Völkische Leitkultur
Erstellt von DL-Redaktion am Mittwoch 3. Mai 2017
Das Leid mit der Leitkultur
Leitkultur : Herr Puntila und sein ehemaliger Knecht Matti
Im Gleichschritt auf die Schulbank ?
von Heide Oestreich
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will eine Debatte über Leitkultur und hat dazu zehn Thesen veröffentlicht. Hier bekommt er sie.
Pünktlich zum Wahlkampf präsentiert am Wochenende Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wieder einmal eine Debatte zur deutschen Leitkultur. Leitkultur ist demnach in seinen 10 Thesen.
1. die Burka,
2. wenn man sich nicht bilden will,
3. wenn man nichts leistet,
4. wenn man sich nicht zur deutschen Geschichte bekennt,
5. wenn man „unsere Kulturnation“ nicht würdigt, in der jedes Schuljubiläum mit einem Konzert begangen wird,
6. wenn man die Kirchen (und auch die Moscheen und Synagogen) nicht für ihren Einsatz als Kitt der Gesellschaft würdigt,
7. wenn man unterschiedliche Lebensformen nicht akzeptiert,
8. wenn man kein „aufgeklärter Patriot“ ist: das ist jemand der sein Land liebt, aber andere nicht hasst,
9. wenn man die Westbindung Deutschlands nicht akzeptiert, und
10. kein gemeinsames kollektives Gedächtnis für gewonnene Weltmeisterschaften oder den regionalen Karneval hat.
Wir hätten da ein paar Fragen.
Ganz grundlegend: Warum soll die Meinung von Minister de Maizière (CDU) Leitkultur werden?
Wir haben Meinungsfreiheit, die Freiheit der persönlichen Lebensführung, übrigens auch eine negative Religionsfreiheit, die Kirchen, Moscheen und Synagogen nicht würdigen muss. Wir haben die Bildungsfreiheit, uns steht frei, unser Land oder andere Ländern zu lieben oder zu hassen, wir können gegen oder für die Westbindung sein. Warum sollten wir alle diese Freiheiten aufgeben? Um uns der Union anzuschließen? Bilden wir nicht eine Wertegemeinschaft innerhalb der EU? Sogar innerhalb der UNO? Jeglicher Vorschlag einer Leitkultur ist der Versuch, bestimmte Debatten stillzustellen, Meinungen zu diskreditieren und andere Kulturen abzuwerten. Eine Leitkultur widerspricht deshalb der freiheitlichen Demokratie. Warum sollte das jemand wollen?
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Kommentar vonChristian Rath
Einen Integrationskurs für den Innenminister, bitte!
Weltfremde Parteifolkore
Es ist Wahlkampf und der Innenminister wendet sich schulterklopfend an die eigene Klientel. Doch damit hat er den Anschluss in die Realität verpasst.
Innenminister Thomas de Maizière hat in der Bild am Sonntag eine „Leitkultur für Deutschland“ skizziert. Sie beschreibt „was uns leitet, was uns wichtig ist“. Er richtet sich damit vor allem an die Deutschen. Wenn sich möglichst viele von der Leitkultur leiten lassen, dann wird sie auch die Zuwanderer prägen und dann kann auch Integration gelingen.
Der Minister listet darin aber vor allem den Wertekanon aufgeklärt-konservativer CDU-WählerInnen auf: Bildung, Leistung, Geschichte, Religion, Patriotismus. Zur Begrüßung gibt man sich die Hand und man trägt keine Burka. Kein Wort hingegen über soziale Gerechtigkeit, kein Wort über Umweltschutz, kein Wort über Weltoffenheit. Deutschlands Wertekanon ist sicher bunter als de Maizières bürgerlich-biedere Beschreibung. Vermutlich wendet er sich vor allem schulterklopfend an die eigene Klientel. Es ist schließlich Wahlkampf.
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Grafikquelle : DL / privat — CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons