Richter weisen Justizopfer die Tür
Erstellt von Redaktion am Samstag 12. November 2016
Berufungsprozess um Schmerzensgeld:
Kuß von Zeugenvernehmung ausgeschlossen
Es ist ein wohl beispielloser Prozess-Marathon, den das Justizopfer Norbert Kuß seit zwölf Jahren bewältigen muss. Vor dem Oberlandesgericht geht es um Schadenersatz von einer Gerichtsgutachterin. Kuß sollte auf seine Ex-Pflegetochter treffen, die ihn ins Gefängnis brachte. Doch es kam anders.
Ausgerechnet Saal 38. An diesen Ort hat Norbert Kuß (73) die denkbar schlechtesten Erinnerungen. Im großen Schwurgerichtssaal im Saarbrücker Landgericht saß er gestern wieder auf dem Platz, an dem er am 24. Mai 2004 ein für ihn unfassbares, unerträgliches Urteil hinnehmen musste: drei Jahre Haft wegen sexuellen Missbrauchs seiner Pflegetochter. Denn Kuß war unschuldig. Das stellten andere Richter freilich erst neun Jahre später fest – ein Justizskandal, denn Schlamperei und Bummelei waren mit im Spiel. Und obwohl Kuß seit 2013 einen Freispruch erster Klasse in der Tasche trägt, sich eine saarländische Justizministerin bei ihm entschuldigte, und obwohl ihm das Landgericht Schmerzensgeld von 50 000 Euro von der Homburger Gutachterin zusprach, die 2004 nach Ansicht der Richter grob fahrlässig vorgegangen war – obwohl all dies das Justizopfer Kuß voll rehabilitiert, musste er sich gestern wieder als Schuldiger fühlen.
Jedenfalls sahen das viele seiner Freunde so, die mitgekommen waren, um den zweiten Termin des Berufungsverfahrens mitzuerleben – noch ist der schwere Weg für die Marpinger Familie nicht beendet. Diesmal ist es die Homburger Gutachterin R-J., die – gegen Kuss – um ihr Geld, vor allem aber um ihren Ruf kämpft. Deshalb suchen Zivilrichter nun ein drittes Mal nach der Wahrheit: War das Gutachten, das die Aussagen der Pflegetochter als glaubhaft, weil „erlebnisorientiert“, einstufte, tatsächlich fehlerhaft? Aus diesem Grund war gestern nicht nur ein „Obergutachter“ – der TopGlaubhaftigkeitsexperte der Republik, Max Steller – geladen, sondern auch die heute 27-jährige frühere Pflegetochter Susi (Name geändert). Wie man erfuhr, befindet sie sich seit März 2014 in neurologisch-psychiatrischer Behandlung, wird seit 1. Oktober stationär betreut.
Quelle : Saarbrücker – Zeitung >>>>> weiterlesen
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Fotoquelle :
Richterroben am Bundesverfassungsgericht
CC-BY-SA-3.0-DE.