Nicht ohne Sarah
Erstellt von DL-Redaktion am Sonntag 23. September 2018
Die Syrerin Sarah Mardini wurde berühmt,
Aus Lesbos Franziska Grillmeier
……als sie auf ihrer eigenen Flucht schwimmend ein havariertes Schlauchboot zog. Nun wurde sie in Lesbos als Flüchtlings-helferin verhaftet. Der Vorwurf: Menschenschmuggel. Ihre Freundin Claudia Drost kämpft für ihre Freilassung.
Es ist sechs Uhr morgens, am Flughafen in Lesbos hält Sarah Mardini ihr Ticket schon in der Hand. Gleich soll ihr Flug nach Berlin gehen. Nach neun Monaten als ehrenamtliche Flüchtlingshelferin auf Lesbos will sie ihr Studium dort wieder aufnehmen, sie will in ihr Leben in Deutschland zurückkehren. Doch Mardini verpasst ihren Flug.
Drei Polizisten in Zivil treten auf sie zu, fordern sie auf, mitzukommen. Mardini drückt ihrer Freundin, die sie zum Flughafen gebracht hat, die Transportbox mit ihrer Straßenkatze Rosa in die Hand. Eigentlich wollte sie die Katze, frisch geimpft, mit nach Deutschland nehmen. „Dreimal am Tag füttern“, sagt sie nun, als wäre es das Einzige, was gerade ihre Gedanken ordnen kann. Dann wird sie von den Polizisten abgeführt. In einem Auto mit verdunkelten Scheiben wird sie zur örtlichen Polizeistation gebracht. Der Vorwurf: Menschenschmuggel.
Claudia Drost bleibt an diesem Morgen allein am Flughafen zurück. Mit Mardinis Gepäck, der Katze und deren Impfpass. Sie spürt noch den Schatten der letzten Nacht um die Augen – Mardinis Abschiedsparty dauerte lang. Nun ruft Drost gemeinsame Freunde an, um ihnen zu erzählen, was passiert ist. „Die Polizisten sagten, Sarah könne am nächsten Morgen auf Kosten der griechischen Regierung weiterfliegen, falls alles in Ordnung sei“, erzählt sie später.
Doch Mardini kommt an diesem 21. August nicht frei und auch nicht in den folgenden Tagen. Ihre Verhaftung sorgt für internationale Schlagzeilen. Mardini, 23 Jahre alt, wurde mit ihrer eigenen Fluchtgeschichte 2015 berühmt. Ihre Schwester Yusra und sie waren beide professionelle Schwimmerinnen und trainierten vor ihrer Flucht mit dem syrischen Nationalteam. Als bei der Überfahrt zwischen der türkischen Küste und Lesbos der Motor des Schlauchboots ausfiel, ließen sich die beiden Schwestern ins Wasser gleiten und zogen das Boot mit 18 Menschen schwimmend hinter sich her, bis sie die Lichter der Insel sahen.
Yusra Mardini– Schwester von Sarah, lebt in Berlin
Als die Schwestern Mardini über die Balkanroute im Herbst 2015 schließlich nach Berlin gelangen, werden sie von den deutschen Medien für ihre Rettungsaktion gefeiert. Yusra Mardini darf als Schwimmerin mit einem Flüchtlingsteam an den Olympischen Spielen 2016 in Rio teilnehmen, und beide Schwestern werden im November 2016 mit einem Bambi als „Stille Helden“ geehrt.
Bereits ein halbes Jahr nach ihrer eigenen Flucht entscheidet sich Sarah Mardini, das erste Mal nach Lesbos zurückzukehren, um denen zu helfen, die noch immer auf der Insel festsitzen. Seitdem verlässt sie ihr neues Leben in Berlin immer wieder für mehrere Monate, um auf Lesbos als Freiwillige mitanzupacken.
Quelle : TAZ >>>>> weiterlesen
——————————————————————————-
Grafikquellen :
Oben — Member of Greek Red Cross helps an Afghan refugee who has just arrived from Turkey with an inflatable boat in the area of airport of Mytilene, Lesvos Island, Greece.
Unten — Yusra Mardini (born 5 March 1998) is a Syrian swimmer currently living in Berlin, Germany.