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RENTENANGST

Silvester-Terror in München

Erstellt von Redaktion am Dienstag 5. Januar 2016

Terroristen hatten offenbar Angst vor Krachern

Aus dem Nebel tauchen die apokalyptischen Reiter mit den Krummsäbeln auf.
Und der politische Abwehrchef die Misere, ist lange in Sicherheit.

Autor: Wolfgang Blaschka

Zehn Minuten nach zwölf kam eine Sondersendung der Tagesschau mit einer Terror-Warnung für München, möglicherweise zehn Minuten zu spät: Der Rutsch ins neue Jahr gelang gerade nochmal so knapp, bevor das ganze Feuerwerk ausgefallen wäre, weil alle brav bedröppelt nach Hause gegangen wären, um größere Menschenansammlungen zu vermeiden, wie dringend empfohlen wurde. Doch kam es nicht zum Äußersten. Vermutlich, weil die feiernden Massen zuwenig Tagesschau-Apps auf den Smartphones hatten.

Nichts passierte außer dass massenhaft Raketen krepierten, Knaller, Kracher und Böller explodierten und Heuler herumwirbelten: Der ganz normale Silvester-Terror eben. Nur für Hunde und Kleinkinder war es wohl eine Qual, und für manche Ältere womöglich, denen die Kriegserlebnisse noch in den Knochen steckten. Auch Asylsuchende mochten sich gedacht haben: Geht es denn hier jetzt auch schon los? Die Notärzte saßen in Bereitschaft, um abgerissene Finger oder zerfetzte Unterschenkel wieder zu flicken oder notfalls professionell zu amputieren, wie jedes Jahr. Ansonsten passierte nichts wirklich Außergewöhnliches. Es gab sogar weniger Polizeieinsätze wegen Streit und Prügeleien als 2014. Dafür torkelten 550 zusätzlich zusammengezogene Polizisten, zum Teil hochmotivierte Spezialeinheiten wie das USK, um zwei verwaiste Bahnhöfe herum und bewachten sich selbst. Polizeipräsident Hubert Andrä habe die Maßnahmen nicht flächendeckend konzipiert, sondern „chirurgisch konzentriert“. Was hätte er auch machen sollen? Die angeblich „fünf bis sieben“ Syrer und Iraker waren einfach nicht in dem Hotel, das der französische Geheimdienst bereits am 23. Dezember als gebucht gemeldet hatte. Irgendwas scheint schief gelaufen zu sein. Vielleicht hatten die ominösen Phantom-Bösewichte auch kurzerhand umdisponiert auf den Ostbahnhof und fuhren enttäuscht wieder heim. Niemand hat sie indes bemerkt.

Wieder mal ein Fehlalarm wie schon in Hannover und in mehreren anderen deutschen Städten! Doch diesmal sollte nicht nur ein Fußball-Länderspiel ausfallen, sondern gleich die Silvester-Nacht, mithin auch Neujahr und überhaupt vielleicht sogar das ganze Jahr 2016. Die Polizei hatte Terror-Warnung gegeben: Die Münchner innen und außen sollten mit dem Schlimmsten rechnen, am besten zuhause bleiben und das Geballer den Terroristen und der Polizei überlassen. Die Ordnungshüter standen martialisch gepanzert rund um den Haupfbahnhof und am Pasinger Bahnhof, weil ihnen so befohlen war. Sie hätten ein gutes Ziel abgegeben, so geballt sie ihre Macht mit Maschinenpistolen im Anschlag präsentierten. Angesichts der finster drein blickenden Helmträger hätten selbst noch so jungfrauenversessene Selbstmordkandidaten kaum eine Chance gehabt den Sprengstoffgürtel zu zünden, so schnell wäre ihnen die Staatsmacht zuvor gekommen und hätte sie niedergemäht. Ein Massaker war vorprogrammiert, von wem auch immer.

Möglicherweise wären es auch nur verdutzte Reisende gewesen, für die der Zug dann endgültig abgefahren gewesen wäre, eventuell sogar Belgier. Man hüte sich vor Belgiern mit Migrationshintergrund! Auch Franzosen können gefährlich sein. Syrer natürlich auch. Und Afghanen erst, vielleicht auch Iraker, Somalier, Malis oder Alis. In jedem Fall sollten es zwei sein, so lautete der heiße Tipp aus Top-Geheimdienstkreisen. Sie seien sogar namentlich bekannt. Die Fake-Namen freilich hält die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen noch immer geheim, sonst hätten die Leute auf den Straßen sich gegenseitig gefragt, wie sie denn hießen. Allerdings wusste man im Polizeipräsidium nicht einmal, ob sie überhaupt in München waren oder zumindest in Deutschland. Belgien ist zwar voll von Belgiern und Frankreich strotzt vor Franzosen, aber ob welche und gegebenenfalls wieviele in Deutschland waren, wusste niemand so genau bei der Münchner Polizei. Auch über die genaue Anzahl der Syrer und Iraker sind sich die Behörden nicht ganz sicher, beklagen sie immer wieder. Sehr wahrscheinlich heißen sie Ali und Mahmut oder Idris und Magdi oder aber auch Sven und Ulf. Letztere wären dann entweder deutsche Islam-Konvertiten oder rechtsradikale Islam-Hasser, die ihr eigenes Spiel betreiben.

Da hätte sich die Polizei besser vor Flüchtlings-Unterkünften postiert, denn auf keinen einzigen islamistisch motivierten Anschlag kamen in Deutschland dieses Jahr mehr als 860 von Deutschen realisierte Brandstiftungen und Übergriffe auf Asylsuchende, verübt meist von vorgeblich „besorgten Bürgern“ und anderem nationalistischem Gesindel aus der „Mitte“ der hiesigen Gesellschaft. Das „Pack“ ist eine tickende Zeitbombe, aber vor dieser wurde nicht gewarnt. Vielmehr vor islamistischem Terror. Da genügt ein Telefon-Anruf oder ein FAX, eine Mail oder SMS, und schon läuft der Polizei-Apparat auf Hochtouren. In Heidenau war das auffällig anders. Da konnte der braune Mob tagelang ungeschoren Böller werfen und die Brandfackel schwingen, ohne dass die sächsische Polizei allzu nervös reagiert hätte, obschon die Straße brannte. Soll heißen: Deutscher Terror braucht keine Warnung, den kennen wir, den haben wir im Griff. Im Zweifelsfall veranstalten wir ihn selber: „Betreutes Morden“ unter Beobachtung und Beteiligung der „Dienste“.

Den Rechten gefällt das. PEGIDA-Chef Lutz Bachmann höhnte via Twitter: „Alle #WelcomeKlatscher haben sich umgehend am Hauptbahnhof München einzufinden!“. Prompt erhielt er die ironische Antwort, doch lieber selbst dorthin zu fahren, worauf der sich entspinnende Shitstorm endgültig ins Unappetitliche abglitt. Welch ein erhellendes Feuerwerk über Dunkeldeutschland! Ob es die angekündigten IS-Terroristen überhaupt gebe? Nicht einmal das konnte die Polizei bisher bestätigen. Keine Festnahmen jedenfalls.

Konkreten Schaden erlitt die Gaststätte Alex am Pasinger Bahnhof, die plötzlich im Sperrgebiet lag. 157 Reservierungs-Gäste zur Silvesterfeier mit Mehrgang-Menue und DJ-Dancing blieben ohne den versprochenen Sekt zu Mitternacht. Das Lokal wurde vorzeitig um dreiviertel zwölf zugesperrt. Manche wollten Geld zurück. Auch viele Neujahrsfrühstücks-Gäste stornierten. Warum allerdings der „Islamische Staat“ ausgerechnet den angeblich so komfortablen Rückzugsraum Deutschland mit solch „teuflischen“ Terror-Plänen aufschrecken und dort für erhöhten Fahndungsdruck sorgen sollte, bleibt derweil die unlösbare Denksport-Aufgabe der Terrorfahnder.

Selten wurde auf der Klaviatur des Schreckenverbreitens so souverän hysterisch geklimpert wie seit den Anschlägen von Paris. Als würden Demonstrationsverbote, verschärfte Grenzkontrollen und Panzerwesten-Patrouillen etwaige Terrorakte verhindern können. Allenfalls tragen geballte Polizei-Aufmärsche dazu bei, dass wir uns daran gewöhnen, an jedem Fahrkartenschalter in den Lauf einer Schnellfeuerwaffe zu starren. So lautet vielleicht auch der Masterplan der Sicherheitsapparate: Permanente Unsicherheit beschert die bestmögliche Sicherheitslage: Die Leute bleiben entweder ängstlich zuhause oder ziehen tapfer an die Front. Dazwischen soll es möglichst wenig normales Leben mehr geben, keine Widerworte, kaum Protest. Die Europäer sollen weichgekocht werden, damit sie dankbar Ja sagen zum permanenten Ausnahmezustand, und dass sie irgendwann vielleicht doch noch bereit sind zum Kreuzzug gen Syrien auch mit Bodentruppen. Dort soll es noch imposante Kreuzritterburgen geben, die man wieder in Betrieb nehmen könnte.

Wahrscheinlich träumten westliche Terror-Spezialisten in dieser Silvesternacht bereits davon, auf der Burg Krak des Chevalier, den syrischen Präsidenten Bascher al Assad zu inhaftieren. Bis dahin müssen sie noch einige Fässer Öl ins Feuer gießen, damit ihr Bleigießen Erfolg zeitigt. Die israelischen und US-amerikanischen Schlapphüte werden bestimmt noch ein paarmal anrufen beim Bundeskriminalamt.

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Fotoquelle: Wikipedia – Urheber Mummelgrummel –/– CC BY 3.0

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