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„Schweigen wäre falsch“

Erstellt von DL-Redaktion am Freitag 4. August 2017

Boris Palmer über Flüchtlingspolitik

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Tübingens OB wirft Merkel unzulässigen Moralismus vor. Und er kritisiert den Hochmut des liberalen Bürgertums und dessen Verachtung für die ängstliche Unterschicht.

Hier also ein Stein des Anstoßens. Ein Interwiev mit Boris Palmer und ich komme nicht herum, ihm in gewissen Punkten zuzustimmen.  Redaktion DL -IE

von Benno Stieber

taz: Herr Palmer, Sie haben ein Buch geschrieben, im dem sie Ihre kritische Haltung zur Flüchtlingspolitik der Kanzlerin erklären. Was ist seit 2015 falsch gelaufen?

Boris Palmer: Rückblickend gar nicht so viel. Aber ich finde, dass Angela Merkel die Sache unzulässig moralisch aufgeladen hat. Die Behauptung, es sei ein moralischer Imperativ, die Flüchtlinge aufzunehmen, wurde von ihr selbst in die Welt gesetzt. Sie hat ihn aber vor September 2015 und nach März 2016 selbst nicht befolgt. Und was nach wie vor fehlt, sind legale und sichere Wege für Einwanderung, auch für Asylbewerber.

Ihr Parteifreund Anton Hofreiter hat Merkel in der taz gerade wegen der Klimapolitik vorgeworfen, sie habe die „Heuchelei zur Kunstform erhoben“. Trifft das auch auf die Flüchtlingspolitik zu?

Ich würde den Begriff Heuchelei aus Respekt vor dem Amt nie auf die Kanzlerin anwenden.

Als Oberbürgermeister haben Sie in Ihrer Stadt respektable Flüchtlingsarbeit geleistet. Trotzdem gaben Sie von Anfang an den grünen Bedenkenträger. Warum können Sie sich nicht darüber freuen, dass in diesem Land eine so große Hilfsbereitschaft herrscht, die bis heute anhält?

Kann ich. Es ist nur die Frage, wie man das erhält. Wenn man es übertreibt, riskiert man die weltoffene Gesellschaft, die Deutschland in den letzten 25 Jahren geworden ist. Es ist übertrieben, so zu tun, als wären auch jährlich eine Million Flüchtlinge kein Problem. Zur Übertreibung gehört, dass man alle, die skeptisch sind, als Rassisten ausgrenzt. Im Ziel gibt es gar keine Differenzen. Ich will, dass Deutschland ein flüchtlingsfreundliches Land ist.

Aber Sie nennen Ihr Buch „Wir können nicht allen helfen“…

Ist daran etwas falsch?

Entweder ist das eine Binsenweisheit – oder Sie wollen eigentlich etwas anderes damit sagen.

Nein, ich will nichts anderes sagen. Es ist ein Allgemeinplatz, dass wir nicht alle Flüchtlinge in Europa aufnehmen können. Aber es regt trotzdem manche Leute auf. Für die klingt das wie „Das Boot ist voll“. Genau gegen diese Kurzschlüsse wehre ich mich.

Sie finden, man rufe zu schnell Rassist. Kann man deshalb dem „grünen Professor“ aus Tübingen recht geben, der angesichts der vielen Flüchtlinge Angst um seine „blonde Tochter“ hat, wie Sie das in einem Spiegel-Interview getan haben?

Dieser Professor hat nun mal’ne blonde Tochter. Soll ich dem sagen, Du bist ein Rassist, weil du die Haarfarbe deiner Tochter ins Spiel bringst? Oder sage ich besser: „Ich kann deine Sorgen verstehen, lassen Sie uns schauen, was wir tun können“?

Man könnte ihn ja darauf aufmerksam machen, dass es nicht nur um seine blonde Töchter und deutsche Frauen geht, sondern darum, das Leben in einer Stadt für alle sicherer zu machen.

Quelle   :  TAZ >>>>> weiterlesen

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Grafikquelle    :   Boris Palmer, Green mayor of Tübingen in Germany. Picture by Christoph Streckhardt, supplied to me by himself under the CC-BY-SA-2.0 license.

 

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