Stuttgart und die Mafia?
Erstellt von Redaktion am Dienstag 12. Oktober 2010
Stuttgart und das Reden von der Mafia ?
Ist es ein Zufall das gerade in den letzten Wochen immer häufiger, wenn von Stuttgart 21 gesprochen oder geschrieben wird auch auf das Thema Mafia zurückgegriffen wird? Bestehen dort Verbindungen welche über Jahre nicht gesehen werden wollten oder sollten? Ist es nicht auffällig das gerade in einer Zeit des fortgesetzten Lohndumping, sich die Kosten für die Erstellung von Stuttgart 21 nahezu verdoppelt haben? Von runden 5 Milliarden Euro auf satte 10 Milliarden, mit größter Wahrscheinlichkeit sogar auf noch mehr. Wo bleiben diese Gelder? Fakt ist auch, je größer ein Projekt, je einfacher ist es bestimmte Hintergründe daraus zu bedienen. Diese Hintergründe haben Namen, im Ausland heißen sie Mafia, bei uns nennen wir sie Lobbyisten.
Ich möchte hier einmal versuchen einige Berichte miteinander zu verbinden um so einen besseren Überblick zu erhalten. Hier fallen besonders die Verbindungen zwischen den Auftragsgebern ( Politiker ) und den ausführenden Auftragsnehmern ( Unternehmen ) auf. Diese Blickweise hat Gangolf Stocker in einem übersichtlichen Dokument ausgearbeitet. Aus diesem Dokument zitiere ich hier nur ein Beispiel:
„Lothar (Cleverle) Späth, früherer Minister-präsident Baden-Württembergs, bis 1977 im Vorstand und Aufsichtsrat der Baresel AG, heute Aufsichtsratsvorsitzender der Herrenknecht AG, des europaweit führenden Herstellers von Tunnelbohrmaschinen. War im Herbst 2006 von Ministerpräsident Günther Oettinger zum Anführer (neben Walter Riester) der sog. Unterstützer für Stuttgart 21 berufen worden.“
Bereit am 25. Oktober 1993 wurde im großen Sitzungssaal des Stuttgarter Rathauses ein Internationales Symposium der Landeszentrale für politische Bildung unter den Thema „Organisiertes Verbrechen und Politik“ abgehalten über das der Fernsehjournalist Jürgen Roth berichtet. Darin lesen wir unter anderen, ich zitiere:
„In Stuttgart soll es, so weiß es das italienische Generalkonsulat, mindestens zwei mächtige Capos der italienischen Mafia geben. Die kalabresische Mafia ist die N’drangheta. Enge Kontakte zu einem bekannten N’drangheta-Boß aus Ciro soll auch ein stadtbekannter Restaurantbesitzer haben, behaupten übereinstimmend Polizei und ein Pentiti, ein Kronzeuge der Behörden. Befreundet mit dem CDU-Fraktionschef darf dieser italienische Restaurantbesitzer schon einmal Partys der CDU-Landtagsfraktion ausrichten. Italienische Zeugen behaupten, daß er häufig mit einer bekannten Mafia-Familie in Mailand, dem Greco-Clan, telefoniert. Mailand ist ein Dorado für Geldwäsche. Einfluß hat dieser italienische Restaurantbesitzer auf jeden Fall. Wer von wem profitierte, das ist eine noch ungeklärte Frage. Doch was sich hinter diesem Vorgang verbirgt, ist die klassische Form der Infiltration, wie man sie aus Italien schmerzhaft kennengelernt hat.“
Am letzten Wochenende wurde auch die Spur aus dem Jahre 1993 von der TAZ wieder aufgenommen. Aus dem Artikel „Zur Geldwäsche nach Stuttgart“ zitiere ich wie folgt:
„1993 war es zur „Pizza-Affäre“ gekommen, als bekannt wurde, dass der damalige Landesjustizminister Thomas Schäuble seinen Parteifreund Oettinger, damals CDU-Fraktionschef im Landtag, über Mafia-Ermittlungen gegen L. informiert hatte. Oettinger hatte regelmäßig in L.s Pizzeria verkehrt und ihn mehrfach Fraktionsfeste ausrichten lassen. L. wiederum spendete der CDU mehrere tausend Mark.
Auch in Sachen Geldwäsche der Ndrangheta hat die baden-württembergische Landeshauptstadt bei Fahndern der italienischen Antimafiabehörde DIA einen beachtlichen Bekanntheitsgrad: „In Stuttgart hat sich die Organisation schon mehrere Häuserzeilen zusammengekauft““
Am 03. 10. 2010 nahm sich auch die Stuttgarter Zeitung dieses Themas an und schrieb unter anderen:
„Die Region erweise sich als besonders gutes Pflaster, weil die Mafia hier gefährlich unterschätzt werde, meint die in Venedig lebende Journalistin Petra Reski, die sich seit langem mit dem Verbrechersyndikat beschäftigt. „Stuttgart ist seit Jahrzehnten eine Hochburg der Mafia in Deutschland, speziell zweier Clans der kalabrischen ’Ndrangheta, die auch die umliegenden Orte wie Waiblingen, Ludwigsburg, Esslingen, Fellbach als ihr ureigenstes Terrain betrachten“, sagt sie. „Die Mafia kam im Gefolge der Gastarbeiter und ist bis in höchste Gesellschaftsspitzen vorgedrungen. Heute macht sie in Stuttgart ihre Geschäfte in der Bauindustrie, im Immobilienhandel, in der Gastronomie.“
Auch die FAZ widmet sich diesem Thema am 6. 10. 2010 in einem sehr ausführlichen Artikel mit dem Titel „Im Schlaraffenland“ aus dem ich folgende Zeilen zitiere:
„In der vergangenen Woche hat den „Freund“ des damaligen Ministerpräsidenten ein weiteres Mal das Licht der Öffentlichkeit gestreift, und zwar in einer heiklen Angelegenheit. Sein Name tauchte bei einer Verhandlung im Stuttgarter Landgericht auf. Dort befasst sich die Justiz zurzeit mit dem versuchten Mord an dem Stuttgarter Herrenausstatter Felix W. Der Modemacher mit exquisiten Geschäften in Stuttgart, Zürich und München, der auch als Projektentwickler von Immobilien auftritt, war im November 2009 von Maskierten überfallen und mit zwei Schüssen niedergestreckt worden. Der Mann überlebte diesen Anschlag nur mit Glück. Vier Italiener müssen sich dafür jetzt vor dem Landgericht verantworten.“
In dem Bericht „Filzvorwurf gegen Umweltministerin“ können wir heute in der TAZ unter anderen folgendes lesen:
„Neuer Filzverdacht beim Bahnprojekt Stuttgart 21: Die baden-württembergische Umwelt- und Vekehrsministerin Tanja Gönner (CDU) ist Mitglied im Beirat einer Stiftung, hinter der der Shopping-Center-Betreiber ECE aus Hamburg steht. Das Unternehmen plant auf einem nicht mehr genutzten Bahngelände in der Stuttgarter Innenstadt den Bau von Wohnungen, Büros und Ladenlokalen im Gesamtwert von 500 Millionen Euro, berichtete am Montag Handelsblatt Online.“
Wenn von allen aufgezählten Vorwürfen auch nur 10% der Wahrheit entsprechen, braucht sich niemand wundern, dass sich die Befürworter dieses Riesenprojektes so sehr gegen einen Baustopp wehren. Hier ist einfach zu viel Geld im Spiel. Es ist aber vermutlich so, dass wir zur Zeit nur die Spitze des Eisberg sehen können.
IE
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Grafikquelle : Großformatige Werbung für Stuttgart 21 im Bereich des ehemaligen Hauptbahnhof-Nordflügels. Im Vordergrund sind Teile des mit Kritik behängten Bauzauns zu sehen.
Dienstag 12. Oktober 2010 um 13:55
Wenn ein Baustopp in den nächsten Wochen durchgeführt wird, kostet dies 2,5 Millionen Euro Minimum pro Woche. Wer soll diese zusätzlichen Kosten tragen? Ganz richtig, der Steuerzahler? Meiner Meinung nach kann man den Bau nicht mehr aufhalten und ein neuer Bahnhof und bessere Verkehrsanbindungen finde ich nicht unbedingt schlecht.
Mittwoch 13. Oktober 2010 um 6:06
@1
das ist bei Weitem immer noch billiger als die zu erwartenden Verteuerungen in Milliardenhöhe, die auch der Steuerzahler wird berappen müssen, wenn eine genehmigte Planung, die immer umstritten war, nach 15 Jahren „Wartezeit“ klammheimlich begonnen wurde.
Ich weiss nicht, inwieweit sie sich mit „Stuttgart 21“ beschäftigt haben, aber WARUM ein neuer Bahnhof, wenn man einen hat. Und neue Verkehrsanbindungen? Wie kommen Sie denn darauf?
Die S-Bahn – Anbindung zum Flugplatz reicht für das „Dorftor zur Welt“ vollkommen aus. Und bei neuem Konzept ist die zwangsweise herbeigeführte Anbindung des Flughafens an den Bahnhof durch ICE-Verbindung eher hanebüchen als effektiv: Der ICE wird sich mit der S-Bahn die gleiche Trasse teilen. Alles klar???
Da ist das 10-Minuten-Konzept des weggelobten Stoiber besser; denn wenigstens in dessen Kopf sass ganz Bayern im Hauptbahnhof, um von dort in die grosse weite Welt zu fliegen.
Mittwoch 13. Oktober 2010 um 6:52
Heute zu lesen: Bei den Unterlagen die zur Abstimmung vorlagen, fehlte die Wirtschaftlichkeitsrechnung der Bahn AG. Damit ist ein wichtiges Dokument Allen vorenthalten worden. Das ist ein weiterer Vorfall der zeigt wie in der Politik in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft getrickst wird. Wenn das so stimmt sind alle Abstimmungen nichtig. Und damit ist S-21 unrechtmäßig. Daran gibt es überhaupt nichts rütteln. Wenn Politiker sich immer wieder auf demokratische Verfahren berufen haben sie kläglich versagt. Und zwar alle die zum Zeitpunkt des Beschlusses im Landtag saßen.
Die Gegner von S-21 sollten jetzt alle Rechtsmittel ausschöpfen die möglich sind. Denn unter diesen Voraussetzungen kann es gar nicht anders gehen als das ein Baustopp angeordnet wird. Auch das Argument der zusätzlichen Kosten und der damals nicht wahrgenommenen Bürgerbeteiligung ist damit hinfällig. Ob oder nicht S-21 sinnvoll ist kann ich natürlich von hier nicht beurteilen. Das müssen die Bürger die betroffen sind selbst tun.
Mittwoch 13. Oktober 2010 um 10:04
@1
In dem Artikel ging es nicht um das „Für“ oder „Wider“ des Bahnhof. Sollte dort „getrickst“ worden sein muss das Bauvorhaben gestoppt werden, um Nachahmer abzuschrecken. Auch gehören die Verantwortlichen vor Gericht. Bei den Unsummen welche der Staat „Zum Wohle der Bürger(des Kapitals)“ in den letzten Jahren verbrannt hat, verbreitet die angedrohte Summe von 2.5 Millionen täglich längst keinen Schrecken mehr. Zahlen
und ich glaube da sind wir uns einig muss ehe der Bürger und nicht der Politiker.