Poetical – Correctness
Erstellt von DL-Redaktion am Mittwoch 1. Februar 2023
Könnten wir die FDP gegen Klimaschutz eintauschen?
Kolumne von Lin Hierse
Die FDP gilt ja als wesentliche Blockiererin im Kampf gegen die größte Krise unserer Zeit. Das Verkehrsministerium unter Volker Wissing verstößt seit Monaten trotzig gegen das Klimaschutzgesetz.
Dem Verbrenner-Aus ab 2035 verweigert man sich, Autobahnausbau liebt man, und eine Friedrichstraße, die Fußgehende und Radfahrer*innen priorisiert, findet man unfrei. Auch ein Tempolimit, das laut einer neuen Studie des Umweltbundesamts deutlich mehr CO2 einsparen würde als bisher angenommen, lehnen die Liberalen weiterhin ab und fordern lieber Gefängnisstrafen für Klimaaktivist*innen.
Paradoxerweise will die FDP aber auch eine innovative Partei sein. Also nicht Blockade, sondern Fortschritt, Wachstum, Wohlstandserhalt für (fast) alle. Bei der FDP hat man durchaus Ideen, auch fürs Klima. Natürlich sind die nicht immer zu Ende gedacht und schaffen es manchmal nur knapp über eine Fünfprozenthürde. Aber auch ein erster Denkimpuls kann hilfreich sein, etwa einer wie der vom FDP-Fraktionsvorsitzenden Christian Dürr.
Christian Dürr ist ein Mann der Gegenwart, sonst wäre er nicht FDP-Fraktionsvorsitzender. Und als solcher kennt er die drängendsten Herausforderungen der Zeit. Etwa: Wie halten wir die Klimakatastrophe auf? Und: Wie gehen wir mit großen Migrations- und Fluchtbewegungen um? Ein liberales Superhirn wie Christian Dürr denkt diese Fragen zusammen. In der Bild-Zeitung schlug er am vergangenen Freitag vor: „Um Druck auf die Herkunftsländer auszuüben, könnten wir Rücknahmen zum Beispiel an Geld für den Klimaschutz koppeln. Wer seine Landsleute zurücknimmt, erhält im Gegenzug Unterstützung etwa bei der Produktion von klimaneutralen Kraftstoffen für Autos in Deutschland.“ Was Christian Dürr hier vorschwebt, ist ein Tausch von Menschen gegen Geld. Kurz: Menschenhandel.
Nun darf man bei allem Entsetzen über so einen ethischen und übrigens auch klimapolitischen Totalausfall nicht vergessen, dass Dürr lange nicht der erste und einzige „Visionär“ in diesem Bereich ist. Sein Vorschlag ist zutiefst kolonial und baut auf eine Tradition ausbeutender Ökonomien auf, die Menschen als Ware sehen und als solche verscherbeln. Das hat mit Sklavenhandel begonnen und zeigt sich heute noch in Form von Dumpinglöhnen und grausamen Arbeitsbedingungen in südasiatischen Fabriken oder auf europäischen Obstfeldern – oder eben in der durchaus verbreiteten Vorstellung, Asyl solle nur bekommen, wer eine gute Ausbildung genossen hat und auf dem inländischen Arbeitsmarkt verwertet werden kann. Menschenrechte sind aber auch im Vielzuspätkapitalismus nicht verhandelbar.
Quelle : TAZ-online >>>>> weiterlesen
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Grafikquellen :
Oben — Binnen-i-radfahrerinnen Straßenschild „Ende der Bus- und Fahrradstrecke“ Schlagworte: Politische Korrektheit, Binnen-I Ort: Linz, Österreich Datum: 2005-01-15
Unten — Ameena Saeed Hasan, Iraq, 2015 TIP Heroine