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posthum Väterchen Franz

Erstellt von Redaktion am Dienstag 15. November 2011

franz josef degenhardt, der unbeugsame

Franz Josef Degenhardt (1987) by Guenter Prust.jpg

ich freue mich, die würdigung meines freundes veit-ulrich zum tode von „väterchen“ franz auf dl veröffentlichen zu dürfen. seinen worten kann kaum etwas hinzugefügt werden.

by veitulrich

er konnte vokale dehnen wie ein bungee-seil. oder sie spitz zuschleifen wie das stilett eines süditalienischen edelmannes. aber es braucht nicht seiner bisweilen säuselnden, bisweileilen wütenden art zu outrieren, um franz josef degenhardt zu erkennen. wer diese stimme einmal gehört hat, wird sie eh nicht vergessen.

franz josef degenhardt ist tot. weggestorben ist uns ein seltener. ein poet und ein politischer mensch gleichzeitig. ein unbeugsamer auch unter den schlägen, die ihm zeit seines schaffens hinter fast jeder ecke auflauerten.

franz josef degenhardt begegnete uns lange zeit als kommunist. nicht nur das verband ihn mit einem anderen grossen des letzten jahrhunderts. mit bert brecht. beide setzten ihren starken poetischen muskel ein, um die politische botschaft zu transportieren. erklärend, fordernd, anklagend.

„café nach dem fall“. 22 minuten deutscher politik- und kultur-geschichte, die der degenhardt in den besuch einer berliner in-kneipe packt. die „horsti schmandhoff“-suite. über und wider den deutschen opportunismus, der sein ende durchaus nicht am 8. mai 1945 fand. „tango du midi“. die pastis-angereicherte erkenntis: nichts und niemand ist, wie es beim oberflächlichen hinsehen den anschein hat.

degenhardt war einer der verfemten, weil er die ddr bis zu ihrem ende für den besseren teil deutschlands hielt. das ist falsch, ändert aber auch nichts daran, dass er mit seinem musikalischen sezier-messer geschwüre der brd freilegte, die tatsächlich auch welche waren. mit „auf der heide“ hat degenhardt seine fehler bekannt und zurückgenommen. aber er hat busse nicht geleistet, in dem er sich an den mainstream heranrobbte und verkaufte, wie es andere ex-kommunisten (zum beispiel wolf b.) exerzierten.

„mit aufrechtem gang“ war franz josef degenhardt immer unterwegs. und hat uns gelehrt, dass der aufrechte gang tatsächlich keiner ist. unter den fallenstellern und schlägern, die von allen seiten dräuen nur nicht von vorne (danke, hrk). nicht, wer im ewigen rundgang sein brevier studiert, ist der aufrechte. sondern der, der aufsteht. immer wieder aufsteht.

franz josef degenhardt ist gestorben. ob er tot sein wird – das liegt an uns. jedenfalls hat er genügend hinterlassen, mit dem zu leben

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Grafikquelle   :   Franz Josef Degenhardt while an novelists meeting in Berlin on May 5, 1987

2 Kommentare zu “posthum Väterchen Franz”

  1. emschergenosse sagt:

     

    jo – und der Wolf B. wurde 75;
    dazu ein vorverfasster „Nachruf“
    von
    Wiglaf Droste

     

  2. Gilbert Kallenborn sagt:

    Kann nichts schreiben.
    Habe ein bischen nasse Augen bekommen.
    Gehe jetzt in den Keller, meine alten Schallplatten von ihm suchen, irgendwo ist auch der alte Plattenspieler. Vielleicht funktionieren die Sachen noch. Trotz der vielen Kratzer.
    Ein großer Mann ist von uns gegangen.
    Ihm haben sie nie einen A.–Bambi verliehen, das Müll-und Brüll- TV oder die Schmalzbuden ARD, ZDF samt Privatrechtlichen.
    Die Erben sollten sich was überlegen, sein Werk auch den Jüngeren kostengünstiger zur Verfügung zu stellen, denn allein auf CD gebrannt -da langen 10 CDs nicht -kann die junge Generation sich seine Lieder nicht kaufen/leisten.
    Schade drum. Macht was. Er hätte es so gewollt.

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