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US Richter B. Kavanaugh

Erstellt von DL-Redaktion am Dienstag 16. Oktober 2018

Vom Weinen und Wählen

File:Thomas Fischer Jurist B03-2016.jpg

Eine Kolumne von

Über den US-Richter Brett Kavanaugh wissen wir mittlerweile alles. Aber wie viel Bier trank eigentlich Bundesverfassungsrichter A. vor 40 Jahren? Welche Ansichten vertrat Richter C. vor 20 Jahren, und wie gelangte der Mensch D. auf die Wahlliste?

Semantik

Brett (ist das ein Vorname?) Kavanaugh ist, wie wir dank seit Monaten zweistündlich upgedateter Meldungen sämtlicher Presseorgane wissen, ein „erzkonservativer“ Richter. Ich habe versucht, die Quelle des „erz“ aufzuspüren, habe auch eine These dazu, kann sie aber nicht belegen. Jedenfalls ist „erz-irgendwas“ das Lieblingsattribut der deutschsprachigen Trump-kritischen Presse für Herrn Kavanaugh, einen mir (wie fast allen Deutschen) bis vor kurzem gänzlich unbekannten Menschen mit einer merkwürdig kindlichen Physiognomie (für die er, Bier hin oder her, nichts kann), einer dunkelhaarigen Gattin und zwei Töchtern. Dies muss als Beschreibung reichen. Außer erzkonservativ gibt es, glaube ich, noch „erzkatholisch“. Weitere Erz-Eigenschaften sind mir spontan nicht geläufig. Ich schließe aber nicht aus, dass es erzvegane, erzdumme oder auch erzinformierte Menschen mitten unter uns gibt.

Der erzkonservative Brett Kavanaugh seinerseits ist nicht am Amtsgericht Tirschenreuth und auch nicht am Kammergericht Berlin tätig. Eigentlich weiß, glaube ich, hierzulande überhaupt niemand so recht, wo er tätig ist oder war, was er je geschrieben oder geurteilt hat. Man weiß jetzt aber, wo der erzkonservative Kandidat demnächst tätig sein wird, falls und solange es nicht einem Erz-Engel einfällt, ihn überraschend vor ein noch höheres Gericht zu laden, an dessen Existenz der erzkonservative Richter dermaßen fest glaubt, dass ihn jedes Mal ein Zittern des Kinns befällt, wenn er nur daran denkt. Das ist sein gutes Recht, wie es in der Erzverfassung der USA steht, die jedem Deutschen seit 1949 ein Erzherzensanliegen ist: Der Zweite Verfassungszusatz der USA zum Beispiel ist dem Münchner wie der Berlinerin so vertraut und wichtig wie Art. 5 des Grundgesetzes.

Es wurde nun, wie man weiß, der erzkonservative Richter Kavanaugh einer peinlichen Beschuldigung und einer weithin vorgetäuschten Untersuchung unterworfen, bevor er sich zur Zierde des Juristenstandes, zur Leuchte der Gelehrsamkeit, zum Monolith der Gerechtigkeit zurückverwandelt und in sein wahres Selbst versetzt wurde: ein erzneutrales, erzunbefangenes und erzausgewogenes Kind. Er hat nämlich – ich schwör‘! – während seiner bis zum 41. Lebensjahr andauernden Erzreifezeit weder pornografische Gedanken noch erzgeile Körperkontakte gehabt und allenfalls gelegentlich ein bisschen Bier getrunken, wie man auf den Fotos unschwer sehen kann.

File:Brett Kavanaugh watches with his family as President Donald Trump signs his nomination.jpg

Man hat Herrn K. vorgeworfen, dass er im Alter von 17 Jahren eine bis drei Erzsauereien begangen habe. Die einen sagen so, die anderen sagen so. FBI-Special Agent Jerry Cotton ermittelte. Man weiß nicht, wie viele von seinen Gegnern mit dünnen Schlipsen und Lackschuhen dran glauben mussten. Sicher ist aber, dass es allesamt Erzprogressive waren, was in den USA mir dem schönen Wort „liberal“ beschrieben wird und sich daher ungefähr auf der Höhe des rechten CSU-Flügels befindet.

Weinen

Herr K. musste derweil viel weinen, vor allem im Fernsehen vor dem Justizausschuss, und wenn er abends betete. Auch das mögliche Opfer der dreieinhalb Jahrzehnte zurückliegenden möglicherweise stattgefundenen Sauerei weinte. Das Weinen ist dem Amerikaner und der Amerikanerin ein Grundbedürfnis: Man weint beim Anblick der Erzflagge, beim Anflug auf die Erzfreiheitsstatue und vorsichtshalber immer, wenn wieder einmal der „Bottom-of-my-Heart“ klopft, am besten der „Very Bottom“. Sie weinen, wenn sie knien, wenn sie stehen, wenn der Football-Verein ihrer Kleinstadt gewinnt und besonders stark, wenn die 12-jährige Tochter ihre Zahnspange gegen ihr erstes Intrauterinpessar eintauscht. Das darf man aber nicht sagen, weil man dann gleich wieder weinen muss, weil es so unbeschreiblich schön ist, dass all diese herrlichen reinen Kinder in diesem herrlichen Land aufwachsen dürfen, wo der warme Wind sanft über die Prärien des Fracking streicht und die wilden Mustangs über die Misfits kommen.

Man weiß gelegentlich gar nicht, woher das viele Weinen kommt. Vielleicht aus purer Überanstrengung an der weltgeschichtlichen Erzaufgabe, unser Sonnensystem fit zu machen für die nächsten 3.000 Jahre Digitalisierung im nicht stattfindenden Klimawandel. Dieser findet bekanntlich nur in California statt, wo Grateful Dead wohnten und der migrantische Bodybuilder Alexander Gauland aus Potsdam früher Gouverneur gewesen sein soll, bis er das Batmobil erfand.

Bier und Verfassung

Quelle     :         Spiegel-online           >>>>>          weiterlesen

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Grafikquellen    :

Oben     —           Thomas Fischer (geb. 1953) ist Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof

Source Own work
Author A.Savin (Wikimedia Commons · WikiPhotoSpace)
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Unten      —          Judge Brett Kavanaugh watches with his family as President Donald J. Trump signs the document Monday evening, July 9, 2018, in the Treaty Room of the WhiteHouse, naming Kavanaugh as his nominee to become the next Associate Justice of the Supreme Court of the United States. In the background: Signing of the Peace Protocol Between Spain and the United States, August 12, 1898 (1899), by Théobald Chartran (1849–1907)

Source https://twitter.com/Scavino45/status/1016513072285003776
Author Dan Scavino Jr., White House Director of Social Media and Assistant to the President

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This image is a work of an employee of the Executive Office of the President of the United States, taken or made as part of that person’s official duties. As a work of the U.S. federal government, the image is in the public domain.

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