Auf eigene Rechnung
Erstellt von DL-Redaktion am 4. Oktober 2014
Keine gemeinsame Asylpolitik im Bundesrat
GRÜNE Vergeblich haben die Grünen versucht, eine gemeinsame Asylpolitik im Bundesrat zu formulieren. Nun keimen Zweifel an der Bund-Länder-Strategie. Sollten sich Partei und Fraktion von Länderfürsten wie Kretschmann emanzipieren?
VON ASTRID GEISLER
Der Anlass ist feierlich, die Grünen in Rheinland-Pfalz dürfen sich zum 35. Geburtstag gratulieren. Der Festredner Jürgen Trittin aber belässt es nicht beim nostalgischen Blick zurück. Der Weg von der APO in die Regierung bringe zwangsläufig schwierige Entscheidungen mit, erläutert der VIP-Gast. Dann kommt er zu einer Frage, die seine Partei umtreibt, seit Winfried Kretschmann als grüner Ministerpräsident Baden-Württembergs den umstrittenen Asylkompromiss mit der Großen Koalition möglich machte – gegen die Stimmen sechs anderer grün-mitregierter Länder. War dieser Alleingang richtig? Vor allem aber: Was folgt daraus für die Partei?
Das Meinungsbild unter Spitzen-Grünen ist unübersichtlich, die Stimmung geladen. Trittin selbst hatte noch kurz vor der Bundesratssitzung vergeblich vor einem Kompromiss gewarnt, der die „nicht akzeptable Menschenrechtssituation“ in Bosnien, Serbien und Mazedonien „für nicht existent erklärt“. Nun aber zu behaupten, Baden-Württemberg habe besondere realpolitische Verantwortung gezeigt, während die anderen aus bloßer Gesinnung entschieden hätten – Trittin findet das bodenlos. Realpolitik, sagt er, wäre es gewesen, den Ländern mehr Geld für eine anständige Versorgung der Flüchtlinge zu geben.
Zwei Wochen geht es nun schon hin und her zwischen Hauptstadt und Landesebene. Der grüne Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn attestierte der Grünen-Spitze in Berlin „Führungsversagen“. Die Bundespartei solle sich „mal überlegen, warum eigentlich die baden-württembergischen Grünen so erfolgreich sind“, richtete er via Regionalpresse aus. Freiburgs grüner Oberbürgermeister Dieter Salomon lobte, in Baden-Württemberg trage man „nicht nur ideologisch und theoretisch, sondern ganz pragmatisch Verantwortung“. Er habe nur den Eindruck, dass weder Partei- noch Fraktionsspitze in Berlin wüssten, wo sie mit den Grünen hinwollten. Aus Berlin kantete Fraktionschef Anton Hofreiter zurück, es sei „nicht akzeptabel, wenn nun die Bundesspitze für die Uneinigkeit unter den Ländern verantwortlich gemacht wird“. Landesgrüne könnten nicht die gesamte Partei als „ideologisch diskreditieren“.
Die Grünen-Spitze allerdings muss sich fragen, was nun aus ihrer Bund-Länder-Strategie werden soll. Seit dem Misserfolg bei der Bundestagswahl betonten Spitzen-Grüne gern, wie stark ihre Partei über den Bundesrat nach wie vor sei – schließlich säßen die Grünen zwar nicht in der Bundesregierung, könnten aber bei Bedarf dank ihrer grünen Länder-Vetomacht die Große Koalition auflaufen lassen. Beim Asylkompromiss allerdings kam es anders. Der Keil, den die Grünen in die schwarz-rote Regierungspolitik treiben wollten, spaltete sie krachend selbst.
Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen
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