es dazu nicht zu schreiben.
Montag 12. Januar 2015 um 15:58
Die Mär von der muslimischen Mehrheit
von Elmar Theveßen
Der angeblich „seriösen“ Berichterstattung von ARD und ZDF schenke ich schon lange keinen Glauben mehr.