DEMOKRATISCH – LINKS

                      KRITISCHE INTERNET-ZEITUNG

RENTENANGST

Poetical – Correctness

Erstellt von DL-Redaktion am Mittwoch 22. Dezember 2021

Eine pandemische Festtags-Geschichte

Kolumne von Lin Hierse

Es begab sich aber zu der Zeit, dass eine Empfehlung von Ex­per­t:in­nen ausging, dass alle Welt geimpft würde und es sofortige Kontaktbeschränkungen geben müsste. Diese Maßnahmen waren wichtig, da seit zwei Jahren eine furchtbare Pandemie wütete, eine kaum erforschte Virusvariante das Infektionsgeschehen beherrschte und niemand Kenntnis von einem besseren Mittel zu dessen Eindämmung hatte.

Und so sollte je­de:r losgehen, sich piksen zu lassen, zum Schutz der eigenen Gesundheit und auch für die Nächsten und Übernächsten. Da machte sich auf auch Marya, auf dass sie sich boostern ließe, allerdings ohne ihren Partner Jo, der war ein Impfverweigerer, und Marya hatte ihn deshalb verlassen, sie konnte sein Gerede von „Unterdrückung“ nicht ertragen. Außerdem war sie schwanger und sorgte sich um das Kind.

Als die Zeit kam, dass Marya gebären sollte, hatte sie große Angst, denn Hebammen gab es zu wenige, medizinisches Personal war so erschöpft, wie noch niemals jemand erschöpft gewesen war – die Regierenden hatten das Gesundheitssystem jahrelang kaputtgespart. Doch Marya hatte Glück, es fand sich ein Bett in einem Krankenhausflur, wo sie 30 Stunden kämpfte, bis sie ihr Kind im Arm halten konnte.

„Von was für einer Welt soll ich dir nur erzählen“, flüsterte Marya dem Säugling erschöpft ins Ohr, während sich auf den Straßen Menschen versammelten. Manche kleideten sich wie Hirten, klemmten sich Masken unters Kinn und trugen Schilder, auf denen geschrieben stand, sie kämpften gegen eine Diktatur. Oft gingen sie dabei gemeinsam mit solchen, die bei der Diktatur in diesem Land vor 80 Jahren begeistert mitgemacht hätten. Nicht selten fanden welche, dass damals „doch nicht alles schlecht gewesen ist“.

Andere wiederum mussten trotz des Gebots der Kontaktreduzierung lange Stunden unter vielen Menschen arbeiten, oder gleichzeitig Kinder betreuen und arbeiten, oder sich in ungeheizten Klassenzimmern dem hoch ansteckenden Virus aussetzen. Denn über allen Geboten lag in dieser Welt das Gebot, den heiligen Geist der Wirtschaft zu schützen.

Als Marya dann ihren Sohn erzählen wollte, wer denn der wahre Vater sei, wurde sie von der Erleuchtung überrascht:  „Der da Oben konnte es doch gar nicht gewesen sein, das war doch der Erfinder des Kondom und benutzte es auch, als er mir Beischlief.“

Quelle       :     TAZ-online          >>>>>        weiterlesen

*********************************************************

Grafikquellen          :

Beispiel einer Freikrippe (Schwimmende Krippe in der Veldener Bucht auf dem Wörthersee)

Kommentar schreiben

XHTML: Sie können diese Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>