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Siggis Bonuspunkte

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 17. Mai 2018

Ein schlauer Zug

Von Anja Krüger

Der Siemens-Konzern heuert den deutschen Exaußenminister Sigmar Gabriel an. Damit holt er sich einen gewieften Verhandler ins Haus, der über beste internationale Kontakte verfügt.

Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel tritt in die Dienste des Siemens-Konzerns. Das Münchener Großunternehmen will den ehemaligen SPD-Vorsitzenden in den Verwaltungsrat des Unternehmens senden, das aus dem Zusammenschluss der Siemens Zugsparte und dem französischen Technologie­kon­zern Alstom entstehen soll.

Bevor Gabriel Anfang 2017 Außenminister wurde, war er Bundeswirtschaftsminister. Noch im März hatte er kategorisch ausgeschlossen, Lobbyist zu werden. Jetzt soll er einer von sechs VertreterInnen werden, die Siemens in den Verwaltungsrat des neuen Unternehmens schicken möchte, von Alstrom kommen fünf. Die meisten VerwaltungsrätInnen sind ManagerInnen aus der Industrie.

Siemens stellt unter anderem den von der Deutschen Bahn eingesetzten ICE her, Alstom den französischen Schnellzug TGV. Bis Ende des Jahres soll die Fusion abgeschlossen sein. Allerdings müssen die Kartellwächter noch zustimmen. Das neue Unternehmen soll Ende 2018 oder zu Beginn des kommenden Jahres seine Arbeit aufnehmen. „Für die damit dann beginnende Tätigkeit eines neuen Aufsichtsrats würde ich nach Ablauf eines Jahres nach dem Ausscheiden aus der Bundesregierung zur Verfügung stehen“, erklärte Gabriel. Das wäre im März oder April kommenden Jahres. Sein Bundestagsmandat wird er voraussichtlich beibehalten, teilte sein Büro mit. Die Tätigkeit als Verwaltungsrat ist kein Vollzeitjob, sondern besteht in vier bis sechs Sitzungen im Jahr.

Gabriel sieht sich im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften für ehemalige Regierungsmitglieder, die in der Wirtschaft tätig werden. Selbstverständlich halte er sich strikt an die Vorgaben, sagte er. Er habe das zuständige Karenzgremium rechtzeitig informiert.

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Drehtür mit Zeitverzögerung

Von Ulrich Schulte

Sigmar Gabriel sagt, sein neuer Job bei einem Zughersteller sei im Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften. Stimmt das?

Darf Sigmar Gabriel einfach so in der Wirtschaft anfangen? Ja, er darf – wenn er etwas Geduld hat. Denn der Seitenwechsel von BundesministerInnen und parlamentarischen StaatssekretärInnen ist in einem Gesetz geregelt, das unter anderem eine Karenzzeit vorsieht. Die Änderung des sogenannten Bundesministergesetzes hat die vorherige Große Koalition 2015 beschlossen. Damals war der SPD-Politiker Bundesminister für Wirtschaft und Energie.

Wenn Minister oder Staatssekretäre einen Job in der Wirtschaft annehmen wollen, direkt aus dem Amt oder innerhalb von 18 Monaten nach ihrem Ausscheiden aus der Regierung, müssen sie dies der Bundesregierung mitteilen. Die Regierung kann den Job für bis zu 18 Monate nach Ausscheiden aus dem Amt untersagen. Sie kann das laut Gesetz tun, „soweit zu besorgen ist, dass durch die Beschäftigung öffentliche Interessen beeinträchtigt werden“.

Als besonders heikel definiert das Gesetz zwei Fälle: Das Exregierungsmitglied will in Bereichen arbeiten, für die es als Politiker zuständig war – oder das Vertrauen der Allgemeinheit in die Regierung könne beeinträchtigt werden. Die Regierung entscheidet, nachdem ein dreiköpfiges Karenzzeitgremium beraten und eine Empfehlung abgegeben hat. Gabriel hat das Gremium nach eigener Aussage bereits über das Vorhaben der Siemens AG informiert – und die Genehmigung seiner Beschäftigung beantragt.

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Kommentar zu Sigmar Gabriels neuem Job

Kein plumper Lobbyismus

File:Sigmar Gabriel MSC 2017.png

Von Ulrike Herrmann

Früher war Sigmar Gabriel Di­plo­mat für Deutschland, jetzt ist er es für Siemens. Das mag im Bahngeschäft harmlos sein – wenn es transparent ist.

Sigmar Gabriel hat noch nie einen Betrieb geführt, sondern war unter anderem Ministerpräsident in Niedersachsen, Pop-Beauftragter der SPD, Umwelt-, Wirtschafts- und Außenminister. Trotzdem wechselt der Politiker jetzt plötzlich in die Welt der Unternehmen. Im nächsten Jahr soll Gabriel in den Verwaltungsrat von Siemens Alstom einziehen.

Gabriels neue Firma gibt es noch nicht; Siemens Alstom soll erst durch Fusion entstehen. Aber der Verwaltungsrat ist schon nominiert – und besteht nur aus hochrangigen Fachleuten der beiden Unternehmen. Mit einer Ausnahme: Gabriel. Er wird der bunte Hund unter den Wirtschaftsexperten sein.

Der Argwohn liegt also nahe, dass es sich um plumpen Lobbyismus handelt. Aber so einfach ist es nicht. Stattdessen macht Gabriels neue Kar­riere in der Zugbranche deutlich, dass die Belieferung von Eisenbahnen schon immer ein hochpolitisches Geschäft war. Denn in vielen Ländern ist die Eisenbahn sowieso staatlich – und wo sie komplett privatisiert wurde, wie etwa in Großbritannien, hat man damit so schlechte Erfahrungen gemacht, dass auch dort der Staat wieder eingreift.

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Lobbycontrol zum Wechsel von Gabriel

„Das hat ein Geschmäckle“

Vom Volk als Vertreter gewählt um danach als Verräter in die Wirschaft zu wechseln.

Das Interview führte Miriam Schröder

Sigmar Gabriel will für den Zugkonzern Siemens Alstom arbeiten. Das schädigt das Vertrauen in Politiker, sagt Timo Lange von Lobbycontrol.

taz: Herr Lange, der ehemalige Wirtschafts- und Außenminister Sigmar Gabriel will in den Verwaltungsrat des deutsch-französischen Zugkonzerns Siemens Alstom einziehen. Was ist daran problematisch?

Timo Lange: Herr Gabriel war als Wirtschaftsminister direkt mit den Anliegen von Siemens befasst und hat sich gerade bei der Fusion beider Unternehmen persönlich stark für Siemens eingesetzt. Jetzt, kurz nach dem Ende seiner Amtszeit, wird er von dem Konzern eingekauft. Das hat ein Geschmäckle.

Aber ist es nicht nachvollziehbar, dass ein Politiker sich für die Tätigkeit bei einem Unternehmen entscheidet, das er während seiner Amtszeit kennengelernt hat?

Nachvollziehbar vielleicht schon – es geht aber darum, dass es eine Verknüpfung zwischen seiner politischen Tätigkeit für Siemens und der Berufung in den Verwaltungsrat gibt.

Warum?

Wechsel von Spitzenpolitikern zu Verbänden und Unternehmen führen regelmäßig dazu, dass das Vertrauen in die Unabhängigkeit der Regierungsmitglieder geschädigt wird und der Eindruck entsteht, hier wird gemeinsame Sache mit den Unternehmen gemacht und sich eine politische Karriere am Ende vergoldet. Das trägt dazu bei, dass Menschen sich aus der Politik zurückziehen und populistischen Parolen folgen.

Gabriel hat verkündet, er werde erst 12 Monate nach Ende seiner Amtszeit bei Siemens anfangen. Reicht das nicht?

Das Karenzzeitgremium gibt eine Empfehlung zur Dauer dieser Frist. Wir hoffen, dass es sich im Fall von Gabriel dafür ausspricht, sie auf das Maximum von 18 Monaten auszudehnen. Eigentlich fordert Lobbycontrol, dass die Karenzzeit gesetzlich auf drei Jahre festgelegt wird – gerade in Fällen, in denen ein Minister oder ein Staatssekretär in Entscheidungen involviert war, die das Unternehmen direkt betroffen haben.

Quelle   :    TAZ         >>>>>        weiterlesen

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Grafikquellen    :

Oben    —    Claudia Kade:        Twitter

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2.) von Oben   —    alf frommer       Twitter

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3.) von Oben   —  Sigmar Gabriel während der Münchner Sicherheitskonferenz 2017

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Source https://www.securityconference.de/mediathek/munich-security-conference-2017/image/sigmar-gabriel-1/filter/image/
Author Hildenbrand /MSC
Permission
(Reusing this file)
https://www.securityconference.de/en/legal-advice/

Unten   —      Bronzeskulptur Mann in Drehtür von Waldemar Otto 1986

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