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(Weiter-) Bildungsauftrag

Erstellt von DL-Redaktion am Donnerstag 25. Mai 2023

Das Recht auf Aus- und Weiterbildung fristete lange ein Schattendasein.

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Ein Debattenbeitrag von Andreas Gran

Jetzt will die Ampelregierung durch ein neues Gesetz endlich mehr dafür tun. Mehr Geld soll in Bildung fließen, dies ist in einer Zeit hoher Militärausgaben ein wichtiges Signal.

Wer Zeit, Mühe und Geld in die eigene Ausbildung investiert, handelt vernünftig. Selbstvertrauen und soziale Anerkennung sprechen für lebenslange Bildung, neben verbesserten Chancen am Arbeitsmarkt. Die Bedeutung von Bildung ist bereits deshalb immens. Allerdings gibt es bekanntermaßen erhebliche Ungleichheit beim Zugang zu Bildung, obwohl dieser sogar in unseren Grundrechten hervorgehoben wird. Es ist ein wirklichkeitsferner Trugschluss zu glauben, dass Bildungschancen gleich seien, denn die erheblichen Unterschiede sind in Deutschland immer noch das Ergebnis der sozialen Herkunft.

Allerdings hat unser Staatswesen die Pflicht, allen eine Bildung zu ermöglichen – das ist der so genannte Bildungsauftrag. Vor diesem Hintergrund besteht die Schulpflicht. Mit dem Ende der nicht immer alltagstauglichen Schulbildung sind aber viele junge Leute keineswegs ausreichend qualifiziert für das Berufsleben – und deshalb endet die staatliche Verpflichtung, Bildung anzubieten, nicht bereits mit Erlangen irgendeines Schulabschlusses. Sie muss vielmehr die berufliche Aus- und Weiterbildung in weitaus stärkerem Maße im Blick haben. Alarmierend ist dabei, dass zahlreiche Bewerberinnen und Bewerber keinen Ausbildungsplatz finden, woraus eine sogenannte Ungelerntenquote von etwa 14 Prozent im Alter von 20 bis 34 Jahren resultiert. Arbeitslosigkeitsrisiken liegen auf der Hand.

Vor diesem Hintergrund will die Ampelregierung das „Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“ auf den Weg bringen. Im Entwurf sind die Probleme und Ziele erläutert, insbesondere Herausforderungen durch die Digitalisierung und die angestrebte Klimaneutralität, die wiederum verschärft werden durch die Energiekrise, Lieferkettenprobleme und einen erhöhten Ausbildungsbedarf. In Ergänzung zum „Qualifizierungschancengesetz“ und zum „Arbeit-von-Morgen-Gesetz“ erhofft sich die Regierung durch den weiteren Schritt mehr „Verständnis von Weiterbildung als präventive Investition zur Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit“.

Hierzu werden konkrete Maßnahmen versprochen: Die Beschäftigtenförderung soll vereinfacht werden. Diese soll nicht länger auf Berufe, die vom Strukturwandel betroffen sind, und sogenannte Engpassberufe begrenzt werden. Dabei soll die Planungssicherheit für die Arbeitgeber verbessert werden. Auch soll ein Qualifizierungsgeld eingeführt werden für Beschäftigte, denen „im besonderen Maße durch die Transformation der Arbeitswelt der Verlust von Arbeitsplätzen droht“, bei denen Weiterbildungen jedoch eine „zukunftssichere Beschäftigung im gleichen Unternehmen ermöglichen können“. Das Qualifizierungsgeld wäre ein Lohnersatz in Höhe von bis zu zwei Dritteln des Nettogehalts. Außerdem soll eine Ausbildungsgarantie eingeführt werden, die allen jungen Menschen ohne Berufsabschluss zu einer Berufsausbildung verhilft. Das folgt aus der EU-Initiative „Jugendgarantie“, wonach allen Angebote für Beschäftigung, Ausbildung oder Weiterbildung gemacht werden sollen, ohne in die Ausbildungsverantwortung der Wirtschaft einzugreifen. Ein Bestandteil davon ist die Einführung kurzer betrieblicher Praktika, etwa nach Abbruch von Studium oder Berufsausbildung. Und schließlich sollen finanzielle Anreize verlängert werden, damit berufliche Weiterbildung während einer Kurzarbeit möglich ist. Für die Arbeitgeber werden dazu Erleichterungen bei den Sozialversicherungsabgaben in Aussicht gestellt.

Das neue Gesetz führt dazu, dass mehr Geld in die Bildung fließt, und genau dies ist in einer Zeit hoher Militärausgaben ein wichtiges Signal – aus verschiedenen Gründen: Nur mit sozial ausgewogenen Maßnahmen für mehr Bildung kann gesellschaftlichen Spannungen durch die ohnehin bestehende Chancenungleichheit begegnet werden. Der sich verstärkende Rechtsextremismus ist nicht zuletzt die Folge von sozialen Konflikten und kruden Sündenbock-Theorien – Migrantinnen und Migranten sind demnach schuld an der eigenen Lage. Anstatt anderen Menschen die Schuld an der eigenen Situation zu geben, kann diese durch eigene Bildungserfolge verbessert werden.

In einem Sozialstaat und in einer Solidargemeinschaft ist zudem geboten, diejenigen zu unterstützen, denen Ausbildung – aus welchem Grund auch immer – nicht leichtfällt. Wenn finanzielle Aspekte problematisch sind, muss sozialstaatlich gefördert werden. Wer in der glücklichen Lage ist, selbst guten Zugang zur Bildung zu haben, sollte anerkennen, dass Mitmenschen solidarische Hilfe benötigen. Letztlich ist eine solche Investition sinnvoller, als später Missstände auszugleichen, denn es müssen die Ursachen angegangen werden, nicht nur Symptome.

Quelle      :           TAZ-online            >>>>>          weiterlesen     

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