Neue Studie zur Treuhand
Erstellt von DL-Redaktion am Freitag 1. Dezember 2017
Treuhand hieß „rigorose Unterwerfung“
Von Hanna Voß
Der radikale Privatisierungskurs kurz nach der Wende hat ein Trauma im Osten hinterlassen. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie.
BERLIN taz | Dezidiert linke Kritik wie diese hört man aus den Reihen der SPD nur noch selten: Als „Symbol eines brutalen, ungezügelten Kapitalismus“ hatte Iris Gleicke, die sozialdemokratische Ostbeauftragte der Bundesregierung, die Treuhandanstalt bezeichnet – und Wissenschaftler der Ruhr-Universität Bochum mit einer Studie (PDF) beauftragt: Sie sollten das Wirken und vor allem die Wirkung der Treuhand untersuchen, die noch in den letzten Tagen der DDR 1990 gegründet worden war. Ihr Zweck: volkseigene Betriebe und Kombinate „marktfähig“ machen – durch Sanierung, Privatisierung oder Schließung.
Jetzt wurde der mehr als 130 Seiten starke Abschlussbericht veröffentlicht, und er hilft dabei, die politischen Strukturen zu verstehen, die sich im Osten zusehends stabilisieren. Man muss sich das einmal vorstellen: Ausschließlich westdeutsche Industriemanager, Unternehmer und Beamte bekommen über Nacht die Verfügungsgewalt über 8.000 ostdeutsche Betriebe mit mehr als vier Millionen Beschäftigten.
Sie dürfen entscheiden, welche Firmen geschlossen oder ob Mitarbeitende zu Hunderttausenden entlassen werden. Und die BRD-Regierung unter Kanzler Helmut Kohl nennt das Ganze einen „alternativlosen Einsatz“.
Dabei gab es sehr wohl Überlegungen aus dem linken politischen Lager, die Treuhand nicht als eine rein betriebswirtschaftliche Agentur, sondern vielmehr als eine sozial und volkswirtschaftlich eingebundene Institution zu installieren. Doch der marktradikale Privatisierungskurs setzte sich durch.
Eine ostdeutsche „Bad Bank“
Die Treuhand wurde in der Erinnerung so zu einer „ostdeutschen Bad Bank“, schreiben die Autoren der Studie, die Bochumer Zeithistoriker Constantin Goschler und Marcus Böick. Weitgehend unbeachtet von öffentlichen, politischen oder wissenschaftlichen Wahrnehmungen habe sich so langfristig ein „ausgesprochen negativ konnotierter Erinnerungsort in der ostdeutschen (Teil-)Gesellschaft etabliert“.
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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Grafikquelle : Kotau vor einem chinesischen Yamen