Tipps für Herrn Sch.
Erstellt von Redaktion am Mittwoch 29. März 2017
Exklusive Fake News:
Eine Dokumentation der neuen SPD-Wahlkampftaktik
Heute noch Parteigenosse – Morgen durch die Brust geschossen !
Schlagloch von Mathias Greffrath
Vor mir liegt ein graues Papier. Es trägt keinen Briefkopf und keine Unterschrift. Die Vorstellung, dass es im Willy-Brandt-Haus verfasst wurde, erscheint mir wenig wahrscheinlich. Aber vielleicht wollte es ja jemand dort abgeben? Im Folgenden die Kernpunkte:
Newcomerappeal und die Homestory des abgestürzten und wieder aufgestandenen Kerls von unten, wolkige Wörter (Würde, Gerechtigkeit) und eine plakative, aber fiskalisch wenig verpflichtende Distanzierung von Hartz IV haben Sch. zu erstaunlichen demoskopischen Anfangsgewinnen geführt.
Potenzielle Wähler der SPD verspüren nicht nur eine Gerechtigkeitslücke, sondern ebenso stark Unbehagen über eine Politik der kleinen Räder angesichts großer Probleme und einen Wunsch nach genuin sozialdemokratischen Reformen. Wo die SPD solche nicht anbietet, wählt man die „regierende Sozialdemokratie“ – das hat die Wahl an der Saar gezeigt.
Die rhetorischen Motive Gerechtigkeit und Würde dürften in wenigen Wochen medial abgenutzt sein. Auch wenn die Konkurrenz auf Konkretionen drängt, sollte Sch. aber keinesfalls jetzt schon mit detaillierten Programmpunkten reagieren. Sie würden bis zum Sommer diskursiv zerrieben werden.
Für die nächste Phase empfehlen wir daher – auch wenn das gegen alle Wahlkampftraditionen geht – eine zupackende, illusionslose Analyse diverser Krisenphänomene. Die erwartbare Kritik, Sch. rede das Land schlecht, sollte er präventiv kontern mit dem Leitmotiv: „Sozialdemokraten stehen für Gerechtigkeit und Würde, vor allem aber sagen sie euch die Wahrheit über unsere Situation“ – immer mit dem Subtext: „Anders als zahlreiche Medien und Politiker glauben, haben viele Bürger die Lage längst begriffen.“
Sch. sollte an Orten, die symptomatisch für strukturelle Probleme mit existenzieller Bedeutung sind, nicht nur kurze Interviews oder Fototermine abhalten, sondern mit anspruchsvollen, empirisch fundierten und nichts beschönigenden Problemanalysen die Medien über den Frühsommer hinweg beschäftigen. Zu denken wäre hier insbesondere an Besuche von Institutionen wie Pflegeheime, Problemschulen, Betriebe, die gerade entlassen; an Autobahnbaustellen (drohende Privatisierung!), Polizeireviere etc; auch an die Teilnahme etwa an Demonstrationen gegen Gentrifizierung.
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
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Fotoquelle : Autor —
Verkündung der Wahl zum Parteivorsitzenden der SPD am 19. März 2017 in Berlin
Dieses Foto ist von Olaf Kosinsky Achtung: Dieses Bild ist nicht gemeinfrei. Es ist zwar frei benutzbar aber gesetzlich geschützt. This photo was created by Olaf Kosinsky Note: this
- CC BY-SA 3.0 de
- File:2017-03-19 Stimmergebnis SPD Parteitag by Olaf Kosinsky-7.jpg
- Created: 19 March 2017