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RENTENANGST

Selbstlenkende Gesellschaft

Erstellt von DL-Redaktion am 14. Februar 2015

Schlagloch Automation

SCHLAGLOCH VON MATHIAS GREFFRATH

Dobrindts Vision der schönen neuen Automatenwelt ist alt – und unheimlich. Doch sie wird noch viel schneller kommen als wir es befürchten.

Selbstlenkende Pkws und Laster? Absurd. Wer will das schon? So die Stimmen am abendlichen Tisch. Aber ich werde keine Wette gegen die Prognose des Auto-und-Internet-Ministers Dobrindt wagen, dass in zehn Jahren autonome Autos über teilprivatisierte Autobahnen brausen. Denn erstens kommt es dümmer, und zweitens, als man denkt. Vor allem aber schneller.

Vor fünfzehn Jahren las ich zwei Bücher von Bill Gates. Das erste hieß „The Road Ahead“. Da ging es um PCs, die mich so gut kennen, dass sie mir automatisch alle Bücher, CDs oder Filme anbieten, die zu mir passen; um Stadtpläne, die mir sagen, ob die Toiletten in der Lieblingspizzeria sauber sind, und ob irgendwo in der Stadt eine Single-Frau wohnt, die meine Vorliebe für nächtliches Schachspielen teilt; um Autos, die mir nahelegen, jetzt gleich rechts abzubiegen; um Smart Homes mit Fernsehern, die merken, wie mir die Werbung gefällt. Ich fand das komisch – eine Fehleinschätzung.

Das zweite Buch hieß „Business@the speed of thought“: ein Programm für „reibungslosen Kapitalismus“, der Produktion, Logistik, Finanzwesen rationalisiert – und die Bedürfnisweckung dazu: denn wir Menschen hätten zu lange in einem System gelebt, in dem wir „gar nicht wissen, was uns fehlt“.

Bill Gates hat sich vom digitalen Acker gemacht, aber mit Amazon, Google und Facebook sind wir on the road ahead zur reibungslosen Fusion von kapitalistischem Wachstumsdrang und technologischer Machbarkeitsfreude gut vorangekommen.

Und nun sollen im Herbst die ersten „Tablets auf Rädern“, wie sie der fortschrittspopulistische Minister nennt, auf der Autobahn Nürnberg–München überholen üben. Offen ist nur noch, ob die Software von Google kommt oder vom Fraunhofer-Institut.

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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber Jakub Hałun

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Pegida reloaded

Erstellt von DL-Redaktion am 7. Januar 2015

Schlagloch „Abendland“

SCHLAGLOCH VON MATHIAS GREFFRATH

Das Erbe patriotischer Europäer und Parolen aus dem Fundus: ein Neujahrsmärchen über Aufstieg und Fall des Abendlandes.

Am Montagabend nach Silvester bekam ich Besuch von meiner Nichte, sie hatte noch zwei Freunde mitgebracht. Nachdem wir die letzten China-Kracher aktiv entsorgt hatten, sagten die drei, sie hätten ein Anliegen. Die Nichte kam gleich zur Sache: „Es geht uns um den Erhalt und den Schutz unserer christlich-jüdisch geprägten Abendlandkultur, aber leider können wir es nicht mehr Pegida nennen, der Markenname ist ja schon besetzt.“ Freund eins ergänzte: „Von Menschen in Anoraks aus dem Billigkaufhaus, die sich Sorgen machen, weil auf den Sozialämtern Bedienungsanleitungen für den staatlichen Geldautomat in zehn Sprachen angeschlagen werden.“ Ich sah ihn entgeistert an. Er grinste: „Nee nee, das war ein Zitat, von Roland Tichy, dem Chefredakteur der Wirtschaftswoche; uns geht’s eher um die Leute, die sich Sorgen machen wegen der Toten im Mittelmeer, wegen der Gerechtigkeitslücke und der schlechten Schulen und wegen des Klimas.“

„Aber warum Parole Abendland?“, fragte ich. Meine Nichte nickte zur Bücherwand hinüber. „Na, deswegen. Wegen des kulturellen Erbes. Judäo, das ist die Thora, das Gesetzbuch, das die Freiheit und ihre Gleichheit aller zum Ziel hatte. ,Es sollte überhaupt keine Armut unter Euch sein‘, sagte das nicht der Gott Israels zu Moses? Und steht da nicht was von einem generellen Schuldenerlass alle sieben Jahre, damit die Unterschiede nicht zu groß werden? Freund zwei nickte und legte mir ein Papier von Boston Consulting auf den Tisch: „Die sagen auch, nur so sei Europa zu retten. Alles nicht neu.“

Sie sagt nur: Kant

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Fotoquelle: Wikipedia – Author Wzwz

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