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RENTENANGST

Hedy Epstein, immer im Dienst

Erstellt von DL-Redaktion am 2. September 2014

US-amerikanische Bürgerrechtsaktivistin

Als Kind ist Hedy Epstein dem Holocaust entkommen. Seither kämpft sie – gegen „schlimme Dinge“ wie Rassismus und Krieg. Kritik an Israel nehmen ihr viele übel.

AUS ST. LOUIS DOROTHEA HAHN

„Das ist meine Dienstuniform“, sagt die alte Dame lachend und zupft an ihrem schwarzen T-Shirt. „Stay Human“ steht darauf in großen weißen Buchstaben. Sie hat es bei vielen Demonstrationen getragen. Auch am 18. August, bei dem Sit-in vor dem Eingang zum Amtssitz des Gouverneurs von Missouri, wo die Teilnehmer den sofortigen Abzug der Soldaten der Nationalgarde aus Ferguson verlangen und den heranrückenden Polizisten zurufen: „Wem dient ihr? Wen schützt Ihr?“ Wenig später wird sie von zwei Polizistinnen abgeführt, die sie beide um einen Kopf überragen. Ihr hölzerner Gehstock baumelt zwischen der Plastikfessel auf ihrem Rücken, die so fest zugezogen ist, dass sie am nächsten Tag blaue Flecken an den Handgelenken haben wird. Sie ist zu konzentriert, um mitzukriegen, dass ihr die Umstehenden applaudieren. Die Nachrichtenagenturen melden: „90-jährige Holocaust-Überlebende bei Protesten gegen Polizeigewalt in Ferguson in Handschellen abgeführt“.

Erste Beobachtungen

Hedy Epstein hat am 15. August bei sich in St. Louis ihren runden Geburtstag gefeiert. Als die letzten Gäste abgereist sind und Freunde fragen, ob sie zum Wainwright-Gebäude mitkommen will, wo der Gouverneur ein Büro hat, zögert sie keinen Moment. Die Stadt ist seit 53 Jahren ihr Zuhause. Das Thema ist ihr wichtig. Und sie hat Erfahrung mit gewaltfreiem Widerstand.

„Gewundert hat es mich nicht“, sagt sie über den Ausbruch von Wut, der auf die tödlichen Schüsse eines weißen Polizisten auf einen unbewaffneten schwarzen Teenager in Ferguson gefolgt ist. „Wenn man Leute unterdrückt und ihnen nicht dieselben Chancen gibt, kommt es irgendwann zu einer Explosion.“

Von ihrer Hochparterrewohnung in einem Backsteinhaus in St. Louis aus ist die Vorstadt Ferguson eine knappe halbe Autostunde entfernt. Den toten Michael Brown hat sie nicht gekannt. Aber das Misstrauen und die Vorurteile gegen Afroamerikaner gehören zu den ersten Dingen, die sie beobachtet hat, als sie 1948 in das Land kam, das ihre neue Heimat werden sollte.

Sie ist eine staatenlose, einsame junge Frau. Die einzige Überlebende der Familie Wachenheimer aus Kippenheim am Schwarzwald. Ihre Eltern haben sie, als 14-Jährige, im Mai 1939 mit einem der letzten „Kindertransporte“ nach England geschickt. Im Jahr nach der Umarmung auf dem Bahnsteig werden die Mutter und der Vater deportiert, wie alle anderen in Deutschland zurückgebliebenen Mitglieder der Familie. Ihre Spuren verlieren sich in Auschwitz.

Als Hedy Epstein, 24-jährig, in New York eintrifft, führt eine Kollegin die junge Frau in ihre neue Stelle bei einer Flüchtlingshilfsorganisation ein. Die New Yorkerin ist freundlich, aber reserviert. Ein gemeinsames Mittagessen lehnt sie kategorisch ab. Nach mehreren Tagen liefert sie die Erklärung: „Sie wissen doch, dass Schwarze nicht dieselben Restaurants wie Sie besuchen können.“ Hedy Epstein bleibt mit einer Verstörung zurück, die bis heute nachwirkt.

„Der Rassismus sitzt tief“

Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen

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Grafikquelle     :

Hedy Epstein bei der Eröffnung der Dauerausstellung Memorium Nürnberger Prozesse (2010)

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