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Steinmeier nach Moldawien

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 28. Januar 2016

von der Leyen nach Griechenland
Reservebasnk auf Verkaufsreise

Autor: U. Gellermann
Datum: 28. Januar 2016

Tausende moldawische Bürger demonstrieren ständig auf dem Stefan-Cel-Mare-Platz der Hauptstadt Chisinau. Die Polizei geht brutal gegen die Proteste vor. Die Menschen in Moldawien wollen nur eins: Dass die korrupte Oligarchen-Regierung des Staates zurücktritt. Jetzt wäre, wie einst auf dem Kiewer Maidan, die Stunde des reisenden Herrn Steinmeier: Der hatte damals, gemeinsam mit diversen anderen EU-Außenministern und gestützt auf die USA, den Demonstrierenden zum Sieg verholfen. Doch von Steinmeier und seinen Gehilfen bisher kein Ton. Vielleicht weil diesmal ein bewaffneter Rechter Sektor fehlt.

Dabei gäbe es im Fall Moldawien gute Gründe für die Ablösung der Regierung, die von der Bürgerinitiative „Würde und Wahrheit“ schon seit dem Frühjahr des letzten Jahres gefordert wird – von deutschen Medien aber kaum bemerkt. Denn die aktuelle Herrschaft verletzt eindeutig die Moldawische Verfassung, in der die Neutralität des Landes festgeschrieben ist: „Article 11, The Republic of Moldova as a Neutral State, (1) The Republic of Moldova proclaims her permanent neutrality.“ Doch schon im im November 2013 unterzeichnete Moldawien im Rahmen der Östlichen Partnerschaft ein Assoziierungsabkommen mit der EU. Und wie sogar die sattsam bekannten Milchmädchen wissen: EU und NATO sind das Duo Infernale. Von Neutralität keine Spur: Im Juli des letztem Jahres haben die NATO-Staaten USA, Rumänien und Polen gemeinsam mit moldawischen und georgischen Truppen ein schönes Militärmanöver vor der ukrainischen Grenze gestartet und sich so, völlig neutral versteht sich, in die inneren Angelegenheiten Moldawiens und die äußeren Angelegenheiten der Ukraine eingemischt.

Doch wird nicht nur die Verfassung in Moldawien gebrochen, die Protestierenden beschuldigen die Regierenden auch der gewöhnlichen Kriminalität: Insgesamt 1,3 Milliarden Dollar sind in der Regierungszeit der pro-europäischen Oligarchen „verschwunden“. Auch deshalb skandieren die Protestierenden „Wir wollen unser Land zurück“. Denn bei einem Brutto-Inlandsprodukt von etwa sechs Milliarden sind die geklauten 1,3 Milliarden tatsächlich so viel Geld, wie wenn das ganze Land gestohlen worden wäre. Doch die deutsche Regierung schweigt. Obwohl die proeuropäischen Parteien bei den moldawischen Kommunalwahlen im letzten Jahr eine schwere Niederlage haben einstecken müssen, wird der Wille der Bevölkerung schlicht nicht wahrgenommen: Er steht der EU und der NATO einfach im Wege. Deshalb ist mit Steinmeier auf dem Stefan-Cel-Mare-Platz nicht so schnell zu rechnen. Außer er müsste die pro-europäische Regierung retten: Vor der Bevölkerung Moldawiens.

Das sieht mit der immer einsatzbereiten Ursula von der Leyen anders aus. „Wir brauchen einen dauerhaften, spürbaren, nachhaltigen Rückgang der Flüchtlingszahlen, und zwar sichtbar in den nächsten Wochen“, sagte Thomas de Maizière zum Auftakt eines Treffens der EU-Innenminister. „Wir werden Einfluss ausüben auf Griechenland, dass Griechenland seine Hausaufgaben macht.“ Ein Innenminister macht Außenpolitik? Das kann die außenpolitische Speerspitze der Regierung, die Verteidigungsministerin, nicht ruhen lassen. Immerhin strotzt Griechenland nur so von deutschen Waffen. Hat man der griechischen Marine nicht seinerzeit für ein paar Milliarden erstklassige Jagd-U-Boote mit außenluftunabhängigem Antriebssystem, von der Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) geliefert? Ist die deutsche Kanzlerin, als die griechische Regierung in Zahlungsverzug geriet, nicht selbst als Geldeintreiberin nach Athen geflogen? Mindestens die schwimmenden Flüchtlinge werden doch wohl von den U-Booten aufgehalten werden können! Bevor man die Griechen, wie andere EU-Staaten drohen, aus der EU rauswirft und damit den Zerfallsprozess der Europäischen Union weiter befördert, wird die inzwischen weltweit bewährte Bundeswehr und ihre blonde Frontfrau zum Einsatz kommen müssen.

Zudem ist Griechenland untrennbar mit der europäischen Geschichte verbunden. Nicht so sehr der Demokratie wegen, eher wegen der unendlichen deutsch-griechischen Korruptions-Geschichte. Mal musste der Rüstungskonzern Rheinmetall ein von der Staatsanwaltschaft Bremen verhängtes Bußgeld in Höhe von mehr als 37 Millionen Euro wegen eines Deals verbuchen. Dann ermittelte die Münchner Staatsanwaltschaft wegen des U-214-Geschäfts zwischen Griechenland und Deutschland gegen die Manager des HDW-Vertriebspartner Ferrostaal AG: Es bestehe der Verdacht auf Untreue und Bestechung in Höhe von 55 Millionen Euro. Schließlich stellten deutsche und griechische Ermittler fest, dass auch beim Verkauf von Panzern des Typs „Leopard 2“ an Griechenland bestochen wurde. Das sind Traditionen, die man nicht einfach kappen kann, nur weil die Griechen mit den Flüchtlingen nicht fertig werden.

Auch wegen dieser neuen Herausforderung muss Frau von der Leyen einfach den Rüstungsetat erhöhen: Gute 130 Milliarden Euro will sie in die Aufrüstung der Bundeswehr investieren und fordert dafür eine weitere Aufstockung des Wehretats. Das entspricht fast einer Verdoppelung der bisher vorgesehenen Mittel. Zusätzliche Kriegs-Schiffe und Flieger braucht das Land. Auch der Bestand an Fennek-Spähpanzern (in Afghanistan bewährt) soll um 30 auf dann 248 steigen. Außerdem sollen sechs Marine-Helikopter zusätzlich angeschafft werden und 40 schwere Transporthubschrauber als Ersatz für die alten CH53-Maschinen werden für die Auslandseinsätze offenkundig dringend gebraucht. Für den Einsatz zur Griechenland-Hilfe, zur Abwehr von Flüchtlingen, die über die Meerenge zwischen der Türkei und den griechischen Inseln nach Deutschland kommen, eigenen sich die von der Verteidigungsministerin gewünschten „Joint Support Ships“ bestens: Die dort stationierten Hubschauer und Landungsboote sind jederzeit zu Wasser, zu Lande und zur Luft gegen Flüchtlinge einsetzbar.

So stellen sich die deutschen Regierenden der „gewachsenen deutschen Verantwortung“: Der eine schließt Augen und Ohren, um der EU-NATO-Gebietserweiterung bis kurz vor Moskau gerecht zu werden. Und die andere rüstet auf, damit kein Land mehr ohne deutschen Einsatz darben muss.


Fotoquelle: Wikipedia -Urheber Tobias Koch

CC BY-SA 3.0 de

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