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Neues zu den EU Wahlen

Erstellt von Redaktion am Sonntag 5. Mai 2019

Sind die EU-Wahlen für ‚Linke‘ wichtig?

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Eine Bahn – die nicht mehr kommt, der Zug – der nicht mehr rollt und die PolitikerInnen welche allzu dilettantisch nach den großen Reichtum baggern und ihre Wähler im Regen auf den Bahnhof stehen lassen ! Nicht nur das alles  steht nicht für Europa, sondern gegen Wahlen welche nur schlechte  MachthaberInnen produzieren.

Quelle       :    Scharf – Links

Von systemcrash

Bei der EU spalten sich die ‚linken‘ Geister. Die einen halten halten jede Kritik an der EU für per se reaktionär, die anderen finden die Aussicht, bei Nationalisten andocken zu können, nur allzu verlockend. Beide Positonen stellen natürlich abzulehnende Einseitigkeiten dar, aber die Frage ist, worin besteht die realistische ‚Mittelposition‘?

Am 1. Mai habe ich ein Flugblatt der IKL [Internationale Kommunistische Liga – Sparts] zu den Europa-Wahlen (datiert vom 29. April 2019) in die Hand gedrückt bekommen. An sich messe ich dieser Organisation keine besondere Bedeutung zu (der vermutlich schon der Sensemann vor augen steht, aufgrund vieler Verwerfungen[1]). Aber diese Erklärung ist in mehrfacher Hinsicht interessant und es lohnt sich, ein wenig analytischen Aufwand zu betreiben. Meine Gliederung orientiert an der Reihenfolge der IKL-Erklärung und bedeutet nicht zwingend auch eine inhaltliche Gewichtung der verschiedenen Probleme.

1.) Zunächst fällt schon in der Überschrift auf, dass die ‚traditionelle‘ Parole ‚Für die vereinigten sozialistischen Staaten von Europa‘ mit einem Zusatz versehen wurde: ‚freiwillig vereinigt‘. Ich kann mich nicht erinnern, dass das in früheren Texten so verwendet wurde. Offensichtlich muss man das als eine Konzession an den anti-EU-Nationalismus betrachten. Und man darf auch nicht vergessen, dass die IKL in Britannien den ‚Brexit‘ unterstützt, was auch in dem flugblatt explizit erwähnt wird.

2.) Dann wird erklärt, dass die EU eine imperialistische Institution ist und es daher prinzipienlos wäre, sich an dieser Institution in irgendeiner Form zu beteiligen (einschliesslich Wahlbeteiligung)[2]. Einen Satz aus der Erklärung dafür finde ich zentral:

„Die Verträge, welche die Regeln der EU festlegen, widerspiegeln das Kräfteverhältnis zwischen den Imperialisten untereinander sowie zwischen den Imperialisten und den unterdrückten abhängigen Ländern.“

Dies ist unzweifelhaft richtig. Aber gilt das nicht für jedes Parlament in irgendeinem beliebigen bürgerlichen Staat, dass es das vorherrschende Kräfteverhältnis widerspiegelt? Oder will uns die IKL sagen, dass ‚demokratische Wahlen‘ zu irgendeinem x-beliebigen (bürgerlichen) Parlament zumindest die Möglichkeit des Aufzeigens einer ‚Systemalternative‘ beinhalten, nur für das EU-‚Parlament‘ würde das nicht gelten? Und als ‚Begründung‘ dafür anzuführen, dass die EU per se ‚imperialistisch‘ sei, scheint mir nicht sehr überzeugend zu sein; eher wirkt es wie eine ‚Zirkelargumentation‘, deren Bestätigung schon in ihrer eigenen Voraussetzung liegt.

In einem Nebenstrang wird noch die Theorie des ‚Ultra-imperialismus‘ von Karl Kautsky kritisiert. Ein bürgerliches Gesamteuropa wäre eine Illusion, da der Kapitalismus auf dem ‚Nationalstaat‘ basieren würde.

Ich bin mir (ziemlich) sicher, dass es mehr Gründe gibt, diese Theorie des ‚Ultra-imperialismus‘ abzulehnen als sie anzunehmen. Aber ein historischer Determinismus scheint mir das nicht zu sein. Heutzutage vlt. sogar noch weniger als zu Zeiten von weiland Kautsky.

3.) Die bereits oben angedeutete Konzession an den anti-EU-Nationalismus zeigt sich auch im folgenden:

„Die EU ist ein Bündnis ungleicher Staaten, und die vorherrschenden imperialistischen Unterdrückerstaaten beherrschen die ärmeren unterdrückten Länder. Zusammengehalten wird die EU durch ökonomische Gewalt und Erpressung , die die mächtigen Imperialisten ausüben. Ein Beispiel ist die Zwangseinführung des Euro, der den Lebensstandard der arbeitenden Bevölkerung zerstörte und dem deutschen Kapitalismus nützte. Kontrolle über die Währung ist ein zentraler Bestandteil nationaler Souveränität. Normalerweise kann ein verschuldetes Land sich durch eine Abwertung der Währung etwas Erleichterung verschaffen und ökonomische Konkurrenzfähigkeit zurückgewinnen. Aber innerhalb der Eurozone ist das nicht möglich.“

Mal davon abgesehen, dass ‚ökonomische Gewalt und Erpressung‘ auch ganz ’normale‘ bürgerliche Nationalstaaten zusammenhalten, aber ist die Vorstellung von Währungskontrolle als Bestandteil nationaler Souveränität im Zeitalter globaler Wertschöpfungsketten nicht etwas anachronistisch?

Ich denke, dass die IKL hier einfach vor dem anti-EU-Nationalismus einknickt und da gerne politisch mitschwimmen möchte.

4.) Die Antwort auf all diese Probleme, die der IKL vorschwebt wird am Beispiel ihrer griechischen GenossInnen nach dem OXI erläuert:

„Unsere Genossen … riefen daraufhin zur Bildung von Arbeiter-Aktionskomitees auf, die diesen Ausverkauf sowie die EU und den Euro ablehnen würden. Die TOE [griechische Sparts] erklärte, diese Komitees würden für solche Forderungen kämpfen wie Streichung der Schulden, Arbeiterverteidigungsgruppen gegen die Faschisten, Enteignung der Banken, Versorgungsbetriebe und Häfen, Arbeitsplätze für alle durch Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich. Diese Forderungen waren verknüpft mit der Notwendigkeit eines Kampfes für ‚eine Regierung, die im Interesse der Werktätigen handelt und diesen gegenüber verantwortlich ist‘.“

Unabhängig davon, dass es beim OXI gar nicht um die EU und den Euro ging (sondern ’nur‘ um die ‚Sparpläne‘), wird hier von der IKL nicht weniger ‚vorgeschlagen‘ als die … ’sozialistische Revolution‘!

Trotzki zitiert irgendwo in den Schriften über Deutschland das schöne deutsche Sprichwort ’schön ist ein Zylinderhut, wenn man ihn besitzen tut‘.

‚Wir‘ ‚besitzen‘ aber keinen Zylinderhut namens ’sozialistische Revolution‘. Das einzige, was wir tun können, ist es, Brücken und Wege aufzuzeigen, die den sozialen Kämpfen eine Perspektive in diese Richtung weisen können (und dazu gehören auch Kämpfe für [reformerische] Verbesserungen). Aber Bewusstsein lässt sich nicht substituieren; auch nicht durch die ‚gestählteste Avantgarde-Partei‘. Bewusstsein muss sich entwickeln und dies geschieht hauptsächlich durch Erfahrung, wie Lenin richtig in der IKL-Erklärung zitiert wird.

Wie sich das Bewusstsein heben lässt, über diese Frage sollten die GenossInnen noch mal gründlich nachdenken. Und das gilt beileibe nicht nur für die IKL.[3]

[1] Vergleich: http://www.scharf-links.de/266.0.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=69245&tx_ttnews%5BbackPid%5D=56&cHash=5301518919

[2] Dass die IKL den ‚Brexit‘ unterstützt steht dazu nicht im Widerspruch, da das eine nationalstaatlich organisiert ist, das andere ’supranational‘. Und im ‚Supranationalen‘ befindet sich offensichtlich das ‚imperialistische‘ Wesen. Vlt. sollte die IKL in Zukunft sagen, der Hauptfeind steht in Brüssel und nicht der Hauptfeind steht im eigenen Land?!

[3] Eine grosse Gefahr stellt die Entwicklung des ‚Rechtspopulismus‘ dar. Diese wird zwar durch die EU-Wahlen kaum geringer, aber ein ‚Wahlboykott‘ würde ja an den Ausgangsbedingen nichts ändern; wenn sie sogar nicht noch verschlechtert würden (ab einem gewissen Grad der Unterstützung für einen Boykott. Danach sieht es aber im Moment wirklich nicht aus). https://www.faz.net/aktuell/politik/europawahl/wie-viktor-orban-mit-matteo-salvini-die-evp-aergert-16167748.html

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Grafikquelle       :

DB 425 776 der fünften Bauserie bei der S-Bahn Hannover, im Bahnhof Nienburg (Weser)

Quelle Selbst fotografiert
Urheber Clic

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