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Motzki oder mehrheitsfähig

Erstellt von Redaktion am Freitag 26. Februar 2021

Linkspartei wählt neue Führung

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Von Anna Lehmann und Pascal Beucker

Beim Parteitag der Linken geht es nicht nur darum, wer die Partei künftig führt – sondern auch, in welche Richtung. Möchte sie künftig mitregieren?

Auf diesem Linken-Parteitag wird vieles anders sein. Zum ersten Mal trifft sich die Linke ausschließlich im Netz. Keine Antragsberatungen mit Hunderten Dis­ku­tan­t:in­nen in einem fensterlosen Messesaal, kein Tanzabend zu mitternächtlicher Stunde. Stattdessen sitzen die 600 Delegierten von Freitagmittag bis Samstagabend in ihren Wohnzimmern vor Computern, zusammengeschaltet durch eine Tagungsleitung, die in der Leitstelle, einer umgebauten Bahnhofshalle in Berlin-Kreuzberg, versuchen wird, den strikten Zeitplan einzuhalten und die Wahl einer neuen Parteiführung zu managen.

Die Linke erhofft sich von diesem Bundesparteitag nichts weniger als einen Aufbruch, den sie angesichts von Umfragewerten zwischen 6 und 8 Prozent auch bitter nötig hat. Ob ihr das gelingt, wird nicht nur davon abhängen, mit welcher Zustimmung die beiden designierten Parteivorsitzenden Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow ins Amt gelangen, sondern auch, wie der 44-köpfige Parteivorstand um sie herum zusammengesetzt sein wird.

Werden die beiden eingemauert sein von Fun­da­men­ta­list:in­nen, die Hartz IV erst dann abschaffen wollen, wenn Deutschland zuvor aus der Nato austritt? Oder werden genügend Leute vertreten sein, die bereit sind, Anliegen zu priorisieren, Kompromisse zu finden und Koalitionen zu knüpfen, die die Linke politikfähig machen. Auch davon wird es abhängen, ob eine Regierungskoalition von Grünen, Linken und SPD, welche derzeit rechnerisch in weiter Ferne ist, im September überhaupt eine Chance hat oder zumindest nicht an der Linken scheitert.

MK61757 Janine Wissler (Hessischer Landtag 2019).jpg

Ungewöhnlich ist, wie viele junge Leute es in den Vorstand drängt, dessen monatliche Sitzungen vor der Coronapandemie so schlecht besucht waren, dass er kaum beschlussfähig war. Viele von ihnen sehen weniger die Auslandseinsätze der Bundeswehr als zentrale Aufgabe für die Linke, als die Klimakrise und die fehlende soziale Gerechtigkeit.

Generationenwechsel im Vorstand

Dass so viele junge Menschen, davon einige aus dem Lager der pragmatischen Linken, antreten, stimme ihn hoffnungsfroh, sagt ein führender Genosse aus dem Realolager. „Es könnte nicht nur an der Parteispitze, sondern auch im Vorstand einen Bruch geben.“

Und auch das ist anders: Zum ersten Mal nach dem Showdown in Göttingen vor fast neun Jahren, der Katja Kipping und Bernd Riexinger an die Spitze der Partei spülte, könnte ein Wechsel recht geschmeidig klappen. Hennig-Wellsow und Wissler haben zwei Gegenkandidat:innen, deren Chancen aber marginal sind.

Doch hinter den Kulissen rumpelt es. Dass die beiden Frauen gemeinsam und recht konkurrenzlos antreten, ist Resultat einer lange eingefädelten Übergabe. In Kippings Berliner Privatwohnung trafen sich seit dem Spätherbst 2019 potenzielle Nach­fol­ge­r:in­nen zu klandestinen Treffen. Der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch bemühte sich vergeblich, einen Gegenkandidaten von Format aus dem Lager der sogenannten Reformer, wie sich die ostdeutschen Realos nennen, gegen Kippings Wunschnachfolgerin Hennig-Wellsow ins Rennen zu schicken. Als der parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion, Jan Korte, als einziger Anwärter mit reellen Chancen im Sommer 2020 absagte, drehte Bartsch schließlich bei.

Keine Kampfkandidatur um Geschäftsführerposten

Auch den Versuch, sich über den Posten des Bundesgeschäftsführers zentralen Einfluss auf die Parteizentrale zu sichern, brach das Reformerlager kurz vor dem Parteitag wieder ab. Gegen den von Hennig-Wellsow und Wissler unterstützten Amtsinhaber Jörg Schindler hatte zunächst der enge Bartsch-Vertraute Thomas Westphal, Leiter des Vorstandsbüros der Linksfraktion, kandidiert. Hennig-Wellsow und Wissler reagierten wenig amüsiert.

Eindringlich redeten sie Bartsch und seiner Co-Vorsitzenden Amira Mohamed Ali in den vergangenen Tagen ins Gewissen, dass solche Machtspielereien derzeit nicht angezeigt seien.

Mit Erfolg: Am Mittwochnachmittag zog Westphal seine Kandidatur gegen Schindler zurück. „Auf Initiative der designierten Parteivorsitzenden und der Fraktionsvorsitzenden hat es eine gute Verständigung zwischen uns gegeben“, begründete Westphal gegenüber der taz diplomatisch seinen Verzicht. Er habe bei allen Beteiligten einen „ernsthaften Willen gesehen, jetzt ein neues Kapitel in der Zusammenarbeit und des Erfolges aufzuschlagen“. Jetzt sei es „an der Zeit, unsere Geschlossenheit zu zeigen“.

Umkämpft bleibt jedoch die zweite Reihe. Für die sechs Stellvertreterposten gibt es aktuell zehn Kandidaturen. Besonders das Duell zwischen dem Verteidigungsexperten Matthias Höhn und dem Friedenspolitiker Tobias Pflüger dürfte spannend werden.

Erbitterter Streit um einzelne Themen

Quelle      :       TAZ        >>>>>       weiterlesen

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Grafikquellen     :

Oben        —     Election night Thuringia 2019: Susanne Hennig (Die Linke)

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Unten     —     Jörg Schindler, 2018

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