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Schatzsuche in tiefsten Gewässern

Erstellt von Redaktion am Dienstag 24. März 2015

Die Offshore-Förderung von Öl und Gas führt weltweit zu neuen Grenzkonflikten

von Michael T. Klare

Seit China im Mai 2014 die Tiefseebohrinsel Haiyang Shiyou 981 (HYSY-981) in den umstrittenen Gewässern des Südchinesischen Meers stationiert hat, wird viel über die Motive Pekings spekuliert. Für westliche Beobachter demonstriert Peking damit seine Entschlossenheit, sowohl die eigenen Ansprüche auf eine „ausschließliche Wirtschaftszone“ (AWZ) durchzusetzen als auch Vietnam und die Philippinen daran zu hindern, ihre jeweiligen Ansprüche geltend zu machen.

Nach Meinung von Erica Downs, China-Expertin bei dem Washingtoner Thinktank Brookings Institution, ist die Errichtung der Bohrplattform HYSY-981 eine weitere Etappe in den seit Jahren laufenden Bemühungen Pekings, Rechtsansprüche auf umstrittene Seegebiete durchzusetzen. Dazu zählt Downs die Inbesitznahme des Scarborough Riffs – eines unbewohnten Atolls, das von China und den Philippinen beansprucht wird – wie auch die wiederholten Störmanöver gegen vietnamesische Vermessungsschiffe, die potenzielle Ölbohrstellen vor den Küsten Vietnams erkunden.

In den Augen vieler Chinesen sind solche Aktionen – wie andere ähnlich robuste Auftritte Pekings in umstrittenen Regionen des Ostchinesischen Meers auch – nur allzu berechtigt. Schließlich steigt China gerade zu einer regionalen Vormacht auf. Früher war es zu schwach, um seine Seegebiete zu schützen, meinen chinesische Experten, jetzt aber sei man stark genug, um die Kontrolle über diese Territorien zurückzugewinnen. Bei der Entscheidung, die Bohrplattform HYSY-981 im Seegebiet vor Vietnam zu errichten, haben zweifellos nationale und geopolitische Ambitionen eine wesentliche Rolle gespielt. Ein weiterer wichtiger Faktor ist das profane Interesse an der Entdeckung von Öl- und Gasvorkommen.

China braucht einfach mehr Öl und Erdgas, um sein Wirtschaftswachstum anzuheizen. Und man ist die zunehmende Abhängigkeit von den unzuverlässigen Energielieferanten im Nahen Osten und in Afrika längst leid. Das erklärt den Wunsch der chinesischen Führung, mehr Energie aus eigenen Quellen zu beziehen, also auch aus vermuteten Offshore-Lagerstätten in den von China kontrollierten Zonen des Ost- und Südchinesischen Meers. Diese mutmaßlich reichen Öl- und Gasvorkommen will Peking allein ausbeuten.

Bislang haben in den tiefen Gewässern des Ost- und Südchinesischen Meers noch nicht viele Bohrungen stattgefunden, sodass die Größe der dortigen Öl- und Gasvorkommen noch nicht bekannt ist. Nach Schätzungen der Energy Information Agency (EIA), einer für statistische Analysen zuständigen Behörde des US-Energieministeriums, lagern im Ostchinesischen Meer zwischen 60 und 100 Millionen Barrel Öl und 28 bis 56 Millionen Kubikmeter Gas. Für noch ergiebiger hält die EIA die Vorkommen im Südchinesischen Meer, die sie auf 11 Milliarden Barrel Öl und 530 Milliarden Kubikmeter Gas schätzt. Der staatliche Ölkonzern Chinese National Offshore Oil Corporation (CNOOC) geht sogar von weitaus größeren Volumen aus, nämlich von etwa 125 Milliarden Barrel Öl und sagenhaften 14 Billionen Kubikmeter Gas.

Um diese fossilen Reserven auszubeuten, investiert China erhebliche Summen in die Entwicklung von Tiefseebohrtechniken. Und es will sich gleichzeitig von westlicher Technologie unabhängiger machen, weshalb die CNOOC knapp 1 Milliarde Dollar für den Aufbau der ersten Halbtaucherbohrinsel (eben der HYSY-981) ausgegeben hat. Diese Plattform mit einem Förderdeck von der Größe eines Fußballfelds und einem Bohrturm in Höhe eines 40-stöckigen Wolkenkratzers kann Bohrungen in einer Meerestiefe von bis zu 3 000 Metern niederbringen und dann noch weitere 12 000 Meter in die Erdkruste vordringen.

Quelle: le monde diplomatique >>>>>> weiterlesen

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Fotoquelle; Wikipedia

Source US Coast Guard – 100421-G-XXXXL- 003 – Deepwater Horizon fire (Direct link)
Author Unknown

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