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Stuttgart und Frankfurt:

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 23. Juli 2020

„Deutsch“ in Gänsefüßchen

Dort sitzen sie in ihren gebräunten Uniformen und scheißen alles zu !

Von Judith Beyer

Die Stuttgarter Polizei erforschte den Migrationshintergrund von Tatverdächtigen. Präventions- und Integrationsarbeit sieht anders aus.

Im Nachgang der sogenannten Stuttgarter Krawallnacht vom 20. auf den 21. Juni, bei der nach Drogenkontrollen durch die Polizei Hunderte Menschen in der Stuttgarter Innenstadt randalierten, wurde neben der Staatsangehörigkeit auch der Migrationshintergrund der momentan 44 Tatverdächtigen ermittelt. Dieser liegt laut deutschem Statistischem Bundesamt dann vor, wenn die Person selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde.

Die Stadt Stuttgart hat einen Migrationsanteil von 45 Prozent – deutschlandweit hat jede vierte Person Migrationshintergrund. Wie könnte bei diesen Zahlen der Migrationshintergrund überhaupt relevant sein? Zwei Drittel der Tatverdächtigen sind Jugendliche und Heranwachsende.

Bei ihnen greift bezüglich des Umfangs polizeilicher Ermittlungen Paragraf 43 des Jugendgerichtsgesetzes, demnach „die Lebens- und Familienverhältnisse“ sowie das bisherige Verhalten des Beschuldigten und alle Umstände, „die zur Beurteilung seiner seelischen, geistigen und charakterlichen Eigenart dienen können“. Dazu gehört auch der Migra­tionshintergrund. Der Stuttgarter Polizeipräsident Franz Lutz will sich jedoch den Versuch einer „soziologischen Zuordnung“ der Tatverdächtigen ersparen.

Welches Interesse hat die Polizei dann an der Herkunft der Eltern? Lutz kommentiert die Video- und Tonaufnahmen der Nacht so: „[S]chwäbisch hören Sie da wenig, um es mal einfach so zu formulieren.“ Wenn Dialektkompetenz aber nicht soziologisch als Marker des sozialen Milieus einer Person verstanden wird, dann muss angenommen werden, dass Lutz „Schwäbisch-Reden“ mit „deutsch sein“ oder zumindest mit „erfolgreich integriert sein“ gleichsetzt.

Sein Kommentar sagt vor allem etwas über ihn selbst aus, als jemand, der von „den unterschiedlichen Personengruppen“, die in seiner Stadt und den umliegenden Landkreisen leben, überfordert ist. Lutz berichtet, dass landesweit Anfragen laufen, da bei einigen der Tatverdächtigen der Migrationshintergrund „noch nicht gesichert“ sei. Es stellt sich die Frage, ob eine derartige Ermittlung verhältnismäßig ist.

Wenn der Eindruck entsteht, dass dem Migrationshintergrund ein besonderes oder isoliertes Interesse entgegengebracht wird, so ist nachvollziehbar, warum in den Medien seither über „Stammbaumforschung“ debattiert und der Polizei struktureller Rassismus vorgeworfen wird, auch wenn die Ermittlung ja erst im Nachgang der Tat erfolgte.

JedeR vierte Deutsche hat einen Migrationshintergrund

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Ja, ja, aus einer Uniform da guckt so manche Staatssau hervor.

Das prinzipiell zulässige Abfragen der elterlichen Herkunft wird so in einen Zusammenhang mit straffälligem Verhalten gestellt und spielt in erster Linie populistischen Parteien in die Hände. Die Nationalität der Eltern werde „auch bei ‚deutschen‘ jugendlichen Tatverdächtigen geprüft“ heißt es in einer Twitter-Nachricht der Polizei Stuttgart vom 12. Juli. Die Anführungszeichen des Tweets sind irritierend, denn wenn es deutsche Tatverdächtige mit Anführungszeichen gibt, dann muss es auch solche ohne geben.

Politiker, deren Eltern selbst nach Deutschland migrierten, wie der Stuttgarter Stadtrat und Konstanzer Bürgermeisterkandidat, Luigi Pantisano, zeigen sich entsetzt darüber, dass sie trotz ihres deutschen Passes weiterhin nur „‚Deutsche‘ in Anführungszeichen“ sein sollen. Polizei und Regierung rechtfertigen das Abfragen der „Hintergründe“ der „jungen Männer“ im Hinblick auf notwendige Präventions- und Integrationsmaßnahmen:

Quelle        :       TAZ         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen      :

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