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Nahaufnahmen von Defender

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 27. Februar 2020

Von Glühbirnen und Kriegsspielen

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Aus Garlstedt und Bremen Sophie Lahusen

37.000 Soldaten, 22.000 Stück Material müssen bei der Nato-Übung „Defender“ bewegt werden. Eine große Aufgabe für General Denk in Garlstedt. Eine Herausforderung auch für friedensbewegte Kritiker.

ie Autobahn ist weit weg, von einem fahrenden Trecker weht Stroh auf den Weg, und Kühe liegen auf einer Weide. Friedlich ist das Land­leben, und doch geschieht hier, in der niedersächsischen Provinz, Weltpolitik. Zweimal schon war Garlstedt mit seinen gut 400 Einwohnern in den Schlagzeilen: 1980, als die Nato mit ihrer Alarmrotte in den Himmel stieg, um ein vermeintliches Ufo zu identifizieren, und 1996, als der Hamburger Erbe Jan Philipp Reemtsma während seiner Entführung einen Monat in dem Dorf verbringen musste, eingesperrt in einem Keller. Jetzt passiert wieder etwas: US Defender Europe 2020.

Neben den freistehenden Backsteinhäusern gibt es in Garlstedt zurzeit eine militärische Zeltstadt zu bestaunen. Gastgeber ist hier Brigadegeneral André Erich Denk, Kommandeur der Logistikschule der Bundeswehr in Garlstedt. Seine Stiefel sind fest geschnürt und beim Reden gestikuliert er mit seinen tarnfarbenen Handschuhen. Er wäre nur schwer zu erkennen in seinem Anzug in grün-braunem Fleckmuster, hätte er kein rotes Barett auf dem Kopf. Denn Denk steht vor einer extra errichteten Skulptur in Form eines Siegestores, die in Tarnnetze gehüllt ist. Darauf zu lesen: „Welcome US Troups to Garlstedt“. Seit letzter Woche kommen sie: „Die echten Amerikaner zum Anfassen und zum Komisch- Sprechen“, wie Kommandeur Denk sie nennt. Rund 2.000 werden hier in den nächsten Wochen auf ihrem Weg nach Osten übernachten. „Aufregung pur!“, heißt es in den Lokalmedien.

Auch 30 Kilometer weiter, in der Fußgängerzone Bremens, wird aufgerüstet, auch wenn die Beteiligten das nie so nennen würden. Eine kleine Gruppe von Personen mit schütterem Haar verschanzt sich hinter ihren großen Plakaten mit gut lesbaren Buchstaben und vielen Ausrufezeichen. Es ist kalt an diesem Abend und auch bei der Demonstration in Bremerhaven am vergangenen Samstag. Immer dabei die gehisste blaue Flagge mit Picassos weißem Vogel. Ekkehard Lentz ist Sprecher der Bremer Friedensbewegung, er ist es seit fast 40 Jahren. Menschen wie Lentz stehen entschlossen hier und drücken PassantInnen Flugblätter mit kleinen und großen Tauben in die Hand. Darauf zu lesen: Stopp Defender 2020.

Bald schon will Lentz selbst in Garlstedt mitmischen, Demos und Straßensperren sind geplant. Er will im Auftrag des Friedens kommen, dorthin, wo man nach seiner Ansicht Russland provoziert und die Geschichte vergisst.

In der Zwischenzeit ist in Garlstedt vom dritten Weltkrieg noch nicht viel zu spüren. An einem sonnigen Tag haben bei dem Pressetermin alle gute Laune, und es gibt Schnittchen: mit Mett, Salami, Kochschinken, Mortadella und, etwas blass daneben, Käse. Kein Schießen, keine Panzer und kein Brüllen. Denn jetzt stehen hier bei zehn Grad Celsius viele der BesucherInnen in schneefester Kleidung. Sie hatten sich auf mehr vorbereitet, denn in der Einladung hatte es geheißen: „Festes Schuhwerk wird empfohlen“.

File:Aisne-Marne American Cemetery and Memorial.jpg

Reserve hat Ruh.

Der Termin ist gut organisiert. Trotzdem wirkt der Kommandeur Denk ein wenig nervös. Etwas zu schnell eilt er mit seinen langen Beinen zwischen den Zelten auf der großen Wiese voraus. „Wir nennen sie offiziell ‚Life Support Area‘“, sagt er. Immer wieder sucht der Kommandeur nickende Zustimmung, wenn er stolz die Faltstraße, die Stromgeneratoren und die WLAN-Schilder an den Zelten präsentiert. Drinnen gäbe es „für jeden Soldaten eine eigene Steckdose“, sagt André Erich Denk, für die iPhones und iPads der Soldaten. Ganz vergessen hätte er beinahe den Kiosk. Hier wird es ­Burger geben, die sogar mit US-Dollar und Kreditkarte bezahlt werden können. Während dieser Ansage schwindet die Aufmerksamkeit der Anwesenden. Im Hintergrund passiert etwas: „Da ist die Frau!“

Die Frau fährt Traktor. Er ist groß und gelb und tuckert zwischen der Zuschauergruppe vorbei. Alle Kameras versuchen die Frau einzufangen, die in ihrem Traktor sehr ernst schaut. „Sie können sie ruhig in Ihren Beiträgen promoten, weil bei der Bundeswehr gibt es auch Frauen, das ist uns wichtig“, sagt Pressesprecher Oberstleutnant Schwarm.

Quelle          :        TAZ         >>>>>         weiterlesen

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Grafikquellen      :

Oben      —        Mehrzweckfahrzeug „Husar“ von Iveco

Urheber CHRISTIAN KICKENWEIZ

Diese Datei ist lizenziert unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international“.

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Unten      ––            The World War I Aisne-Marne American Cemetery and Memorial near Château-Thierry, France From the American Battle Monuments Commission (ABMC) web site per their copyright info.

Source https://web.archive.org/web/20050405022608/http://www.abmc.gov/images/am1w.jpg
Author US gov

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