Der rote Faden
Erstellt von DL-Redaktion am Sonntag 14. Juni 2015
Die Militanz der Zufriedenen
von Daniel Schulz
Unter Militanten werden in Deutschland meist Menschen in schwarzen Kapuzenpullovern verstanden, die sich irgendetwas über ihr Gesicht gezogen haben. Beim G-7-Gipfel gab es ein paar von denen, nicht genug allerdings, um wirklich aufzufallen. Völlig unbemerkt von einer breiten Öffentlichkeit macht sich unterdessen eine neue Art der Militanz breit: die der Zufriedenen.
Zum Beispiel im Bundestag. Irgendwer hat dessen Computer gehackt, die USA, Russland, China, keiner weiß es, oder wenn es jemand weiß, dann sagt es niemand öffentlich. 20.000 Geräte soll das betreffen, keine Ahnung, wo die alle stehen, bei etwa 8.000 Mitarbeitern, aber gut. Am Donnerstag forderte das Bundesamt für Informationssicherheit, das gesamte System müsse neu aufgebaut werden. Rechner und Server löschen, neue Software drauf. Die Administratoren des Bundestages haben keine Kontrolle mehr. Menschen, die sich mit so etwas auskennen, empfehlen, das Ganze abzuschalten.
Könnte schon mal ein Fitzelchen Aufregung aufkommen, oder? Nö. Weitermachen wie bisher, empfiehlt Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und schreibt in einer Mail, die Kolleginnen und Kollegen sollten da jetzt mal ganz ruhig bleiben, man arbeite „mit Hochdruck an einer Lösung“, „Gegenmaßnahmen“ seien ergriffen, Datenabflüsse „bisher nicht nachweisbar“.
Das ist die Fortsetzung der deutschen Scheißegal-Haltung zum Abhören der Geheimdienste mit parlamentarischen Mitteln. Eine Mehrheit der Bevölkerung findet den US-Amerikaner zwar arrogant und machthungrig, aber solange seine Agenten die Bärtigen des Islamischen Staats fernhalten, reißt man die Klappe lieber nicht allzu weit auf.
Quelle: TAZ >>>>> weiterlesen
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