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Nun kommt die SPD Basis

Erstellt von Redaktion am Dienstag 23. Januar 2018

SPD vor GroKo-Verhandlungen

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Wird die Basis die vorderen Stühle räumen ?

Von Stefan Reinecke

Die SPD-Spitze hat den Parteitag knapp überstanden. Groko-Gegner planen Kampagnen für das Votum der Mitglieder. Wackelt das Ja noch mal?

Am Tag danach loben viele in der SPD den Bonner Parteitag – Sieger wie Verlierer. Vielleicht, weil nicht ganz klar ist, wer gewonnen hat. Das letzte Match, das Basisvotum über den Koalitionsvertrag, steht noch bevor.

Yannick Haan (31), Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Berlin Alexanderplatz, ist froh, dass endlich mal auf einem Parteitag „die Stimmung an der Basis zur Sprache“ kam. Nun wartet der Groko-Gegner ab, was bei den Koalitionsverhandlungen herauskommt – ohne viel Hoffnung. Auch wenn die SPD bei den drei Bedingungen – mehr Härtefälle beim Familiennachzug, weniger prekäre Jobs, andere Honorarordnung von Ärzten – noch etwas durchsetzen könne, bleibt er skeptisch. „Das war eher ein taktisches Mittel, um die Mehrheit in Bonn zu bekommen“ so Haan.

Die Idee kam aus NRW, wo die Ablehnungsfront massiv ist. Michael Groschek (61), der kantige SPD-Chef in NRW, ist überzeugt, dass „wir mit dem Antrag viele Unentschlossene in das Ja-Lager gezogen haben“. Ein moderater Linker aus Berlin glaubt, dass „wir ohne Nachforderungen in Bonn untergegangen wären“. Auch viele Groko-Kritiker sind überrascht von dem Zuspruch. Auch ihre Tipps lagen zuvor eher bei 70 zu 30 als bei 56 zu 44.

Kommt die Anti-Groko-Bewegung jetzt also – vor dem Basisvotum über den Koalitionsvertrag – erst richtig in Schwung? Groschek sähe es lieber, wenn sich der Streit nun legen würde. „Wir müssen die Emotionen dämpfen. Und man sollte keine Kampagnen mehr fahren.“

Groko-Gegner wollen mobilisieren

Das sieht Hilde Mattheis (63), entschiedene Parteilinke und Chefin der Demokratischen Linken DL 21, anders. Jetzt hofft sie auf die „Chance, dass die Basis entscheidet“. Mattheis ist nach Bonn aufgeräumter Stimmung. Die Mitgliederzahlen der randständigen DL 21 wachsen – eine Folge der Politisierung der SPD. Derzeit sind es 1.200 GenossInnen, Tendenz steigend. Nun plant Mattheis eine deftige Kampagne. Titel: „Tritt ein, sag nein“. So sollen Mitglieder für die SPD geworben werden, um gegen die Groko zu streiten. Ein Vorbild dürfte die britische Momentum-Bewegung sein, die Mitglieder für Labour warb, um den Parteilinken Jeremy Corbyn zu unterstützen.

In Bonn wurde auch beschlossen, dass es beim Ringen um die Basis fair zugehen soll. Vor vier Jahren schaltete die Parteispitze teure Anzeigen in der Bild für die Groko, das Parteiblatt Vorwärts trommelte für die Regierungsbeteiligung. Das soll anders werden. Die „diskursive Bandbreite der Debatte soll abgebildet werden“, so der Beschluss in Bonn.

Auch Juso-Chef Kevin Kühnert, das Gesicht der Anti-Groko-Fraktion in der SPD, gibt längst nicht auf. Die Jusos planen eine No-Groko-Tour durch die Republik, sobald der Koalitionsvertrag durch ist.

War der Stoßseufzer der Parteispitze verfrüht?

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Gesine Schwan über die Große Koalition

„Merkels Glanz ist verblasst“

Das Interview mit Gesine Schwan führte : Stefan Reinecke

Die Sozialdemokraten sollten in der Großen Koalition eigenständiger werden, sagt Gesine Schwan. Vor allem müssten sie das Finanzministerium übernehmen.

taz: Frau Schwan, niemand aus der SPD-Spitze ist gegen die Regierungsbeteiligung – aber fast die Hälfte des Parteitags. Ist da etwas falsch gelaufen?

Gesine Schwan: Nein, ich bin kein Fan von Geschlossenheit. Aber in diesem Fall war es nötig, dass die Führung geschlossen aufgetreten ist. Sonst wäre über die Medien der Eindruck entstanden, dass es um Ranküne, Machtspiele und persönliche Ambition geht. So wurde die Debatte als ernst und sachlich wahrgenommen.

Die SPD erscheint mit Schulz’ Schlingerkurs als wankelmütig …

Mag sein. Aber ohne die erste Absage an die Große Koalition und ohne den aktuellen Widerstand in der SPD gegen diese Regierung hätte die Union die SPD doch über den Tisch gezogen. Der Streit in der SPD über die Regierungsbeteiligung und die Auseinandersetzung mit der Union nutzen der Demokratie. Denn das zeigt, dass diese Parteien doch unterschiedlich sind. Das hilft, um der AfD das Wasser abzugraben.

Ist Martin Schulz nach diesem knappen Ergebnis ein Parteichef auf Abruf?

Andrea Nahles hat die mitreißende Rede gehalten. Es gibt ja die Vermutung, dass Schulz auf längere Sicht Nahles weichen wird. Ich halte diese Frage für nicht so wichtig.

Warum?

Wichtiger als Personalien ist die Frage, ob die SPD in der Regierung eine andere Rolle spielen wird als in der letzten Koalition. 2013 hat Sigmar Gabriel die Devise ausgegeben, dass die SPD bloß nicht streitbar oder querulatorisch erscheinen dürfe – weil Merkel so populär war. Deshalb wollte Gabriel keine Eigenständigkeit der SPD. Es gab 2013 in der Wirtschafts- und Europapolitik zudem kaum eine erkennbar sozialdemokratische Politik.

Quelle    :    TAZ >>>>> weiterlesen

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Grafikquellen   :

Oben     —       „Sven Mandel / CC-BY-SA-4.0“

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Unten    —-      Gesine Schwan (2015)

 

 

 

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