Prozess/Danniaktivistin-Ella
Erstellt von Redaktion am Samstag 12. Juni 2021
Sanft und entschlossen gegen die Staatsgewalt
Quelle : Untergrundblättle – CH
Von „Quelle: Graswurzelrevolution“
Nach sechsmonatiger Beugehaft startete der Prozess gegen die Aktivistin „Ella“ vor dem Alsfelder Landgericht. Wir veröffentlichen hier eine längere Passage des Statements der Frau, deren Identität weiterhin unbekannt ist.
Ich habe mich der Aufgabe verschrieben, diese Wunden zu heilen. Seit einem halben Jahr bin ich nun im Gefängnis, dies hat mir ein schmerzhaftes Misstrauen gegenüber Institutionen beschert und gegenüber der Mentalität, die uns diesen Wahnsinn beschert.
Es ist ganz eindeutig, dass diese Mentalität weder unsere noch die Interessen der Erde vertritt. Sie respektiert weder unsere Bedürfnisse noch die der Erde. Ihre Vertreter fügen unserer Biosphäre und Lebensgrundlage eine Verletzung nach der anderen zu, alles wird zerstückelt und zerstört für die Maximierung kurzfristiger Profite.
Ich hoffe, dass wir nicht nur hier in diesem Gerichtssaal sind, um die Schuld oder Unschuld einer Person festzustellen. Wir müssen beginnen, eine Beziehung herzustellen zwischen der Plünderung und Zerstörung unseres Planeten und dem Denken, das nur Quantität sieht statt Qualität.
Ich hoffe, dass wir endlich sehen und fühlen und verstehen lernen, wie verheerend diese ökozidale Plünderung unseres wunderschönen und intelligenten Planeten ist.
Wir müssen eine Beziehung schmieden, die auf Qualität und nicht auf Quantität beruht. Eine Beziehung, die die Erde und ihre Pflanzen, ihr Ökosystem und ihre Spezies heilig hält, nicht nur in der Theorie, sondern in der Praxis. Ich frage dich, lieber Leser, liebe Zuhörerin, in welcher Welt wollen wir leben? Ich wünsche mir eine Welt, die den Schutz und die Erhaltung der Ökosphäre höher wertet als den Erhalt politischer und finanzieller Macht.
Wir alle sind miteinander verbunden und voneinander abhängig. Darum kann es ohne soziale Heilung keine Heilung des Ökosystems geben.
Ich strebe eine Neuorientierung hin zu Ganzheit und Integrität an. Das ist der Grund, warum wir heute hier sind, wofür ich heute hier stehe.“
Tronje Doehmer, der Anwalt der Angeklagten, weist anschliessend darauf hin, dass die Polizisten unzureichend gesichert waren, obwohl geeignete Sicherungsvorkehrungen zu ihrem Job und ihren Dienstanweisungen gehören. Sie hätten von unten versucht, Ella in 15 m Höhe von einer Traverse, einem quer gespannten Sicherungsseil, herunterzuholen. Dabei hätten sie, statt den Hubwagen zu nehmen, die junge Frau in dieser Höhe eingekesselt. In den vorherigen Wochen hatten Beamte bei Räumungen bereits Sicherungsseile durchgeschnitten, es gab mehrere schwere Verletzungen, was die jungen Menschen bei der Räumung zusätzlich verunsicherte. Schliesslich spricht Doehmer das Offenkundige aus: Dass nämlich die Vorwürfe der Anklage – Schläge ins Gesicht der Polizisten, Tritte und weitere Angriffe – auf den angeblichen Beweisvideos nicht zu sehen sind.
Am Ende seiner Rede fordert der Anwalt, die nunmehr ein halbes Jahr dauernde U-Haft seiner Mandantin zu beenden.
Ella freut sich über solidarische Präsenz im und vor dem Gericht. Die weiteren Hauptverhandlungstermine sind: 08.06., 15.06., 16.06. und 22.06., Amtsgericht Alsfeld.
Weitere Infos über und Texte von Ella, darunter Offene Briefe, ein Gedicht und ihre politische Erklärung vor Gericht, findet ihr unter https://freethemall.blackblogs.org/unbekannt/. Dort steht auch ihre aktuelle Postadresse.
Solidarische Briefe in den Knast sind sehr willkommen!
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Grafikquelle :
Oben — Gebäude des Amtsgerichts Alsfeld, Landgraf-Hermann-Straße 1 in Alsfeld.
Author | Bubo / Source — Own work |
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Unten — Protest vor der Landesvertretung Hessens in Berlin Oktober 2020