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Von Tuten und Blasen

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 2. Juli 2020

Aufruf zum gemeinsamen Blasen

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Vom Blasen zu Corona-Zeiten

Quelle       :      Scharf  —  Links

Kommentar von Georg Korfmacher, München

Kaum jemand hat etwas gegen Musik, aber beim Blasen scheiden sich die Geister. In unserer Zeit mit ihren vielfältigen Problemen fragt man sich schon, ob die Humanistische Vereinigung nichts Wichtigeres zu tun hat, als uns allen etwas blasen zu wollen, wie sie das in ihrem Newsletter vom 29.6.2020 anbietet.

Dabei soll es nicht um Virtuosität gehen, sondern nur um einen gemeinsamen Klang und um das „wichtigstes Ziel“, „miteinander in Kontakt zu kommen.“ In einem Brass-Ensemble Kontaktblech sollen technisch einfache Stücke aus der Romantik, über die Wiener Klassik, den Barock bis hin zu Gabrieli geblasen werden. Diese Repertoire passt nun aber gar nicht zusammen mit technisch einfachen Stücken. Wer schon einmal einer Blasmusik zugehört hat, weiß, wie schnell ein nicht perfekt geblasener Ton in eine allgemeine Kakophonie entartet, es sei denn, man gibt sich mit dumpfem Rumtata zufrieden. Bei diesem Ansinnen und in Anbetracht des bereits übergroßen Angebots drängt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Projekts auf.

Auch das Ziel, „miteinander in Kontakt zu kommen,“ ist für einen bayernweit agierenden Verband höchst fragwürdig. In einem Blas-Orchester wirken i.A. etwa 20 Bläser*innen zusammen, und hier sollen solche nur aus dem Raum Nürnberg angesprochen werden. Ist es wirklich Aufgabe eines humanistischen Verbandes, sich um 20 Bläser*innen in einer Stadt zu kümmern? Das riecht eher nach Aktionismus oder mangelnden humanistischen Themen. Denn, dass Menschen, die es gerne wollen, miteinander musizieren, ist nun wirklich kein speziell humanistisches Thema. Mehr Humanität als Blasmusik!

Dabei sind Humanisten gerade in der aktuellen Zeit des Umbruchs unserer Gesellschaft und Wirtschaft aufgerufen, ihre Einstellung zur selbstbestimmten Lebensführung in Harmonie mit dem Universum aktiv einzubringen. Das bedeutet, sich einsetzen gegen den menschenverachtenden Turbo-Kapitalismus, für die Würde und Rechte aller Menschen, für den Respekt der Tiere und die sinnvolle Nutzung unserer Natur. Als K.d.ö.R. genießt die Humanistische Vereinigung Privilegien, die ihr nicht nur besondere Freiheiten bringen, sondern vor allem auch Verpflichtungen mit öffentlichen Aufgaben gegenüber der Gesellschaft auferlegen. Ob da gemeinsames Blasen – und sei es noch so einfach oder schräg – dazugehört, darf hinterfragt werden, oder frei nach Shakespeare: „Blasen oder nicht Blasen, das ist hier die Frage…“

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Grafikquellen        :        Procesión del Santo Entierro, 2008. León, España.

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