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Schalke war ein Mann

Erstellt von Redaktion am Freitag 8. Februar 2019

Nachruf auf Rudi Assauer

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von Martin Krauss

Rudi Assauer inszenierte sich als Malocher und Macho. So verkörperte der ­Ex-Schalke-Manager eine besondere Form der Modernisierung des Fußballs.

Was bleibt, wenn ein Fußballmanager stirbt? Rudi Assauer ist tot, und hier sieht man: In besonderen Fällen ist es eine ganze Stadt, die bleibt.

Das beinah einzige Symbol der Stadt Gelsenkirchen, die große Indoor-Outdoor-Halle, die mittlerweile auf den Namen „Veltins-Arena“ hört, ist nicht nur quasi das Werk von Rudi Assauer, es ist auch das Bild Gelsenkirchens. Sonst ist da nichts.

Als Rudi Assauer 1993 zum zweiten Mal vom FC Schalke 04 als Manager verpflichtet wurde, gab es Fanproteste. „Wenn Assauer kommt, gehen wir“, stand auf Plakaten. Der Mann, der einst beim verhassten Nachbarn Borussia Dortmund kickte, hatte auf Schalke keine gute Bilanz hinterlassen, als er das erste Mal seinen Schreibtisch bezogen hatte: 1986 musste er gehen, als „Schuldenmacher“ galt der Manager.

Doch es gibt auch viele Stimmen, die in Assauer, der erste Profimanager, der je auf Schalke gewirkt hat, den Mann sehen, der die Grundlagen für spätere Erfolge legte – mit aller Ambivalenz, die eine Modernisierung bedeutet. Es hatte Gründe, dass Assauer 1993 zurückgeholt wurde.

Rudi Assauer, mit Gel in den Haaren und Zigarre im Mund, präsentierte sich als sozialer Aufsteiger – eine Art fußballerischer Gerhard Schröder. „Schlotbaron“ nannte ihn die FAZ, der „Pate von Schalke“ war er dem Kicker, „Graf Koks von der Gasanstalt“ schrieb der Focus, und die Bunte wählte ihn zu einem der „50 erotischsten Männer Deutschlands“.

Diese Attribute fing sich der „schöne Rudi“ (Bild) ein, als Schalke auf dem Sprung war, ein europäischer Spitzenklub zu werden: 1997 der Uefa-Pokal, 2001 die „Vier-Minuten-Meisterschaft“, als man in Schalke feierte und Bayern München noch in der Nachspielzeit einen umstrittenen Freistoß verwandelte.

Kapitalisierung als Arbeiterverein

2001 wurde auch die große Halle mit Rollrasen und aufschiebbarem Dach eingeweiht. Anfangs hieß sie noch „Arena AufSchalke“, und das verweist auf die Art, wie Assauer den fußballerischen Strukturwandel im Ruhrgebiet vollzog. Assauer war derjenige, der das „mangelhafte Deutsch der früheren Bergleute zum Kultbegriff vermarktet“, kritisierte der Schriftsteller Hans-Dieter Baroth. Da ist was dran.

Während einer ersten Schalker Amtszeit hatte Assauer noch zwei arbeitslose Jugendliche, die sich kein Ticket leisten konnten, abgekanzelt: „Hasse kein Pulver, brauch’se nich auf Schalke“ – so jedenfalls zitierte ihn der Spiegel damals. In seiner zweiten Amtszeit hatte Assauer aber dann das Fundament gelegt, dass ihm solche Sprüche nicht übelgenommen werden: Malochersprüche, vor Heimspielen wird das Steigerlied gespielt, die Mannschaft musste mal in den Pütt fahren, und Fans, die in der AufSchalke-Arena ein Bier trinken wollen, zahlen das mit der Knappenkarte.

Schalker Pokaljubel02.jpg

Es war die Kapitalisierung von Schalke 04 unter dem Etikett des Arbeitervereins. Dass dies auf Akzeptanz stieß, hat nicht – oder nicht nur – mit cleverer PR zu tun, sondern sehr wohl auch damit, dass auch Rudi Assauer nicht daran rührte, den FC Schalke als mitgliedergeführten Klub zu belassen. Bei allen anderen Erstligakonkurrenten ist die Profiabteilung ausgelagert, Konkurrent Borussia Dortmund ist sogar an der Börse.

 Aber auch wenn Assauer die Grundlagen schuf, dass Schalke modern wurde, der ganz große Erfolg – im Fußball nennt man so etwas Meisterschaft – blieb ihm und seinem Verein verwehrt. Und Assauer wusste auch damit umzugehen. „Selbst wenn wir verlieren, haben wir gewonnen, weil wir Schalker sind“, formulierte er, oder: „Wir haben den Schriftzug in unserem Vereinslogo in ‚Hosenscheißer 04‘ geändert. Wir konnten ein großes Sponsoringpaket mit einer Windelfirma schnüren.“
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Grafikquellen        :

 

Oben     —         Description: Rudi Assauer, FC Schalke 04

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Unten       —       Description: Pokalsieger 2002 FC Schalke 04

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