Erstellt von Redaktion am Donnerstag 17. Juni 2021
Botschaften aus China über China
Ähnliches müsste doch vielen Menschen hier bekannt vorkommen !
China versucht, im Ausland ein bestimmtes Bild von sich zu zeichnen und beginnt zunehmend, die Öffentlichkeiten anderer Länder zu manipulieren. Deutschland scheint darauf nicht gut vorbereitet zu sein.
Ende Mai fordert der chinesische Staatschef Xi Jinping, man müsse »die Geschichte Chinas gut erzählen«. Er sagt das auf einer Sitzung des Politbüros mit dem Thema »Stärkung und Verbesserung der Auslandspropaganda«, und das ist der Grund, warum nicht nur die Sitzung, sondern auch die zu erwartenden Folgen für Europa außerordentlich interessant sind. Um nicht zu sagen: bedrohlich.
Denn China steigt immer stärker in das Geschäft der Manipulation der Öffentlichkeiten anderer Länder ein, und Europa – und speziell Deutschland – scheinen nicht besonders gut vorbereitet zu sein.
Eurozentrismus, nicht selten verbunden mit einer mittelgroßen Portion Rassismus, ist schon länger ein Problem weißer Menschen, wirksam für ungefähr alle anderen. Wie in einer ironischen Volte der Weltpolitik dreht sich seit einiger Zeit die europäische Hybris zu einem massiven Problem für den Kontinent selbst. Das Gefühl einer diffusen, oft irgendwie vulgär kulturell begründeten Überlegenheit bringt eine manchmal absurde Naivität durch Selbstüberschätzung mit sich – die wiederum ausgenutzt wird.
Von Putins Russland wissen wir schon länger, wie aggressiv, strategisch und clever die verschiedenen Organe des Staates samt ihrer Handlanger die europäischen Öffentlichkeiten manipulieren. Und wie geschickt sie dabei die deutsche, politische Plumpheit auszunutzen wissen. Wie in einer Dreifach-Zangenstrategie setzt Putin dabei einerseits auf Handlanger der Sorte Gerhard Schröder oder Matthias Platzeck, zweiterseits auf die oft antiamerikanisch und reaktionär gefärbte Gutgläubigkeit der deutschen Putin-Fanbase und dritterseits auf zielgerichtete Propaganda mithilfe redaktioneller und sozialer Medien. Stichwort: Trollfabriken.
China scheint in den meisten dieser Propagandadisziplinen zwar noch am Anfang zu stehen. Aber es gibt neben der Politbürositzung eine Reihe von Anzeichen, dass China den propagandistischen Einfluss weiter professionalisiert. Der regelmäßige geheime »Lagebericht Hybride Bedrohungen« der Bundesregierung etwa hebt am 14. Juni neben Russland vor allem China gesondert heraus.
Nach Einschätzung des zuständigen Referats des Bundesministeriums des Innern könnte ein – inzwischen gescheitertes – Schulprojekt im Baden-Württembergischen Heitersheim gar nicht das Ziel des »internationalen Austauschs« verfolgt haben, sondern hätte – Überraschung! – hauptsächlich der politischen Einflussnahme dienen sollen. Die dahinterstehenden chinesischen Investorengruppen mit sehr großer, persönlicher Nähe zu Kommunistischen Partei Chinas wurde aber gar nicht von der Politik aufgehalten. Sondern von einer Bürgerinitiative.
Es ist essenziell, zu bewerten, welches System besser ist
Eine der zentralen Figuren des Schulprojekts hat im Herbst 2020 in einem Interview Versatzstücke der chinesischen Propagandastrategie von sich gegeben. Auf seine Mitgliedschaft im chinesischen Scheinparlament angesprochen, sagte der Bildungsunternehmer: »Wir haben unterschiedliche politische Systeme. Ich will nicht bewerten, welches besser und welches schlechter ist. Letztlich streben wir alle nach Frieden und gutem Essen.« Jaja, die Uiguren vermutlich auch, möchte man antworten.
Die Formulierung des Investors ist deshalb so katastrophal, weil sie die kulturelle Gleichwertigkeit als Tarnung benutzt, um Diktatur und liberale Demokratie als gleichwertig hinzustellen. Der Investor möchte nicht bewerten, was besser und was schlechter ist – aber gerade in Deutschland muss die absolute Unverzichtbarkeit einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung im Bildungskontext feststehen. Alternativlos. Es ist essenziell, zu bewerten, welches System besser ist: die Nicht-Diktatur nämlich.
Die Schwierigkeit liegt darin, die moralische Überlegenheit des politischen Systems von der Nicht-Überlegenheit in Kultur und Gesellschaft zu trennen. Das gelingt umso weniger, je anfälliger jemand für rassistische Abwertung ist. Und wie groß die gegenüber asiatischstämmigen Menschen ist, hat sich in der Coronakrise erneut gezeigt.
Das Papier des Innenministeriums zur »Hybriden Bedrohung« nennt ein eindrucksvolles Beispiel für die beschriebene spektakuläre, politische Naivität auf höchster europäischer Ebene. Das EU-Parlament hat im Jahr 2020 im Rahmen der Coronakrise das Parlament mit Überwachungskameras von Hikvision ausgerüstet. Die können nämlich die Körpertemperatur von Vorbeigehenden messen und so Fieber frühzeitig erkennen. Das klitzekleine Problem: Hikvision gehört zu über 40 Prozent dem chinesischen Staat, ist der weltgrößte Überwachungskonzern und hat ziemlich sicher seine Finger bei der technologiegetriebenen Verfolgung der Uiguren im schmutzigen, menschenverachtenden Spiel.
Wie im Frühjahr 2021 bekannt wurde, fließen aus Hikvision-Kameras automatisch Daten auf einen chinesischen Server in Hangzhou ab. »Wartungsarbeiten, Cloud-Funktionen«, sagte die europäische Hikvision-Unternehmensvertretung. Erst im April 2021, nach dem lautstarken Protest von Parlamentsmitarbeitenden, entfernte das EU-Parlament die Hikvision-Kameras. Neben der diktatorischen Verstrickung des Überwachungskonzerns erschüttert dabei vor allem die beinahe schon lustige Unbedarftheit der Verantwortlichen.
Quelle : Der Spiegel-online >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — 2015 China WWII Parade (screenshot)
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Unten — Sascha Lobo; 10 Jahre Wikipedia; Party am 15.01.2011 in Berlin.…
Erstellt am Donnerstag 17. Juni 2021 um 12:31 und abgelegt unter Feuilleton, Medien, Positionen.
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