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Erstellt von Redaktion am Sonntag 11. Juni 2017

Baden-Württembergs SteuerzahlInnen sollen Herbert Landau, Bundesverfassungsrichter a.D., den Ruhestand versilbern.

Von Johanna Henkel-Waidhofer

Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) hat den 69-jährigen mit der überteuerten Leitung einer Kommission zur Neuregelung der Abgeordnetenpensionen beauftragt. Seine schillernde Vergangenheit hat niemand bemerkt.

Herbert Landau ist Experte für Transparenz. Denn er hat sich, wie unter Kennern des Bundesverfassungsgerichts erzählt wird, vor zehn Jahren monatelang mit der Verhinderung derselben befasst. Rot-Grün beschloss kurz vor der Bundestagswahl 2005 ein Gesetz, wonach Abgeordnete ihre Nebeneinkünfte vorlegen und ihr Mandat in den Mittelpunkt aller Tätigkeiten rücken mussten. Friedrich Merz, damals Fraktionschef der Union, besaß nicht weniger als elf Jobs, klagte zusammen mit mehreren Kollegen in Karlsruhe und unterlag denkbar knapp in einer Vier-zu-Vier-Entscheidung. Der Vorsitzende Richter im Zweiten Senat, Winfried Hassemer, brachte trotz intensiver Gespräche keine Mehrheit gegen die Offenlegung zu Stande. Mit ihm stimmte allerdings Landau gegen die Transparenz, warnte vor einer „publizistische Prangerwirkung“ und sprach von einem „Neidkomplex“ in der Bevölkerung, der faktisch „als Schranke für Berufstätige“ wirken könne, ein Mandat zu übernehmen.

Beste Voraussetzungen also für das neue Amt in Stuttgart, das er im September antreten soll. Der Zeitplan hat nicht nur damit zu tun, dass die Verursacher des peinlichen Pensionsdesasters – die Fraktionen von Grünen, CDU und SPD – die Bundestagswahl vorüberziehen lassen wollen. Zu peinlich war im Februar die Rückkehr der Abgeordneten ins lukrativere staatliche System eingefädelt und im Schnellverfahren durch den Landtag gepeitscht worden. Nach immenser öffentlicher Aufregung trat der Landtag auf die Bremse. Jetzt soll eine externe Expertenkommission Vorschläge zur Altersversorgung der Abgeordneten machen. Herbert Landau ist deren künftiger Vorsitzender.

Und der hätte vor September auch gar keine Zeit. Der Siegener mit der ungewöhnlichen Karriere vom Bäckersohn, über ein Studium der Sozialwissenschaften zum Juristen, Staatssekretär und anerkannten Bundesverfassungsrichter ist inzwischen so etwas wie ein fahrender Kommissionsvorsitzender. Kein Vierteljahr nach seiner Verabschiedung in den sogenannten Ruhestand im vergangenen Sommer übernahm er die Leitung eines Gremiums, das die sächsische Staatsregierung eingesetzt hat, um die Hintergründe und Fehler bei der Fahndung nach dem Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr aufzuarbeiten, der sich in der Haft in Leipzig das Leben genommen hatte.

Seit Ende März beschäftigt auch der Thüringer Landtag den früheren Strafrechtler. Und zwar mit der Aufklärung einer technokratischeren, aber gleichwohl delikaten Frage. Hintergrund ist die Tatsache, dass die CDU zwar in der Opposition sitzt, aber als größte Fraktion den Landtagspräsidenten und damit auch die Landtagsdirektorin stellen darf. Letztere habe Kompetenzen überzogen, sagen die Regierungsfraktionen, Zensurvorwürfe stehen im Raum. Eine externe Kommission soll nun unter der Leitung von Landau die Abgrenzung der Stellung der Verwaltung zu Mehrheit und Minderheit durchleuchten. Auch in diesem Fall wurde dem ehemaligen Verfassungsrichter und seinem Team eine eigene Geschäftsstelle eingerichtet. Die allerdings lässt die Möglichkeit, Anfragen von Kontext zu Ausstattung und finanziellem Aufwand zu beantworten, ungenutzt verstreichen.

Quelle  :  Kontext: Wochenzeitung >>>>> weiterlesen

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Grafikquelle  :  Herbert Landau

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