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RENTENANGST

Militärputsch in Myanmar

Erstellt von Redaktion am Donnerstag 4. Februar 2021

Im Namen der Stabilität

Abgesetzte Staatsrätin Aung San Suu Kyi (links) und General Min Aung Hlaing (rechts)

Von Judith Beyer

Mit Trommelschlägen protestieren die Leute in Myanmar gegen das Militär. Oppositionelle senden per Hashtag Hilferufe ans Ausland.

Am 1. Februar nahm die Stabsstelle des obersten Militärkommandeurs in Myanmar Stellung zum in der Nacht ausgerufenen einjährigen Notstand. In der Mitteilung heißt es unter anderem, man werde „den ewigen Frieden im ganzen Land wiederherstellen“. Wenn dieses Ziel erreicht sei, werde man „freie und faire Wahlen“ abhalten und im Einklang mit demokratischen Prinzipien der siegreichen Partei die Staatsmacht übergeben. General Min Aung Hlaing hat seither die Befehlsgewalt inne.

Man habe im Einklang mit Artikel 417 der Verfassung gehandelt, demnach kann jedoch nur der Präsident des Landes den Notstand ausrufen – dieser wurde jedoch gemeinsam mit der Staatsrätin und Parteivorsitzenden der National League for Democracy (NLD), Aung San Suu Kyi, noch in der Nacht verhaftet. Währenddessen war das Internet zeitweise landesweit ausgeschaltet und auch Telefonverbindungen funktionierten nicht mehr. Der internationale Flugverkehr wurde eingestellt.

Gemeinsam mit dem Präsidenten und der Staatsrätin wurden weitere Hunderte BürgerInnen verhaftet, die in der Nacht aus ihren Häusern geholt wurden. Festgesetzten Staatsbediensteten sagte man unter der Bedingung eine Freilassung zu, dass sie an ihre Arbeitsplätze zurückkehrten und ab jetzt unter dem Militär arbeiteten.

Die Reaktionen der Menschen im Land, die nach außen dringen, zeugen von Enttäuschung und Trauer bis hin zu Wut und Sarkasmus – die promilitärischen Demonstrationen und Autokorsos, die es auch gibt, scheinen stark inszeniert. Viel zu verhalten reagieren die Asean-Partner Myanmars: Die meisten Mitgliedstaaten des Bündnisses zogen es vor, die Situation in Myanmar als „interne Angelegenheit“ zu betrachten.

Inszenierte promilitärische Demonstrationen

China, dessen Staatspräsident erst im Januar in der Hauptstadt Naypyidaw war, um zahlreiche bilaterale Verträge abzuschließen, verkündete, man habe „bemerkt“, was in Myanmar geschieht, und appelliere an die Einhaltung „politischer und sozialer Stabilität.“ Stabilität ist jedoch eine Vokabel, die nicht unbedingt mit der Achtung demokratischer Prinzipien einhergehen muss. Im Kontext von Myanmar ist sie vor allem durch die Militärregierungen geprägt.

Ein Rückblick auf 2007

Noch bis 2010 waren im ganzen Land rote Propagandatafeln aufgestellt, auf denen man „Das Begehren des Volkes“ in vier Parolen zusammenfasste. „Stellt euch gegen jene, die die Stabilität des Staates und den Fortschritt der Nation gefährden“, hieß es dort. Diese Rhetorik findet sich ebenfalls wieder in Reden der bis zuletzt amtierenden Regierung Aung San Suu Kyis.

Im Dezember 2019 erklärte die Staatschefin vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag, bei dem Myanmar wegen des Genozids an den staatenlosen Rohingya angeklagt worden war, die Aufarbeitung der Verfolgung zur internen Staatsangelegenheit. Für die nationale Stabilität sei es wichtig, betonte sie, jegliche Einmischung von außen zu unterlassen.

Im Namen von Stabilität können in Myanmar somit nicht nur Repressionen und Staatsstreiche, sondern auch ein kürzlich erfolgter Genozid gerechtfertigt werden. Dem Militär ist durchaus zuzutrauen, die momentane Lage eskalieren zu lassen, um unter Berufung auf Stabilität wieder für „Recht und Ordnung“ zu sorgen. Die Möglichkeiten der internationalen Gemeinschaft, hier zu vermitteln, sind begrenzt. Westliche Staaten haben in Myanmar grundsätzlich weniger Einfluss als die asiatischen Nachbarstaaten.

Quelle        :          TAZ          >>>>>       weiterlesen

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