Die CDU macht Muttiland
Erstellt von Redaktion am Mittwoch 10. Oktober 2018
Zwischen Steinhagen und Cottbus
Auf die Hitze des Sommers, kann nur einer kalter Winter folgen.
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Die CDU war immer ein Kanzlerwahlverein. Das ist eine Tradition, auf die sich Angela Merkel nicht mehr verlassen kann.
Stadt oder Land? Osten oder Westen? Modern oder konservativ, und dann noch die ewig leidige Frage, wie man es mit der kapriziösen Verwandtschaft aus Bayern halten soll: Die Fliehkräfte scheinen mit jedem Mal größer zu werden, wenn das Führungspersonal der CDU sein Mantra von der Geschlossenheit aufsagt. Der Riss geht inzwischen quer durch die Unionsfraktion. Der Moment, als Ralph Brinkhaus den langjährigen Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder aus dem Amt fegte, führte das überdeutlich vor Augen. Das Ereignis deuten viele als Vorboten für das Ende der Ära Angela Merkel.
„Die dröhnende Stille“ – einer der letzten Artikel, die Günter Bannas im März als Leiter des FAZ-Hauptstadtbüros über Merkels vierte Amtsvereidigung geschrieben hatte, bevor er sich nach über vier Jahrzehnten in den Ruhestand verabschiedete – liest sich wie ein Seismograf. Die CDU-Vorsitzende erreichte nur neun Stimmen mehr, als das Grundgesetz für die Kanzlermehrheit vorsieht. Die Unionsfraktion hätte laut jubeln können, um bei der Bekanntgabe des Wahlergebnisses die Demütigung akustisch zu übertönen, stattdessen: Schweigen. Bannas und seine Kollegen erkundigten sich bei SPD-Politikern, einige berichteten, sie hatten schon vor der Abstimmung den Eindruck, in der Unionsfraktion formiere sich eine „Tea Party“.
Ein Anruf im Gütersloher Wahlkreis des Überraschungssiegers Brinkhaus, vom Beben im politischen Berlin, das seine Wahl ausgelöst hat, ist der Basis-Mann am anderen Ende der Leitung nicht nur geografisch weit entfernt. Karl-Heinz David, CDU-Mann aus Steinhagen, war lange Jahre Kommunalpolitiker, mit Brinkhaus hat er in der Region zig Wahlkampfauftritte zu den Bundestagswahlen bestritten. „Ruhig, sachlich, ein exzellenter Finanzpolitiker“, sagt David über Brinkhaus. Einer, der zuhöre und jederzeit ansprechbar sei, das klingt wie der Gegenentwurf zu dem, was aus der Fraktion über Volker Kauder kolportiert wird. Im Gütersloher Stadtrat hat der Wirtschaftsliberale allerdings gezeigt, dass er die Abteilung Attacke ebenfalls beherrscht. Da war Brinkhaus CDU-Fraktionschef einer schwarz-grünen Plattform unter einer SPD-Bürgermeisterin, seine scharfe Kritik an deren „Führungsschwäche“ sorgte damals für Schlagzeilen in der Lokalpresse.
Da stehen sie und klatschen aus Dummheit in die Pratzen
Fragt man Karl-Heinz David, wie die Stimmung unter den CDU-Mitgliedern in den vergangenen Wochen war, kommt er schnell auf Horst Seehofer zu sprechen. Unmut ist deutlich zu spüren. Erst der Streit um die Asylpolitik, bei der Causa Maaßen drohte dann der Geduldsfaden zu reißen. Das passt zu den kurz darauf veröffentlichten Umfragen: Als Hauptschuldigen der Regierungskrisen nimmt die Mehrheit der Bevölkerung den Innenminister wahr. Im Unterschied zu den politischen Kommentatoren trauen die CDU-Mitglieder Merkel weiter die Kraft zu, ein Machtwort zu sprechen. Merkel sich selbst anscheinend ebenfalls. Sie stellt in Aussicht, beim Parteitag im Dezember erneut für den CDU-Vorsitz zu kandidieren. Davor stehen allerdings Landtagswahlen in Bayern und Hessen an; wenn man wechselseitig Merkel und Seehofer als Sündenböcke für schlechte Ergebnisse heranzieht, kann schnell die nächste Eskalation zwischen den Schwesterparteien entstehen.
Eine gewisse Doppelmoral
Quelle : Der Freitag >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Bundeskanzlerin Deutschland Federal Chancellor Germany
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Unten — 28. Parteitag der CDU Deutschlands am 14. Dezember 2015 in Karlsruhe