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Pläne der Ampelkoalition

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 23. Dezember 2021

Die neue Digital-Begeisterung

2018-09-02 - Glasfaser Hauptverteiler Klein Waabs.jpg

Von Svenja Bergt

Für die neue Ampelkoalition ist es einfach, mit Digitalthemen zu punkten. Aber in manchen Stellen im Koalitionsvertrag steckt Gruseliges.

Die Digitalpolitik der vergangenen Bundesregierungen hinterließ mitunter den Eindruck, dass es besser gewesen wäre, sie hätten nichts getan. Nicht ein x-tes Mal die Vorratsdatenspeicherung einbringen, obwohl der Europäische Gerichtshof ganz klar gesagt hat, dass damit die Grundrechte von Bür­ge­r:in­nen verletzt werden. Nicht eine Steigerung von 1,8 Prozentpunkten bei der Versorgung von Haushalten mit mittelschnellem Internet als Erfolg verkaufen. Kein Pilotprojekt für Flugtaxis starten – und fördern.

Und nicht auf europäischer Ebene dafür sorgen, dass die in Arbeit befindliche E-Privacy-Verordnung, die unter anderem die digitale Kommunikation besser schützen soll, verwässert wird, weil irgendwelche Branchen in Deutschland der Ansicht sind, die zur Debatte stehenden Regeln könnten ihre Geschäftsmodelle bedrohen. Einfach mal nichts tun.

Das Problem ist natürlich: Wer nichts tut, verbockt zwar (im besten Falle) auch nichts, kümmert sich aber auch nicht um das Notwendigste. Zum Beispiel darum, dass endlich alle Menschen in Deutschland Zugang zu einem Glasfaser-Internetanschluss haben. Und ja, auch alle Schulen. Inklusive der notwendigen Endgeräte.

Dass Bundes- und Landesbehörden und andere staatliche oder öffentliche Stellen und Unternehmen nicht mit Software-Produkten von US-amerikanischen Herstellern mit Überwachungstendenzen arbeiten. Dass internetfähige Geräte regelmäßige Updates bekommen und nicht teilweise schon beim Kauf völlig veraltet sind.

In den Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP haben es Sätze geschafft, die klingen, als hätte die Ampel das mit der Digitalisierung verstanden. Als hätte sie die Fallstricke und Dissonanzen dabei genauso durchdacht wie die Auswirkungen auf die Individuen und die gesamte Gesellschaft.

Zu komplex? Ein Beispiel: „Wir stärken digitale Bürgerrechte und IT-Sicherheit. Sie zu gewährleisten ist staatliche Pflicht.“ Diesen Satz hat die neue Koalition sich in ihr Programm geschrieben und man möchte nicht nur rufen: Ja, endlich hat es mal jemand in (von damals aus gesehen baldiger) Regierungsverantwortung erkannt!

Sondern man möchte auch noch überlegen, was in diesen zwei kurzen Sätzen eigentlich alles drinsteckt: Zum Beispiel, dass das Ausnutzen von Sicherheitslücken durch staatliche Stellen zu Überwachungs- oder Spionagezwecken nicht geht. Denn es schwächt die IT-Sicherheit.

Dass sämtliche Überwachungspläne von Vorratsdatenspeicherung bis zur Überwachung verschlüsselter Messenger-Kommunikation, wie sie auf EU-Ebene vorangetrieben wird, eingestellt werden müssen. Dass Behörden oder öffentliche Einrichtungen wie Schulen softwaremäßig ganz anders aufgestellt werden müssen, denn was dort passiert, hat mit IT-Sicherheit teilweise wenig zu tun. Dass es eine detaillierte Update-Pflicht für vernetzte Geräte geben muss, damit Ver­brau­che­r:in­nen nicht Smartphones, vernetzte Küchenmaschinen oder Staubsaugerroboter verwenden, die dank völlig veralteter Software angreifbar sind.

Nicht nur der Sommerabend am See

Oder ein anderer Satz: „Für öffentliche IT-Projekte schreiben wir offene Standards fest. Entwicklungsaufträge werden in der Regel als Open Source beauftragt, die entsprechende Software wird grundsätzlich öffentlich gemacht.“ Hier wird eine alte Forderung von Ak­teu­r:in­nen aufgenommen, die sich mit digitalem Verbraucherschutz auskennen: Public Money, Public Code.

Camionnettes CityPlay Amiens.jpg

Wenn der Staat Software in Auftrag gibt, dann soll diese bitte auch quelloffen sein. Damit Interessierte, Gelangweilte oder Neugierige reinschauen können, was eigentlich drin steckt, zum Beispiel in der Corona-Warn-App. Die war nämlich einer der extrem raren Fälle, in denen der Code tatsächlich unter einer Open-Source-Lizenz erstellt wurde.

Man könnte noch eine Weile weitermachen mit schönen und richtigen Sätzen, etwa zum Thema Recht auf Verschlüsselung (soll kommen), biometrische Überwachung im öffentlichen Raum (geht nicht) oder Bundestransparenzgesetz (geplant). Aber der Koalitionsvertrag ist eben nicht nur der Sommerabend am See, an dem alles möglich erscheint – sondern auch die Fahrt durch das Gewitter nach Hause.

Quelle      :         TAZ-online          >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen          :

Oben     — Hier zusehen ist der Hauptverteiler der Schleswiger Stadtwerke in Klein Waabs in offenem Zustand. Links an der Seite sind Servicesteckdosen hochkant verbaut. Dahinter sind die Sicherungen und hinter der Tür steht die Säule der lokales Energieversorgers. Unter der gesamten Sockelverkleidung des Kastens befinden sich Akkus zum Puffern der Versorgung. Die beiden grauen Leisten über den 19 Zollfeldern sind LED-Beleuchtungen. Ganz rechts sind die einzelnen Fasern der Kunden aus den Straßenverzweigern in Spleißkassetten aufgelegt und mit den Buchsen in der Mitte unten verbunden. Von dort wird dann auf den Switch gepatcht. Bei Kunden nur mit Internet wird das Kabel blau, Kunden mit TV-Signal werden zuerst auf einen Zuspeiser gesteckt (Mitte oben gelbe Kabel, Einspeisesignal selbst ist ganz links das einzelne.) und dann nach dem Zuspeisen des extra „Farbspekturms“ zum Kunden gepatcht. Unten Links ist noch ein Normaler Switch für Monitoring zu erkennen. Da drüber die typischen Netzteile und USV. Die eigentliche Anbindung zum nächsten Kasten in Richtung Internet ist mit über 100 Paaren und aktuell 10 GBit versorgt (nur SFP+ Slots) und kann durch das Leerrohr oder Hardwarewechsel noch um einiges erweitert werden.

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Unten     —       Camionnettes CityPlay Amiens

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