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Erstellt von Redaktion am Dienstag 19. November 2019

China nutzt seine wirtschaftliche Macht

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 um deutsche Kritiker seiner Unterdrückungspolitik zum Schweigen zu bringen.

Von Nico Schmidt

Ungewöhnlicher Besuch war es, den der CDU-Bundestagsabgeordnete Michael Brand im Frühjahr 2016 in seinem Berliner Büro empfing. Eine chinesische Botschaftsdelegation hatte sich angekündigt. Statt Freundlichkeiten auszutauschen, kamen die Gäste schnell zum Punkt. „Sie unterstellten mir bösartig Unwahrheiten“, erinnert sich Brand, der damals dem Menschenrechtsausschuss des Bundestages vorsaß. „Das gipfelte darin, dass sie mich aufforderten, Bilder und Texte auf meiner Homepage zu ändern.“

Seit Jahren setzt Brand sich für die Menschen in Tibet ein. Fotos auf seiner Website zeigen ihn mit tibetischer Flagge, in Artikeln schrieb er über die „massive Zerstörung von religiösen Heiligtümern der Tibeter und die brutale Unterdrückung dieser einzigartigen Kultur“. Der chinesischen Regierung passte das nicht. Genauso wenig wie der Umstand, dass Brand der Aufforderung nicht folgte. Wenige Tage später wurde er zu einem Gespräch in die chinesische Botschaft gebeten. Dort, sagt Brand, habe der Botschafter die Forderung in einem Vier-Augen-Gespräch erneuert. Brand lehnte ab. Wenig später erklärte ihn die chinesische Regierung zur Persona non grata und untersagte dem deutschen Menschenrechtsausschuss eine geplante Reise nach China, solange Brand dabei sei.

In den vergangenen Monaten hat das Journalistenteam Investigate Europe recherchiert, wie eine chinesische Investitionsoffensive Europa verändert: China baut Eisenbahnlinien und Autobahnen, kauft Häfen und Stromnetze, Unternehmen in allen Sektoren und Branchen. Mehr als 300 Milliarden Euro hat China seit 2009 in Europa investiert.

Entgegen weitverbreiteten Befürchtungen hat Chinas wirtschaftliche Expansion Unternehmen von Norwegen bis Griechenland vor allem Wachstum und Jobs gebracht. Selbst bei Arbeitnehmern sind die Investoren häufig willkommen, Belege für wirtschaftlichen Schaden gibt es kaum. Doch zeigte sich auch, dass die chinesische Regierung ihre wirtschaftliche Macht zunehmend nutzt, um zu versuchen, europäische Unternehmer auf ihre Linie und Politiker wie Michael Brand zum Schweigen zu bringen. China geht zudem daran, Angehörige ethnischer Minderheiten Chinas, die in Deutschland, in den Niederlanden oder Finnland leben, zu kontrollieren. Mitten in Europa schüchtert Chinas Regierung Exil-Chinesen und Dissidenten ein, späht sie aus und versucht sie zu kriminalisieren.

Der soll ein Terrorist sein?

Fast 8.000 Kilometer von Peking entfernt, mitten in der Münchner Innenstadt, arbeitet ein Mann, den in Deutschland kaum jemand kennt, der für die chinesische Regierung aber einer der größten Staatsfeinde ist. Dolkun Isa sitzt in einem kleinen Büro – ohne Ausblick. Auf seinem Schreibtisch stapeln sich Menschenrechtsberichte, an der Wand hängen Auszeichnungen. Isa ist Mitte der 1990er aus China geflohen, inzwischen deutscher Staatsbürger und leitet den Weltkongress der Uiguren, den Dachverband der muslimischen Minderheit, die in der westchinesischen Provinz Xinjiang seit Jahrzehnten unterdrückt wird. Laut Menschenrechtsorganisationen befinden sich derzeit mindestens eine Million Menschen in Xinjiang in Gefängnissen, die von der chinesischen Regierung selbst „Umerziehungslager“ genannt werden. „Seit 2017 geht die Regierung brutal gegen die Uiguren in Xinjiang vor“, sagt Isa.

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Die Machthaber in Peking setzten Isa und seine Organisation auf eine Terrorliste. Mithilfe von Interpol forderten sie andere Staaten auf, ihnen Isas Standort mitzuteilen und ihn, wenn möglich, festzunehmen. Mit Erfolg: Isa wurde im vorvergangenen Jahr in Rom auf dem Weg zu einer Veranstaltung im italienischen Senat festgesetzt und erkennungsdienstlich behandelt, bevor man ihn wieder freiließ. Lebt und arbeitet mitten in München also ein internationaler Terrorist? Wohl kaum. Es gebe keine Hinweise auf terroristische Aktivitäten der Münchner Uiguren, heißt es beim bayrischen Verfassungsschutz. Die Bundesregierung überzeugte schließlich auch Interpol, den Sucheintrag für Isa aus dem System zu löschen. China protestierte.

In München befindet sich die größte uigurische Gemeinde Europas. Entlang der Isar leben etwa 800 Uiguren im Exil. Die haben seit Kurzem neue Nachbarn. Denn auf knapp 22.000 Quadratmetern ließ die chinesische Regierung ein neues Generalkonsulat errichten, mit Büro- und Wohngebäuden, Grünflächen und Basketballplatz. Von hier, heißt es aus Sicherheitskreisen, würde China seine nachrichtendienstlichen Aktivitäten in Westeuropa steuern.

Quellle         :          Der Freitag          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen        :

Oben       —        The official photo session of the G8 leaders, invited leaders and heads of international organizations: (Front row, left to right:) President of the People’s Republic of China Hu Jintao, French President Jacques Chirac, Russian President Vladimir Putin, German Federal Chancellor Angela Merkel, U.S. President George Bush. (Second row, left to right:) President of the Republic of South Africa Thabo Mvuyelwa Mbeki, Mexican President Vicente Fox Quesada, Japanese Prime Minister Junichiro Koizumi, Canadian Prime Minister Stephen Harper and President of the Republic of the Congo Denis Sassou-Nguesso.

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