Tarnen, Tricksen, Täuschen
Erstellt von Redaktion am Mittwoch 15. Juli 2020
NEUE WEHRPFLICHTDEBATTE
Quelle : Scharf — Links
Von Horst Hilse
„Oliv ist so praktisch, oliv ist so schön, hast du oliv an, kann dich keiner mehr sehn“
https://www.youtube.com/watch?v=pG26QSYGtp8
Die Spitzen von SPD und CDU haben sich anscheinend die Empfehlung des ehemaligen Bundeswehroffiziers Otto Walkes zunutze gemacht und trainieren fleissig den “ Tarnmodus.“
Desaster des Neoliberalismus
Nicht erst die Coronapolitik der Bundesregierung hat die seit 35 Jahren von der Politik betriebenen Zerstörungen im Gesundheits- und Pflegebereich etwas offensichtlicher in den Wahrnehmungs- fokus von Medien gerückt. Bereits vor dem Auftreten des Virus hatte eine Debatte über den maroden Zustand der Systeme der Daseinsfürsorge begonnen.
„Daseinsvorsorge“ bezeichnet die staatliche Aufgabe, Güter und Leistungen bereitzustellen, die für ein menschliches Dasein notwendig sind. Dies umfasst in der gegenwärtigen Phase des Kapitalismus u. a. auch die netzgebundene Daseinsfürsorge wie Energie- und Wasserversorgung, Verkehrsleistungen, Telekommunikation, Rundfunk, Straßenreinigung sowie Abwasser- und Müllentsorgung.
Verfassungsrechtlich im Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verankert, konkretisiert sich die Daseinsfürsorge u.a. in den Gemeindeordnungen der Bundesländer.
„Corona“ verdeutlichte, dass eine weitere Belastung des Gesundheitssystems schnell eine Überlastung und einen Zusammenbruch bewirken kann: Es fehlte an Masken, technischen Einrichtungen und vor allem an Personal. Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser und Gesundheitsämter konnten den Schutzmassnahmen der Hygiene nicht nachkommen. Überall fehlte es vor allem an Personal.
Militärhilfe gegen die Folgen neoliberaler Politik
Im „Weissbuch der Bundeswehr“von 2016 heisst es dazu vorausschauend: „Bereits das lokale und begrenzte Auftreten besonders ansteckender Erreger kann Strukturen überfordern und den Zusammenbruch medizinischer Versorgung oder staatlicher Ordnung bewirken. Regionale Desta- bilisierung kann die Folge sein. Gleichzeitig besteht das Risiko der regionalen oder globalen Verbreitung von Erregern. … Unser Gesundheitssystem kann in solchen Fällen vor immense Herausforderungen gestellt werden, die mit erheblichen wirtschaftlichen Folgekosten einhergehen.“
Die Einrichtung eines einjährigen „Freiwilligendienstes“ war von der Verteidigungsministerin bereits am 5. Juli „angedacht“ worden, bevor nun die SPD Wehrbeauftragte Högl nach ihren ersten Amtswochen diese Ide um die Wiedereinführung der „Allgemeinen Wehrpflicht“ erweiterte.
Denn auch die Armee braucht dringend Personalverstärkung, seit sich die Bundeswehr offen dazu bekennt, „Weltpolitik“ zu betreiben. Mit der Ausweitung dieser Debatte werden auch alle Widersprüche sichtbar, die in den deutschen Militärvorstellungen derzeit aufeinanderprallen. Das kann jedoch an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden und ist einer ausführlichen Debatte vorbehalten.
Bekämpfen wir solche Pläne
– Auch wenn sich der evangelische Militärbischof S. Rink als einer der ersten Unterstützer outet und es begrüßt, dass auch Frauen in die Wehrpläne einbezogen werden, – auch wenn eine Mehrheit der Deutschen mit 57% laut Umfrage ( dts Deutsche Textservice Nachrichtenagentur GmbH) für die Wiedereinführung der Allgemeinen Wehrpflich plädiert, wäre dies ein großer Rückschritt.
Die leidvolle Kette der systematischen Brutalisierung von Generationen deutscher Männer (seit den Schlesischen Kriegen 1740 und 1763 ) wurde mit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 durchbrochen. Das brutalisierte männliche Machogehabe wurde abgeschwächt und auf die üblichen kapitalismuskonformen Konkurrenzkämpfe ( hierarchisierte Hahnenkämpfe) reduziert. Die Erziehungsfunktion des Militärs für die Klassenjugend (Schule der Nation) erodierte. Das Männerbild veränderte sich langsam. Auf den Straßen tauchten immer häufiger Männer mit Kinderwagen und Babytragen am Körper auf. Auch Männerschmuck und Schminke traten seit 2011 zunehmend in Erscheinung. Grade in Deutschland mit seinen brutalisierten Verhaltensmustern ist dieser gesellschaftliche Fortschritt in den Zeiten allgemeiner gesellschaftlicher Regression zu verteidigen.
Resilienz und Ausbeutung? – Nein Danke !
Wer das militärische Abenteuer sucht, kann auch heute bereits freiwillig bei der Bundeswehr einsteigen. Trotz aller Propagandamassnahmen (Aufwändige Plakatwerbung, Werbung in Arbeitsämtern und Schulen) zieht die Idee bei der Jugend kaum.Im Gegenteil es formierten sich Proteste gegen diese Kampagnen. Es ist nicht zufällig, dass bei der ZDF Umfrage die Ablehnung einer Dienstpflicht bei den Wählern der Grünen( jüngste Wahlklientel) als einziger Partei überwog. Die Idee für einen erneuerten Freiwilligendienst ist eine Nebelkerze, denn das eigentliche Ziel der Verteidigungsministerin (CDU) ist die Einführung eines allgemeinen Pflichtjahres, eines verpflichtendes Dienstjahres an der Gesellschaft. Genau das hat Högl (SPD) nun offen angesprochen.
Patrick Keller, der Redenschreiber für Frau von der Leyen und Vorstand im BAKS (Bundesarbeitskonferenz Sicherheit) formuliert deutlicher:
„Derzeit werden im Verteidigungsministerium Pläne konkretisiert, wie dieser Baustein unter dem Titel „Dein Jahr für Deutschland“ gestaltet werden könnte. Gedacht ist an eine sechsmonatige militärische Grundausbildung, an die sich sechs Monate Dienst nahe des jeweiligen Heimatortes anschließen, vergleichbar mit den Aufgaben der Reserve. Solch eine Lösung würde die Verankerung der Bundeswehr in der Mitte der Gesellschaft stärken…. Bürgerinnen und Bürger bekämen einen Einblick in den Alltag der Bundeswehr, es wäre eine Chance für mehr Verständnis und Vertrauen. Auch steht zu erwarten, dass manche(r) sich nach dem Deutschlandjahr für eine weitere Karriere bei der Bundeswehr entscheidet. Von solcherlei erprobten Bewerbern kann die Bundeswehr nur profitieren. Nicht zuletzt ließen sich die Absolventen des Deutschlandjahres gut in die neu gefasste Strategie der Reserve einfügen. Gegenwärtig läuft in Bayern ein Pilotprojekt für ein Landesregiment der Reserve, das der Landes- und Bündnisverteidigung sowie dem Heimatschutz dient.“ …. https://www.baks.bund.de/de
Darum geht es: „Die Mitte der Gesellschaft „, „Verständnis und Vertrauen“ und damit letzlich die Stärkung der Widerstandskraft der Gesellschaften gegen unerwünschte Einflüsse (Resilienz)
Die Stärkung der Resilienz ist als Zielsetzung im “ Weissbuch der Bundeswehr 2016″ explizit aufgeführt. “ Arbeit ermöglicht soziale Teilhabe, gesellschaftliche Integration und Selbstbestätigung und ist damit ein wesentlicher Kitt für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Integration in die Erwerbsarbeit verleiht dem Leben der Menschen innere und äußere Struktur. Probleme bei der Erwerbsintegration und die frühe Erfahrung von Arbeitslosigkeit sowie die daraus häufig erwachsende Perspektivlosigkeit können Nährboden für Gewalt und Radikalisierung sein. Die Arbeitsmarktintegration junger Menschen ist daher eng mit Gewaltprävention verbunden und ein Schlüsselfaktor auch für unsere Sicherheit….. Die immensen gesellschaftlichen Kosten der Jugendarbeitslosigkeit und die aus ihr erwachsenden Gefährdungen für die öffentliche Sicherheit erfordern es umso mehr, alle gesellschaftlichen und politischen Kräfte zu mobilisieren, um diesen möglichst präventiv entgegenwirken zu können.“
Die Banane ist wichtiger als der Putzlappen oder eine Uniform
Dass derzeit die „Generation Corona“ die Krise ausbaden muss, macht den jetzigen Zeitpunkt des politischen Vorstoßes verständlich.Gemäß Ver.di haben 40% aller Studierenden ihren Nebenjob verloren und 41 % aller jungen Beschäftigten arbeiten bereits dauerhaft befristet.
Ausserdem gibt es einen immensen Bedarf an Arbeitskräften zu möglichst kostengünstigen Bedingungen in den Systemen der Daseinsvorsorge, deren militärischer Schutz ja seit einigen Jahrzehnten zum Ziel der Bundeswehr gehört ( Verteidigungspolitische Richtlinien). Der Vorstoß für die weitere Militarisierung wird dadurch verständlich.
Wir müssen uns überlegen, wie wir diesen Planungen entgegentreten können, die die Klassenjugend militarisiert und zur billigen Arbeitsreserve der Militärführung degradiert.
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Oben — Autor Lupus in Saxonia / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)
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