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quo vadis, Bundestag?

Erstellt von DL-Redaktion am Mittwoch 25. April 2012

Rederecht im Bundestag

Vor kurzem wollten Union, FDP und SPD das Rederecht von Abgeordneten stärker einschränken. Sprechen sollten nur noch Abgeordnete, die den Fraktionen nach dem Mund reden. Nur wenn es den Fraktionen ins Konzept passt, sollten Abgeordnete von ihrem Rederecht im Bundestag gebrauch machen dürfen. Klar im Zeitalter der Übertragungen von Bundestagssitzungen ist es unangenehm, wenn der Bürger auch andere und aufklärende Meinungen ihrer gewählten Abgeordneten hören kann.

Anlass dazu gab Bundestagspräsident Norbert Lammert, der in der Debatte wegen des Euro-Rettungsschirms wiederholt Gegnern der Milliardenhilfen erlaubt hatte, fünf Minuten zu reden. Natürlich wurden diese nicht von ihren Fraktionen als Redner aufgestellt. Warum auch? Aber wir als das Stimmvieh haben einiges über das Treiben der unverantwortlichen Politik mitbekommen. Das ist natürlich unangenehm für die Übrigen, die infolge eines Fraktionszwangs, der nirgends niedergeschrieben ist, alles abnicken, was ihnen vorgelegt wird. Lammert bekam deswegen eine Rüge vom Ältestenrat erteilt.

Nach den Vorschlag einer abgeänderten Geschäftsordnung sollte der Bundestagspräsident dazu verpflichtet werden, nur noch das Wort an von den Fraktionen eingeteilte Redner zu erteilen. Andere Abgeordnete, so genannte „Abweichler“ (also die Gegner) hätten demnach nur noch ausnahmsweise zu Wort kommen können. Die Regel ist, jeder Parlamentarier kann vor einer Abstimmung wenn er will fünf Minuten lang sein Votum gegen einen vorgesehenen Beschluss begründen.

Als CDU, FDP und SPD die Änderung auf eine solche Einschränkung zur Sprache brachten, warnte der frühere Vize-Bundestagspräsident Burkhard Hirsch vor einer „Aushöhlung der Glaubwürdigkeit des Bundestags. Was für eine Glaubwürdigkeit meinte er?

Wenn man nach dem Grundgesetz geht, kennt dieses den Begriff „Fraktion“ nicht, ergo auch nicht den so genannten Fraktionszwang. Schon das Wort „Zwang“ weißt eher auf eine Diktatur als auf eine Demokratie hin. Heißt es nicht in Artikel 38 des GG, dass Abgeordnete als Vertreter des ganzen Volkes an Aufträge und Weisungen nicht gebunden, sondern nur ihrem Gewissen unterworfen sind?

Hier sollte denjenigen, die anderer Meinung sind, also den Abweichlern, und wahrscheinlich eher für das Volk sprechen, als unsere „Elite“-Politiker, ein Maulkorb verpasst werden. Grüne und Linke kündigten Widerstand an. Aber kann man wirklich auf das Wort von Volker Beck (Grüne) vertrauen, wenn er sagt, die Pläne sind nicht „entscheidungsreif? Ist das nicht schon ein Hinweis dafür, dass die Vorgehensweise, wie zukünftig unangenehme Abgeordnete mundtot gemacht werden sollen, erst heimlich zwischen den Fraktionen ausgeklüngelt werden soll? Natürlich ohne Die Linke, die ist ja sowieso gegen alles, was einige wenige Abgeordnete in einem Ausschuss aushandeln.

„Parlament“ ist abgeleitet von dem französischen Wort „parler“ und bedeutet „reden“. Haben  nicht Abgeordnete das Recht, ihre persönliche Auffassung in der Sache kund zu tun? Lebt nicht ein Parlament von verschiedenen Meinungen? Freilich hat man schon mitbekommen, dass Abweichler von ihren Fraktionschefs, aber auch von der Kanzlerin selbst zur Läuterung in den „Beichtstuhl“ gerufen wurden. Was aber haben solche Vorgänge in einer Demokratie zu suchen? Wenn demokratische Abstimmungen nur noch vorgegaukelt werden, verkommt das Geschehen im Deutschen Bundestag zu einer den Wählerwillen verhöhnenden Seifenoper.

Mit Glaubwürdigkeit des Parlaments hat das gewiss nichts mehr zu tun, eher sind hier handfeste Vorbereitungen erkennbar, die im Grundgesetz festgeschriebenen Rechte von Parlamentarien gravierend einzuschränken. Demokratie geht jedenfalls anders und wir dürfen gespannt sein, was sich die Abgeordneten, die die Wahrheit nicht ertragen können, noch einfallen lassen werden. Nach Erfahrungen aus der Vergangenheit dürfte die Änderung der Geschäftsordnung jedenfalls nur vorerst vom Tisch sein, bis man eine geschicktere und für die übrige Bevölkerung nicht so leicht durchschaubare Lösung gefunden hat.

 Vorratsdatenspeicherung

Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger widersetzt sich derzeit noch gegen die geplante Einführung einer verdachtsunabhängigen Speicherung von Telekommunikationsdaten aller Bundesbürger. Der Druck ist groß, denn die EU-Kommission, also ein paar wenige Kommissare, wollen die Überwachung aller europäischen Bürger erreichen. Innenminister Friedrich hatte Leutheusser-Schnarrenbergers gemäßigten Entwurf zur „Überwachung“, in dem nur bei einem bestimmten Verdacht überwacht werden soll, mit massiven Verschärfungen ergänzt. Für ihren Widerstand ist die Ministerin ist schon offen im FDP-Präsidium kritisiert worden.

Die derzeitig bestehende EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung soll überarbeitet werden. Trotzdem hat die EU Kommissarin Malmström ungeachtet dessen ein Ultimatum gesetzt, die alten Richtlinien endlich umzusetzen, ansonsten drohe ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland. Der Druck auf Leutheusser-Schnarrenberger dürfte damit noch mehr gestiegen sein und der Rückhalt aus der FDP schwinden.

Findet nicht demnächst wieder ein die Aufmerksamkeit auf sich ziehendes internationales Fußballereignis statt?

Fiskalpakt

Der EU-Gipfel hat am 30.01.2012 den Fiskalpakt beschlossen. Nur England und Tschechien haben diesem nicht zugestimmt. Bis zum 1. Januar 2013 soll dieser ratifiziert werden. Der Vertrag beinhaltet neben einer Schuldenbremse und Sanktionen auch deutliche Budget-Einschränkungen der Staaten und enthält kein Kündigungsrecht. Ein ungeheuerlicher Vorgang, der formal allenfalls durch die Wiener Vertragsrechtskonvention aus dem Jahre 1969 aufgehoben werden kann. Diese besagt, dass nur wenn alle Staaten einverstanden sind, eine Auflösung machbar ist.

Nach unserem Grundgesetz § 109 (1)  sind Bund und Länder in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig. Der § 115 regelt die Kreditaufnahme und der § 143d die Schuldenbremse. Alle drei §§ dürfen nicht verändert werden.  Dieser EU-Fiskalpakt ist also in jedem Fall grundgesetzwidrig.

Zudem dürfen nach dem Fiskalpakt die Schulden 60 % der Wirtschaftsleistung nicht übersteigen. Deutschlands Schulden betragen derzeit 83 %. Mit diesem Vertrag wäre Deutschland gezwungen über mehr als 20 Jahre jährlich 5 % der Schulden abzubauen. Das ist ein gewaltiger Eingriff in die Haushaltshoheit eines Staates. Wie können sich Regierungen anmaßen, derartig über die Finanzen zukünftiger Legislaturperioden zu verfügen? Bereits bei den Bürgschaften der Euro-Rettungsschirme war hier die rote Linie längst überschritten!

Ein weiterer Abbau von sozialen Leistungen, die Einschränkung freiheitlicher Grundrechte wie z. B. wichtige demokratische Grundsätze und Rechte, wäre die Folge. Dasselbe gilt auch für das EU-Parlament.

Außerdem soll der EU-Rat, also die Regierungschefs dieses Pakts durch die Parlamente bestellt werden. Unser Grundgesetz schließt das aus. Der Artikel 20 im GG schließt einmal abgesehen davon, dass darin steht: „Alle Gewalt geht vom Volke aus“ die Budgethoheit mit ein. Hätten wir bei solch gravierenden Änderungen da nicht wenigstens ein Mitspracherecht? Faktisch bedeutet dies, eine Grundgesetzänderung ohne Legitimation durch das Volk.

Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist. (Art. 20 GG)

Europa ist auf dem Weg zu einer Föderation zu werden, nämlich den Vereinigten Staaten von Europa. Dies ist aber laut Urteil des BVG vom 30.06.2009 nicht zulässig.

Das alles ginge nur, wenn Deutschland sich über einen Volksentscheid eine neue Verfassung geben würde, wie es ebenfalls im Grundgesetz § 146 steht. Verlautbarungen unserer Bundesregierung an ein gemeinsames europäisches Finanz- und Wirtschaftsministerium sind ein eindeutiger Beweis solcher Planungen.

Die Vereinigten Staaten von Amerika gingen aus den dreizehn britischen Kolonien hervor, die 1776 ihre Unabhängigkeit erklärten. Mit dem Inkrafttreten der Verfassung 1788 wurden die zuvor souveränen Einzelstaaten Teil einer Bundesrepublik. Mit der Westexpansion der weißen Siedler, die mit der Verdrängung der indianischen Urbevölkerung einherging, wurden immer neue Territorien als Bundesstaaten in die Union aufgenommen, zuletzt 1959 Alaska und die Inselgruppe Hawaii. Heute sind die Vereinigten Staaten der flächenmäßig drittgrößte Staat und die größte Volkswirtschaft der Erde.

Unsere Regierung hat sich von Banken abhängig machen lassen. Gesetze – auch die europäischen – schreibt Josef Ackermann vor. Von 2008 bis 2010 hat Deutschland 13 % seiner Wirtschaftsleistung für die Bankenrettung verwendet, das sind 480 Milliarden Euro. In ganz Europa sind das inzwischen mehr als 1.600 Milliarden. Mit dem Gerede über die Eurokrise verdrängt die Regierung den Ursprung. Grund war die Bankenkrise durch die hemmungslose Zockerei von Banken und Investoren, die europäische Staaten in Schwierigkeiten gebracht hatte. Sollen die Banken mit der mittlerweile so genannten Eurokrise aus dem öffentlichen Blick verdrängt werden, damit diese weiterhin in Ruhe spekulieren und die Steuerzahler schröpfen können?

Wäre es nicht besser, diese Banken zu verkleinern und öffentlich rechtlich zu gestalten, anstatt weiterhin für deren und der Spekulanten Profit zu sorgen? Das Vermögen von 10 Prozent der Reichsten in Deutschland beträgt mittlerweile über 3 Billionen €, also mehr als die deutsche Staatsverschuldung. Die Gewinne aus Spekulationen stecken sie ein, die Verluste darf der Steuerzahler begleichen, wie gehabt. So wird z. B. das Elterngeld für Hartz-IV-Betroffene gestrichen, die diese soziale Leistung mit Sicherheit gut gebrauchen könnten.

Man muss nur nach Griechenland und anderen europäische Staaten sehen, wie diese verantwortungslose Politik von Merkel und Sarkozy wirkt. Der Sozialstaat wird dort immer rigoroser zerstört. Griechenland hat mittlerweile ein Minuswachstum und die Schulden sind von 130 Milliarden mittlerweile auf 170 Milliarden Euro angestiegen, trotz Rettungsschirmen. Jeden Tag steigt die Zahl der Obdachlosen, die Lebensmittel und Wohnungen nicht mehr bezahlen können. Auch dort getraut man sich – wie überall in Europa – an die Geldbeutel der Reichen nicht hin.

Die amerikanischen Rating-Agenturen hatten schnell reagiert und die Bestnoten für einige europäische Staaten herabgesetzt, als Saudi-Arabien und China nicht mehr in Dollar sondern in Euro investieren wollten. Erst diese Abstufung hat es möglich gemacht, Länder wie Griechenland, Spanien, Italien usw. in den Ruin zu treiben. Aber auch die deutsche Politik ist daran nicht unschuldig.

Jahrelang wurde Deutschland zum Exportweltmeister gekürt. Dabei wurde aber die Tatsache unterschlagen, dass dieser Exportüberschuss bei anderen Ländern permanent ins Minus führt. Die hohe Verschuldung europäischer Länder entstand auch und in der Hauptsache daraus, dass diese Länder selbst nicht so viel herstellen können, um ihre Handelsbilanz wieder auszugleichen. Zudem wurden Produktionen auch aus anderen europäischen Ländern nach Asien verlegt.

80 Prozent der von Lidl in Spanien verkauften Waren stammen aus Deutschland. Auch hier hat unsere Politik vieles mitzuverantworten und nicht die bösen Spanier, Griechen usw., haben über ihre Verhältnisse gelebt, wie uns immer wieder mit erhobenem Finger weisgemacht wird.

Auf der anderen Seite wird der Euro aber nicht abgewertet, weil letztendlich der Export im gesamten Europa angerechnet wird. Somit wird dann eine ausgeglichene gesamteuropäische Handelsbilanz konstruiert, die den anderen europäischen Staaten aber nicht zugute kommt. Könnte der Euro in Form eines Währungsausgleichs abgewertet werden, wie es bei Währungen anderen Staaten außerhalb der Eurozone möglich ist, könnten europäische Länder ihre Waren billiger verkaufen, wogegen sich Deutschland allerdings versperrt.

Fazit

Die Lügen der europäischen Regierungen und der Abbau von Demokratie werden immer dreister. Europa wird für Banken und Hedgefonds „gebastelt“, denen immer mehr zugebilligt wird. Die europäische Bevölkerung hat das Nachsehen. Sie muss schließlich am Ende die Zeche bezahlen.

Natürlich sind da „Abweichler“ nicht gerne gesehen, die wenigstens halbwegs versuchen, die Bevölkerung über so viel Verantwortungslosigkeit aufzuklären. Wenn diese Abgeordneten nicht mitspielen, werden mit Sicherheit einige davon bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr für ihre Wahlkreise aufgestellt werden. Aber sind es nicht die Anderen, die abgewählt gehören, die sich über die Listenplätze ihre Wahl in jedem Fall absichern? Wo stehen im Übrigen diese im Grundgesetz?

Glauben unsere Abgeordneten, die für diese unsoziale Politik verantwortlich sind wirklich, dass die Haftung aus den vielen Rettungsschirmen nie eintreffen wird? Vermutlich kommt diese schneller, als wir alle denken.  Schließlich sind nicht nur südliche Staaten in Europa in Gefahr. Auch andere wackeln und bewerben sich mittlerweile für den Rettungsschirm. Das aber wird uns verschwiegen!

Diese Staaten müssen nur aufpassen, dass sie ihre Einzahlungen in den ESM (europäischer Stabilitätsmechanismus) rechtzeitig tätigen, wenn der EU-Rat das verlangt, sonst bekommen sie nichts aus dem Rettungsschirm. Auch das steht im Fiskalpakt festgeschrieben. Europa wird geknebelt, wo es nur geht.

Auch die Vorratsdatenspeicherung ist Teil dieses Spiels. Die gespeicherten Daten sollen, wenn es nach Innenminister Friedrich geht, schon bei Ordnungswidrigkeiten für Geheimdienste zur Verfügung stehen. Man muss sich wirklich fragen, in was für einem Staat wir leben.

Selbst unser neuer Bundespräsident sprach in Stuttgart davon, dass er sich auf die vereinigten Staaten von Europa freue. War das einer der Gründe, warum sich CDU, CSU, FDP, SPD und die Grünen so schnell auf Herrn Gauck als Bundespräsidenten einigen konnten und weshalb Die Linke aus diesen Verhandlungen herausgehalten wurde?

Europa wird nicht zum Wohle der „kleinen Leute“ gebastelt, sondern für Banken und Spekulanten.

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Attribution: Joshua Sherurcij

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  • File:German Shepherd with Muzzle cropped.JPG
  • Erstellt: 1. Januar 2008

 

Ein Kommentar zu “quo vadis, Bundestag?”

  1. Thomas A. Bolle sagt:

    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,829701,00.html

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