Staatliches Töten im Krieg
Erstellt von DL-Redaktion am Samstag 14. Mai 2022
Legal, Illegal, Extralegal
Militärische Mörder im Auftrag ihrer Staaten
Quelle : Untergrundblättle – CH
Von : Alexander Amethystow
Der Staat unterwirft die ihm zugehörigen Bürger seiner Herrschaft. Das ist seine erste und grundlegende Leistung.
Von den eigenen Bürger:innen verlangt und erwartet die Staatsgewalt grundsätzlich eins: Unterwerfung. Sie sollen wissen, dass und wem sie gehorchen müssen und wie sie sich entsprechend verhalten. Bei kriegerischen Handlungen muss angenommen werden, dass die Bürger:innen der verfeindeten Staaten sich ihrer Staatsgewalt gegenüber genauso gehorsam verhalten, wie der kriegsführende Staat es von den Eigenen verlangt. Das daraus resultierende Misstrauen prägt das Verhältnis des Militärs zur Zivilbevölkerung der verfeindeten Staaten.
Russland kündigte beim Einmarsch in die Ukraine an, die ukrainische Bevölkerung vom Joch der dortigen Regierung zu befreien. Die ukrainische Staatsführung wird von Moskau nicht nur als feindlich gegenüber Russland, sondern auch als feindlich gegenüber den eigenen Bürger:innen bezeichnet. Von Letzteren schien die Führung Russlands anzunehmen, dass etliche mit ihrer Staatsangehörigkeit unzufrieden sind und lieber russische Bürger:innen wären. Diese Annahme zerfiel schon in der erste Kriegswoche. Stolz präsentierte die ukrainische Seite Bilder von Waffenverteilungen an wehrwillige Zivilist:innen, was bei der westlichen Öffentlichkeit für Entzückung sorgte.
Russland gab als eines der Kriegsziele offiziell aus, ukrainische Bürger:innen, die sich seit 2014 im Kampf gegen die Sezessionsbestrebungen besonderes blutig hervorgetan haben, juristisch zur Rechenschaft zu ziehen. Die ukrainische Seite hat klargemacht, dass die prorussische Haltung als Staatsfeindschaft und eine Zusammenarbeit mit den „Volksrepubliken“ als Verrat gilt. Wenig überraschend, dass Zivilist:innen von nun an nicht mehr einfach als solche gelten können – für die Kriegsparteien teilen sie sich in loyal und feindlich auf. Der Schutz ihrer Leben findet seine Grenzen häufig dort, wo die der eigenen Kombattanten als gefährdet gelten. Der Übergang von der Inkaufnahme zufälliger ziviler Opfer zur gezielten Einschüchterung der feindlich gesonnenen Bevölkerung bleibt fliessend.
Über eine Zusammenarbeit zweier Staaten entscheiden immer Beide !!
Die ideologische Kriegsbegründung Russlands, man wolle eine freundlich-neutrale Ukraine schaffen, kontert die dortige Regierung mit der These, die Morde von Butscha stellen keinen Exzess oder Mittel der Kriegsführung, sondern deren Ziel dar. Kurz darauf holt der Historiker Timothy Snyder einen Text des „Polittechnologen“ Timofei Sergeizew vom russischen Nachrichtenportal „RIA Nowosti“ hervor und erklärt diesen zum russischen Programm zur Vernichtung der ukrainischen Identität.
Da sich in der russischen Propaganda das sowjetische Ideologem „Russen und Ukrainer sind zwei Völker, die historisch zusammen gehören“ stets mit der zaristischen Rhetorik „Ukrainer gibt es gar nicht“ abwechselt, klingt es fast überzeugend, solange das Auslöschen von Identität mit dem Auslöschen von Menschen zusammen gedacht wird. Für die Nationalist:innen ist es keine schwere Übung. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selensky setzt den angeblichen russischen Plan mit „Deeuropäisierung“ gleich –die Botschaft an seine Verbündete ist unmissverständlich. Russen, so der ukrainischer Staatschef, töten Europäer für ihr Europäersein. Endgültige Klarheit bringt der Präsident des mächtigsten kapitalistischen Staates der Welt, indem er öffentlich verkündet, Putin begehe in der Ukraine „Völkermord“.
Angesichts dessen, dass Russland immer noch an der Version festhält, in die Ukraine gerade deshalb einmarschiert zu sein um einen Völkermord zu verhindern, wird die Tragweite der Frage offensichtlich, nämlich wer definiert, was ein Völkermord ist und was nicht. Ein wichtiger Beitrag für die Mobilisierung und zur Legitimierung des Krieges.
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Grafikquellen :
Oben — Soldaten des Asow-Bataillons verhaften Dorfbewohner, die des Separatismus verdächtigt werden, während einer Patrouille in der Nähe von Mariupol am 5. Juli 2014 zum Verhör.
Verfasser | Carl Ridderstråle / Quelle : Eigene Arbeit / Datum : 5. Juli 2014 |
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Unten — Antikriegs- und Antiputingrafik STOP Putin in der Ukraine. Inhalt der Sprechblase (… oder wäre das zu viel?). Karikatur aus der Zeit 2014 der Krim Annexion durch Russland.…