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Krise der Konservativen

Erstellt von DL-Redaktion am Mittwoch 16. März 2016

Neurechte zu imitieren, hilft nicht

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von Claus Leggewie

Die Neue Rechte ist nicht weniger als die Rückkehr einer faschistischen Potenz. Der gemäßigte Konservatismus braucht eine wählbare Alternative.

Am Wahlsonntag, an dem es doch eigentlich nur um die Politik dreier Bundesländer geht, könnten die Weichen des Konservatismus in Deutschland neu gestellt werden. Das kündigte sich schon länger an: Seit nämlich Pegida als außerparlamentarischer Arm und AfD als Parlamentspartei den Anspruch erheben, eine volkstümliche Machtalternative zu bilden, die der Kanzlerin und ihrem Kurs rhetorischen und aktionistischen Widerstand entgegensetzt.

„Die Grünen hatten Fukushima, wir haben die Flüchtlinge“, kommentierte ein schlichtes AfD-Gemüt den unerwarteten Erfolg seiner Partei bei den hessischen Kommunalwahlen, und leider stimmt das auch. Was am Horizont steht und sich zynisch am Elend der Welt und an der Erosion der Europäischen Union mästet, ist mächtiger und nachhaltiger als eine Minipartei namens NPD.

Diese Verwerfungen werden deutlich, blickt man zurück auf eine der erfolgreichsten Neugründungen der Parteiengeschichte – die Christlich-Demokratische Union. Sie brachte die Alt-Konservativen nicht nur von der Verweigerung der liberalen Demokratie und der Verachtung für westliche Lebensstile ab, also von der Konservativen Revolution, die ein paar intellektuelle Außenseiter der Rechten wie Armin Mohler auch nach 1945 noch anempfehlen wollten.

Angetreten als ein Konglomerat aus sozialkatholischen, wirtschaftsliberalen und deutschnationalen Kräften, hat die Union auch die soziokulturelle Modernisierung der Republik nachvollzogen und die Wiedervereinigung gemanagt. Sie würde – käme es noch zu Schwarz-Grün – sogar den von Angela Merkel nur noch rhetorisch bekämpften Multikulturalismus bestätigen.

Ein Blick in die Geschichte

Genau dagegen richtet sich in den meisten westlichen Demokratien der Aufstand der Neu-Konservativen, die in der CDU, bei den Tories wie in diversen Formationen der Chirac/Sarkozy-Konservativen nicht mehr glücklich sind – und es nie waren. Ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt, dass die Sollbruchstelle schon viel früher markiert war: Als in Frankreich 1965 ein auch dort völlig vergessener Präsidentschaftskandidat namens Jean-Louis Tixier Vignancourt und sein Leutnant Jean-Marie Le Pen 5 Prozent extreme Rechte gegen de Gaulle und Mitterrand schafften. Und auch, als die NPD 1969 nur ganz knapp den Einzug in den Deutschen Bundestag verfehlte. Diese Ressentiments warteten auf eine günstige Gelegenheit, wieder als die dominante Gefühlslage der „schweigenden Mehrheit“ aufzutauchen.

Angesichts der multiplen Krisen der globalisierten Welt kamen dann der Aufstieg der Drei-Generationen-Familie Le Pen, das für gemäßigte Bewerber verminte Kandidatenfeld der Republikaner, Ukip in England und die AfD in Deutschland. Diese Renaissance zeigt, dass die Rachsucht nicht vergangen ist und sich die im Kern außerparlamentarischen Bewegungen wie Pegida oder Tea Party auch neue mediale Formen gesucht haben. Gewachsen sind sie wesentlich in den Echoräumen der sozialen Netzwerke. Dass sich weiße Mehrheiten als Opfer einer multikulturellen Überfremdung und der ökonomischen Globalisierung abgehängt fühlen, ist nicht neu. Bedrohlich ist, dass sie nicht im herkömmlichen Modus einer Opposition agieren, um die Regierung abzulösen – sie treten an im Modus des radikalen Widerstands gegen die politische Klasse und die in liberalen Demokratien üblichen Aushandlungs- und Kompromissprozeduren.

Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen

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2 Kommentare zu “Krise der Konservativen”

  1. Thomas A. Bolle sagt:

    Das Schlimmste was nun passiert. Die öffentlichen gegenseitigen Schuldzuweisungen a la „Seehofer, Söder, Ramsauer, Gabriel, Wagenknecht.
    Mit dem vermeintlichen – seht doch, ich habe recht gehabt – gelingt keine Lösung.
    Damit errodiert die Demokratie von innen heraus.
    Ebenso falsch ist es jetzt den Argumenten der AFD hinterher zu laufen. Denn das würde ja im Umkehrschluss bedeuten das die Recht haben.
    Noch befinden sich die Hasser, Neider, Nörgler in der Minderheit. Jetzt heißt es für alle Demokraten entzieht ihnen den Nährboden.
    Was mich aber noch mehr entsetzt ist ein gewisser D.Trump. Sollte der wirklich der nächste Präsident werden wird die halbe Welt nach rechts rutschen.
    Ich werde mir schon mal ein paar Vorräte anlegen.

  2. Nachdenker sagt:

    Gute Einschätzung…

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